amalgam. - oldenburk.de · produkt (amalgam), zu schützen und rechtlichen konsequenzen durch die...

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Von: Dr. Wolfgang Burk www.OldenBurk.de entnommen aus: http://www.oldenburk.de/index.php?article_id=172 An: "Dr. Wolfgang Burk" Thema: WG: Bundesregierung zu Amalgam, Mai 2009 Datum: Samstag, 1. August 2009 23:04:59 Anlagen: Walach_FOKOMGAT-Studie-1.doc umg-308-Mutter-neu.pdf Reprint_Risiko.pdf Patientenbeispiele.pdf reprint_lang2006.pdf Amalgam and loss of hearing.pdf Amalgamn_Autimus_Geier.pdf reprint.pdf Petition_EU_ProfGreim_12112007.pdf BMG_Schröder_FD.pdf FD_Meyer2006.pdf RKI2007_3.pdf Ulla_Schmidt2005_FD2.pdf Patientenbeautragte_Brief.pdf 071127_Amalgam Kurt M Stellungnahme_BfArM.pdf -----Ursprüngliche Nachricht----- Von: jo.mutter Gesendet: Samstag, 1. August 2009 21:55 Betreff: Bundesregierung zu Amalgam, Mai 2009 Offener Brief an die Patientenbeauftragte der Bundesregierung 1.8.2009 Sehr geehrte Frau Kühn-Mengel, kürzlich beantworteten Sie eine Anfrage meiner Patientin, zur Sicherheit von dentalem Amalgam, welches zu 50% elementares Quecksilber, welches als Dampf zu den giftigsten Elementen zählt, besteht. (siehe Anhang: Patientenbeauftragte_Brief.doc). Dabei zeigen Autopsiestudien, dass Amalgamträger bis zu 12-mal mehr Quecksilber in ihren Körperorganen, einschließlich Gehirn, aufweisen, als amalgamfreie Kontrollpersonen. Es besteht aber keinerlei Korrelation zwischen dem Quecksilbergehalt in den Organen und im Urin oder Blut. Somit kann mit Blut-oder Urinwerten nicht auf die Körperbelastung geschlossen werden. Allerdings basieren alle Studien, die Sie auch in Ihrem Brief zitieren, auf diesem Fehlschluss. Aktuelle Studien bestätigen, dass Amalgam bei weitem die Hauptquelle der menschlichen Quecksilberbelastung darstellt. Menschen nehmen ca. 2.400 ng von organischem Quecksilber pro Woche auf, wenn sie eine Fischmahlzeit pro Woche konsumieren. Davon werden 2300 ng im Körper gespeichert. 1200 bis 27000 ng metallisches Quecksilber wird aber pro Tag aufgenommen. Davon werden 1000-22000 ng im Körper gespeichert. Die Hauptquelle für metallisches Quecksilber ist Amalgam. Organization WH. Health Risks of Heavy Metals from Long-Range Transboundary Air-Pollution. Copenhagen: WHO Regional Office for Europe; 2007. Ihre Antwort ist von Ihnen zwar ernst und guten Gewissens verfasst worden, enthält aber fundamentale Falschinformationen, die Sie allerdings als Laie nicht durchschauen, da Sie sich als Politikerin auf die Expertengremien und entsprechenden staatlichen Institute, wie dem RKI, dem BfArM oder dem BMG in Fachfragen zu Amalgam verlassen müssen. Sie beziehen sich in Ihrer Antwort auf das Amalgam-Konsenspapier von 1997, welches vom BMG, vom BfArM, der Bundeszahnärztekammer, der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde un der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung erstellt wurde, und das vom damaligen Gesundheitsminister Horst Seehofer unterschrieben wurde.

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Von: Dr. Wolfgang Burk www.OldenBurk.de entnommen aus: http://www.oldenburk.de/index.php?article_id=172 An: "Dr. Wolfgang Burk"Thema: WG: Bundesregierung zu Amalgam, Mai 2009Datum: Samstag, 1. August 2009 23:04:59Anlagen: Walach_FOKOMGAT-Studie-1.doc

umg-308-Mutter-neu.pdfReprint_Risiko.pdfPatientenbeispiele.pdfreprint_lang2006.pdfAmalgam and loss of hearing.pdfAmalgamn_Autimus_Geier.pdfreprint.pdfPetition_EU_ProfGreim_12112007.pdfBMG_Schrder_FD.pdfFD_Meyer2006.pdfRKI2007_3.pdfUlla_Schmidt2005_FD2.pdfPatientenbeautragte_Brief.pdf071127_Amalgam Kurt M Stellungnahme_BfArM.pdf

-----Ursprngliche Nachricht-----Von: jo.mutterGesendet: Samstag, 1. August 2009 21:55Betreff: Bundesregierung zu Amalgam, Mai 2009

