harntrübungen

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Harntriibungen 385 Entfiarbung wird notig. Nach einer Einwirkung von 2 Stunden ist eine Nach: titration nicht notig. Man erhalt bestimmt ein richtiges Resultat. B e n zo n a p h t h o 1. Benzoy1:bNaphthol. C,H,COO . C,,H,. Mol.sGew. 248.1. Benzonaphthol sol1 nach dem D.Ap.V.4 in sechs Teilen heii3em Weinr geist (D.A.B.V 90 Vol.O/,) sich vollstandig klar losen. Das ist eine Ans forderung, die das reinrte Benzonaphthol nicht halt. Mit Miihe gelingt es 1 g Benzonaphthol in etwa 10 ccm, also 8 bis 9 g Weingeist, in der Siedehitze zu liken. Bei geringer Abkiihlung fallt Benzonaphthol aus. Diese Forderung des D.Ap.V.4, die kein anderes Arzneibuch stellt, sollte bei einer New ausgabe fallen gelassen werden. In sechs Teilen Weingeist von 96 Vol.O/o gelingt die Losung. Die folgende Priifung: ,,Schiittelt man 1 g Benzonaphthol mit 100/oiger Natronlauge und filtriert sofort, so darf das Filtrat nach dem Ansauern rnit verdiinnter Schwefelsaure keine Triibung zeigen", ist zu unbestimmt. Es 6011 eine Priifung auf freie Benzoesaure and freies PsNaphthol sein. Beim Schiiateln von Benzonaphthol mit bO@/oiger Natronlauge tritt eine Verseifung ein, die mit der Zeit der Einwirkung fortschreitet. Damit rechnet auch D.Ap.V.4, da gesagt wird, dab das Filtrat nach dem Ansauern rnit vers diinnter Schwefelsaure keine Triibung zeigen darf. Es darf also eine Opalescens auftreten. Wiirde mit keiner Verseifung gerechnet, so miii3te es heil3en: ,,Das Filtrat darf auf Zusatz von verdiinnter Schwefelsiiure nicht veriindert werden." Uber die Menge der Nntronlauge ist nichts gesagt, das ist aber wesentlich. Die Vorschrift des neuen, zehnten, schwe+schen Arzneis buches ist bestimmter: Danach wird 1 g Benznaphthol mit einer Mischung von 4 ccm NormalcNatronlauge und 6 ccm Wasser geschiittelt und sofort filtriert. Das Filtrat wird nach dem Ubersattigen mi$ Normal-Schwefelsaure nicht verandert. Diese Vorschrift ist der des D.Ap,V. 4 vorzuziehen. 4. Ernst Kraft : Harntriibungen. (Mitteilung aus dem Chemisch=Bakteriologischen Laboratorium Dr. Ernst & Dr. Erich Kraft, Bad Kissingen.) Eingegangen am 1. Mai 1926. Wir haben es hier entweder mit einer n o r m a 1 e n oder mit einer p a t h o 1 o g i s c h e n Triibung zu tun. Normaler Harn wird klar und durch: sichtig entleert. Wenn er aber langere Zeit gestanden hat, entsteht eine normale Triibung, d. h. es bildet sich von unten nach oben eine immer grader werclende Wolke, die sogenannte ,,Nubecula", die sich aus Schleim, Leucocyten Arch;v und Ecrichte 1926. 25

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Page 1: Harntrübungen

Harntriibungen 385

Entfiarbung wird notig. Nach einer Einwirkung von 2 Stunden ist eine Nach: titration nicht notig. Man erhalt bestimmt ein richtiges Resultat.

B e n z o n a p h t h o 1.

Benzoy1:bNaphthol. C,H,COO . C,,H,. Mol.sGew. 248.1.

Benzonaphthol sol1 nach dem D.Ap.V.4 in sechs Teilen heii3em Weinr geist (D.A.B.V 90 Vol.O/,) sich vollstandig klar losen. Das ist eine Ans forderung, die das reinrte Benzonaphthol nicht halt. Mit Miihe gelingt es 1 g Benzonaphthol in etwa 10 ccm, also 8 bis 9 g Weingeist, in der Siedehitze zu liken. Bei geringer Abkiihlung fallt Benzonaphthol aus. Diese Forderung des D.Ap.V.4, die kein anderes Arzneibuch stellt, sollte bei einer New ausgabe fallen gelassen werden. In sechs Teilen Weingeist von 96 Vol.O/o gelingt die Losung.

Die folgende Priifung: ,,Schiittelt man 1 g Benzonaphthol mit 100/oiger Natronlauge und filtriert sofort, so darf das Filtrat nach dem Ansauern rnit verdiinnter Schwefelsaure keine Triibung zeigen", ist zu unbestimmt. Es 6011 eine Priifung auf freie Benzoesaure and freies PsNaphthol sein. Beim Schiiateln von Benzonaphthol mit bO@/oiger Natronlauge tritt eine Verseifung ein, die mit der Zeit der Einwirkung fortschreitet. Damit rechnet auch D.Ap.V.4, da gesagt wird, dab das Filtrat nach dem Ansauern rnit vers diinnter Schwefelsaure keine Triibung zeigen darf. Es darf also eine Opalescens auftreten. Wiirde mit keiner Verseifung gerechnet, so miii3te es heil3en: ,,Das Filtrat darf auf Zusatz von verdiinnter Schwefelsiiure nicht veriindert werden." Uber die Menge der Nntronlauge ist nichts gesagt, das ist aber wesentlich. Die Vorschrift des neuen, zehnten, schwe+schen Arzneis buches ist bestimmter: Danach wird 1 g Benznaphthol mit einer Mischung von 4 ccm NormalcNatronlauge und 6 ccm Wasser geschiittelt und sofort filtriert. Das Filtrat wird nach dem Ubersattigen mi$ Normal-Schwefelsaure nicht verandert. Diese Vorschrift ist der des D.Ap,V. 4 vorzuziehen.

4. Ernst Kraft : Harntriibungen.

(Mitteilung aus dem Chemisch=Bakteriologischen Laboratorium Dr. Ernst & Dr. Erich Kraft, Bad Kissingen.)

Eingegangen am 1. Mai 1926.

Wir haben es hier entweder mit einer n o r m a 1 e n oder mit einer p a t h o 1 o g i s c h e n Triibung zu tun. Normaler Harn wird klar und durch: sichtig entleert. Wenn er aber langere Zeit gestanden hat, entsteht eine normale Triibung, d. h. es bildet sich von unten nach oben eine immer grader werclende Wolke, die sogenannte ,,Nubecula", die sich aus Schleim, Leucocyten

Arch;v und Ecrichte 1926. 25

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386 E r n s t K r a f t

und Epithelien der ableitenden Harnwege zusammensetzt. Im weiblichen Harn tritt diese Erscheinung rascher und umfangreicher zutage, ebenso zur hei5en Jahreszeit. Hier kommt noch ein Umstand hinzu: Es bilden sich bald massenhaft Bakterien der verschiedensten Arten. - Wird ein sehr konzcnr trierter Ham entleert (nach korperlichen Anstrengungen, bei Fieber usw.), so entsteht meist ebenfalls sehr bald Triibung, weil die Harnsalze (Urate, Harm saure, Oxalate), die in dem korperwarmen Harn gerade noch in Losung ge: halten wurden, sich sofort ausscheiden, wenn der Harn sich abkiihlt und einige Zeit gestanden hat. Im Spitzglas scheidet sich in solchen Fallen das sogenannte ,,Sedimenturn lateritium” aus, verschieden gefiirbt von Gelb nach Rot hin. Ein solcher Harn wird vom Laien oft ins Laboratorium gebrucht, weil er dem Vorgang grol3ere Bedeutung beimiBt, und erstaunt ist er, wenn man diese Harnprobe ihm nach dem Erwarmen vollig klar iiberreicht. - Wird wenig Fleisch und viel Gemiise gegessen, so sinkt die saure Reaktion des Narns, sie nahert sich dem amphoteren Punkte, und ein solch bald triib werdender Harn la5t nach dem Entleeren rasch Carbonate und Phosphate ausfallen. Diese Triibung verschwindet sofort wieder, wenn man eiaige Tropfen Siaure dem Harn zusetzt.