Offener Brief an die Patientenbeauftragte der Bundesregierung1.8.2009

Sehr geehrte Frau Khn-Mengel,

krzlich beantworteten Sie eine Anfrage meiner Patientin, zur Sicherheit von dentalem Amalgam,welches zu 50% elementares Quecksilber, welches als Dampf zu den giftigsten Elementen zhlt,besteht. (siehe Anhang:Patientenbeauftragte_Brief.doc).Dabei zeigen Autopsiestudien, dass Amalgamtrger bis zu 12-mal mehr Quecksilber in ihrenKrperorganen, einschlielich Gehirn, aufweisen, als amalgamfreie Kontrollpersonen. Es besteht aberkeinerlei Korrelation zwischen dem Quecksilbergehalt in den Organen und im Urin oder Blut.Somit kann mit Blut-oder Urinwerten nicht auf die Krperbelastung geschlossen werden. Allerdingsbasieren alle Studien, die Sie auch in Ihrem Brief zitieren, auf diesem Fehlschluss.Aktuelle Studien besttigen, dass Amalgam bei weitem die Hauptquelle der menschlichenQuecksilberbelastung darstellt. Menschen nehmen ca. 2.400 ng von organischem Quecksilber proWoche auf, wenn sie eine Fischmahlzeit pro Woche konsumieren. Davon werden 2300 ng im Krpergespeichert. 1200 bis 27000 ng metallisches Quecksilber wird aber pro Tag aufgenommen. Davonwerden 1000-22000 ng im Krper gespeichert. Die Hauptquelle fr metallisches Quecksilber istAmalgam.Organization WH. Health Risks of Heavy Metals from Long-Range Transboundary Air-Pollution.Copenhagen: WHO Regional Office for Europe; 2007.

Ihre Antwort ist von Ihnen zwar ernst und guten Gewissens verfasst worden, enthlt aberfundamentale Falschinformationen, die Sie allerdings als Laie nicht durchschauen, da Sie sich alsPolitikerin auf die Expertengremien und entsprechenden staatlichen Institute, wie dem RKI, demBfArM oder dem BMG in Fachfragen zu Amalgam verlassen mssen.

Sie beziehen sich in Ihrer Antwort auf das Amalgam-Konsenspapier von 1997, welches vom BMG,vom BfArM, der Bundeszahnrztekammer, der Kassenzahnrztlichen Bundesvereinigung, derDeutschen Gesellschaft fr Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde un der Deutschen Gesellschaft frZahnerhaltung erstellt wurde, und das vom damaligen Gesundheitsminister Horst Seehoferunterschrieben wurde.

mailto:[email protected]:[email protected]:[email protected]

Walach H. Amalgam raus oder mehr Entspannungsbungen?

Forsch Komplementmed2008;15:7(DOI:10.1159/000158575)

Im Internet unter :

http://content.karger.com/ProdukteDB/produkte.asp?Aktion=ShowPDF&ArtikelNr=158575&Ausgabe=241142&ProduktNr=224242&filename=158575.pdf

Letzte drei Seiten

Melchart D, Vogt S, Khler W, Streng A, Weidenhammer W, Kremers L, Hickel R, Felgenhauer N, Zilker T, Whr E, Halbach S: Treatment of health complaints attributed to amalgam. J Dent Res 2008;87:349353.

Hintergrund: Viele Menschen leiden an unspezifischen Symptomen wie

Hautausschlgen, Kopfschmerzen, Schlafstrungen, wissen nicht warum

und machen Amalgam in den Zhnen dafr verantwortlich.

Ziel: Diese Studie untersuchte, ob die Entfernung von Amalgam aus den

Zhnen von Patienten mit Symptomen, zusammen mit einer Entgiftungstherapie

bzw. die Entfernung ohne Entgiftung oder eine Kontrolltherapie

mit Gesundheitserziehung die Symptombelastung reduzieren

kann.

Design: randomisierte, dreiarmige, offene Studie.

Patienten: Insgesamt 91 Patienten wurden eingeschlossen und auf drei

Gruppen randomisiert.

Outcome-Mae: selbstgenerierter Symptomscore, mit den drei wichtigsten

Symptomen als gewichteter Symptomscore war Hauptzielkriterium, die

Summe aller Beschwerdensymptome Nebenzielkriterium, gemessen zu

Beginn und nach 12 Monaten.

Ergebnis: Alle drei Gruppen verbesserten sich klinisch relevant. In der

Amalgam-Entfernungsgruppe und in der Gruppe, die zustzlich Entgiftung

erhielt, betrug die Verbesserung 3,5 Punkte (SD 2,2) und in der Kontrollgruppe

2,5 (SD 2,4). Der Unterschied war nicht signifikant (p =

0,152). Beide Gruppen mit Amalgamentfernung zeigten eine Verringerung

der Belastung mit anorganischem Quecksilber.