Jeder Harn unterliegt, wenn er linger als 24 Std. (im Sommer schon nach 8-10 Std.) gestanden, einer Garung. Es bilden ‘sich groi3e Mengen vou Bakterien, und der Harnstoff zerfallt hierbei unter Bildung von Ammons carbonat. Der Ham reagiert dann alkalisch, seine Farbe wird blasser, er ents wickelt einen penetranturinosen Geruch, und im Sediment findet man Kalks phosphat, Tripelphosphat, Dicalciumphosphat, Arnmonphosphat und Ammonurat.

P a t h o 1 o g i s c h e T r ii b u n g e n sind natiirlich vie1 bedeutungsvoller und erfordern gro3ere Beachtung. Bei der sogenannten ,,I’ h o s p h a t u r i e“ wird ein triiber Harn direkt aus der Blase entleert. Wir diirfea nur d a m von einer pathologischen Phosphaturie sprechen, wenn erstens der Harn durch Phosphate getriibt entleert wird, und wenn wir zweitens bei der quantitativen Bestimmung der Phosphorsaure im 24:Std.-;Harn tatsiichlich mehr als 2.5 pro mille Phosphorsaure finden. Unter dem EinfluD gewisser Bakterien, z. B. B. l’roteus vulgaris, wird hier der Harn in der Blase alkalisch, er wird ins folgedessen triib, und die Phosphate fallen sofort in grS5eren oder kleineren Mengen aus. Ich betone aber nochmals, daO der Vorgang nicht pathologisch ist, wenn die alkalische Reaktion des Hams und das Ausfallen der Phoss phate eine Folge von Gebrauch von Carbonaten, reichlicher vegetabilischer Kost, alkalischen Mineralwhern usw. ist. Wir haben es hier zum Unterz schied von der bakteriellen mit einer alimentaren Phosphaturie zu tun. - Mikroskopisch findet man bei ersterer das Tripelphosphat in sehr reichlicher Menge vor, wahrend man bei der alimentaren Form weit mehr amorphe Erd: phosphate sieht. - Bei der ,,C a 1 c a r i u r i e“ wird der Harn meist ebenfalh triib entleert; er enthalt hier so grode Mengen Kalksalze, dad diese nicht in Liisung bleiben konnea Der Harn zeigt dann oft ein irisierendes, lichts brechendes Hautehen.

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Harntriibungen 387

Eine weitere phatologische Triibung haben wir bei der C y s t i t i s (eitrigen Blasenentziindung) und bei der P y e 1 i t i s (eitrigen Nierenbeckens entziindung). Da bei ersterer der Eitergehalt groi3er ist, sieht auch der Harn entsprechend triiber aus und wird sofort triib entleert. Auch der Blutgehalt bei Pyelitis bedingt die Triibung des Harns. Hier spielen B. Coli, Staphyloa und Streptokokken eine bedeutende Rolle. - Bei der G o n o r r h o e haben wir ebenfalls einen mehr oder weniger triiben Harn vor uns, und wir werden hier im Trippereiter und in den Urethralfaden nach Gonokokken fahnden, wahrend wir in dem mehr oder weniger triiben Harn bei t u b e r k u l o s e n N i e r e n s o d e r B l a s e n l e i d e n den Kochschen Tuberkelbazillus nach. zuweisen suchen. - Bei der V a g i n i t i s (Entziindung der Scheide) wird die Triibung des Harns um so starker sein, je gro5er der Eitergehalt ist. 1st die Vaginitis gonorrhoischen Ursprungs, ist natiirlich nach Gonokokken zu fahnden.

Zwischen beiden Gruppen steht die ,,B a c t e r i u r i e". Hier werden in dem ganz frischen Ham, ohne da5 derseibe Eiter enthalt, Bakterien in solchen Mengen nachgewiesen, da5 der ganze Harn stark triib erscheint. Wenn man ihn schiittelt, zeigt er eine eigentumliche, wellenformige Bewegung. Die Reaktion ist meist sauer, selten alkalisch. Farbt man ein Praparat, SO findet man B. Coli, hin und wieder Sarcine, dann Staphyloz und Streptokokken, ahne da5 man aber irgendeine Entziindung der Blase oder der Harnrohre kons statieren konnte. Der betFeffende Patient klagt iiber nichts und kommt ges wohnlich nur ins Laboratorium, weil ihn der stechend fiikulente Geruch beangstigt hat. Meist handelt es sich um neurasthenische, nervose, uben arbeitete Menschen.

Um sich iiber die Harntriibungen schnell zu orientieren, beachte man folgendes:

1. Man erwarmt den triiben Harn im Reagenzglase; klart er sich hierbei vollig auf, so handelt es sich nur um harnsaure Salze. klart er sich nur zum Teil, so war die Triibung aui3er von den Salzen nacn durch andere Beia mischungen bedingt.

2. Wenn beim Erwarmen die Triibung statt zu verschwinden noch Z U ~

rnimmt, sc setzt man wenige Tropfen verdiinnte Essigsaure himu. Tritt jetzt eine vollige oder doch teilweise Klarung ein, so waren grodere Mengen Phoss phate vorhanden, wird gleichzeitig Kohlensaure entwickelt, 60 waren auch Carbonate zugegen.

3. Tritt auf den Essigsaurezusatz keine Klarung ein, wohl aber auf einen veiteren Zusatz von SalzsGure, so war die Triibung durch oxalsauren Kalk liervorgerufen.

4. 1st nach 1-3 keine Aufhellung erzielt, so versetze man eine neue Harnprobe mit Kalilauge. Erfolgt sofortige Aufklarung, so war kristallinische Harnsaure Schuld der Triibung.

5. Erfolgt auf Kalilaugenzusatz keine Klarung, sondern bildet sich dabei ein gelatinoses Gerinnsel, das sich beim Erwarmen zusammenballt, so diirfte Eiter die Triibung hervorgerufen haben.

'35.

Page 4: Harntrübungen

38.8 W i l l y W o b b e

6. Erhitzt man den mit Kalilauge versetzten Harn stark und fiirben sich die dabei ausfallenden Phosphate - namentlich beim spateren Erkalten des Hams schon ersichtlich - rot, so war Blutfarbstoff ein Grund der Harntriibung.

7. 1st nach 1-6 keine Aufhellung erfolgt, so durften Bakterien die Trubung hervorgerufen haben.

8. Auch auf eventuellen Fettz und Chylusgehalt sei kurz hingewiesen.

Willy Wobbe : Neue Arzneimittel.

C o m p r a 1. Unter dem als Warenzeichen geschiitzten Namen Compral bringen die

F a r b e n f a b r i k e n v o r m . F r i e d r . B a y e r & Co. i n L e v e r k u s e n a m R h e i n ein neues schmerzskillendes Mittel in den Verkehr, das sich chemisch als eine molekulare Verbindung aus Pyramidon und Voluntal darstellt.

N-C& cH3Nrro CH&-=X. N(CH& X CCJ3. CH2 .’S . CO . N €‘i2

E i g e n s c h a f t e n : Compral besteht aus einem weiBen, bitter schmeckendem Kristallpulver, das sich Ieicht in’ organischen LSsungsmitteln, wie Weingeist, &ther, Aceton und Essigather, lost. Sein Schmelzpunkt liegt bei 75-760. ,

E r k e n n u n g s p r Q Is e n : Wird Compral mit Xatronlzuge erwarmt, so entwickeln sich rotes Lackmuspapier blauende Dampfe. Wird das Reaktions: gernisch nach dem Erkl ten mit Salpetersaure angesauert, so entweichf Kohlens s3iure unter gleichzeitiger Blaufarbung der Fliissigkeit. Silbernitratlosung ruft einen weifien, kiisigen Niederschlag hervor, der in Ammoniakfliissigkeit 10s: lich ist.

Wird Compral (1.0) mit Wasser 420 ccm) geschiittelt, so farbt sich das Filtrat auf Znsatz von Ferrichloridiosung oder saipetriger Saure biau.

P r i i f u n g u n d G e h a l t s b e s t i m m u n g : Das Filtrat einer wasse: rigen Ausschiittelung (0.5 + 25), das gegen rotes Lackmuspapier schwach alkalisch wirkt, darf weder durch Schwefelwasserstoffwasser noch durch Rariumnitratlosung verandert werden.

Compral (0.21 mu& sich in 2 ccm SchwefelsLure ohne Farbung auflosen. Compral (0.2) darf beim Veraschen einen wagbaren Riickstand nicht

hinterlassen 0.5 Compral werden in 50 ccm Weingeist gelost und in der Siedehitze

mit einer alkoholischen 1,4%igen Methylpikrinsaurelosung gemischt. Das sich beim Erkalten ausscheidende Metbylpikrat des Pyramidons wird eine halbe