Schlussfolgerung: Alle drei Behandlungsarten verringerten die ursprnglichen

Beschwerden klinisch relevant. Ein Unterschied zwischen den drei

Optionen konnte nicht belegt werden.

Journal Club Forsch Komplementmed 2008;15:000000

Kommentar Harald Walach, Northampton

Ein alter Zahnrztewitz geht so: Warum machen sich Zahnrzte so wenig Sorgen wegen Amalgam? Weil sie so viel Quecksilber im Hirn haben. Dieser kurze Witz enthlt im Kern das Problem und Thema dieser Studie. Quecksilber ist das giftigste natrlich vorkommende Element berhaupt. Elementares, also festes Quecksilber ist relativ ungefhrlich, es wird rasch ber den Darm ausgeschieden. Problematisch

ist dagegen gasfrmiges und organisch gebundenes Quecksilber (Methylquecksilber), wie wir es etwa ber die Nahrungskette zu uns nehmen. Die Halbwertszeit von Quecksilber in Krpergeweben kann 20 Jahre und mehr betragen. Amalgam enthlt, je nach Zusammensetzung, ca. 50% Quecksilber. Messungen haben gezeigt, dass je nach Ess- und Kaugewohnheiten und Flche der Fllungen tglich bis zu 50 g Quecksilber aus gelegten Fllungen ausdampft, was zu einer subakuten Dauerbelastung fhren kann [13].

Auf den ersten Blick ist die Studie von Melchart et al. Eine gute Studie, die belegt, dass die Entfernung von Amalgam und die sogenannte Entgiftung zu einer deutlichen Reduktion von Symptomen fhrt. Die Effektstrke fr diese Reduktion

von Symptomen betrgt d = 1,6 fr beide Amalgamentfernungsgruppen und ist damit als sehr gro und bedeutsam einzustufen. Allerdings zeigt auch die Kontrollgruppe eine Effektstrke von d = 1,04. In dieser Gruppe wurde ber eine Serie von etwa 10 Sitzungen Grundwissen zu gesunder Lebensweise vermittelt und es wurden Entspannungstechniken und Psychohygiene gelehrt. Was den unbeteiligten Beobachter

hier in Staunen versetzt ist, wie stark eine solche, vermeintlich unspezifische Intervention die Hauptsymptome der Patienten verbessern kann. Die Autoren vermuten, zu Recht finde ich, dass solche Manahmen die immunologische und endokrinologische Situation verbessern, was die Symptomnderungen plausibel macht. Der Unterschied zwischen dieser Kontrollgruppe und den beiden Amalgamentfernungsgruppen indes ist nicht signifikant; er betrgt aber d = 0,43

und ist damit im Bereich klinischer Relevanz. Das Problem der Studie, von den Autoren in der Diskussion anerkannt, ist also ein Powerproblem. Mit etwa 100 Patienten pro Gruppe wre dieser Unterschied mit groer Sicherheit signifikant geworden. Zwei weitere Probleme sind sichtbar. Die Autoren haben mehr als 1200 Patienten angeschrieben oder sind von diesen kontaktiert worden. Nur 164 davon kamen berhaupt in ein Screening, und 91 von diesen wurden schlielich in die Studie

aufgenommen. Viele Patienten hatten sich geweigert, sich randomisieren zu lassen. Die Daten sind also vor allem fr solche Patienten aussagekrftig, die viele subjektive Symptome haben und meinen, diese seien auf Amalgam zurckzufhren. Diese Meinung ist schwer zu verifizieren oder zu entkrften, da auer den subjektiven Beschwerden keine objektive, verlssliche Mazahl fr Quecksilberbelastung vorliegt. Es mag durchaus sein, dass eine groe Zahl von Patienten an Problemen

leidet, die objektiv auf Quecksilber zurckzufhren sind, aber nicht auf die Idee kommt, diesen Zusammenhang herzu - stellen. All diese Patienten sind von dieser Studie nicht erfasst. Auerdem: die einzig signifikanten Unterschiede in der Studie

sind in der Quecksilberausscheidung zu finden: Die Patienten, denen Amalgam entfernt wurde, ob mit oder ohne Detoxifikation, haben nach einem Jahr signifikant niedrigere Werte als diejenigen, denen kein Amalgam entfernt wurde. Das heit, bei den Patienten, deren Amalgam entfernt wurde, finden wir weniger Quecksilber im Plasma, wird weniger ausgeschieden und ist auch weniger anorganisches Quecksilber in den Erythrozyten. Die Unterschiede sind sehr gro, manchmal ber eine Standardabweichung. Dies ist ein klarer Hinweis darauf, dass die Gesamtquecksilberbelastung durch die Entfernung von Amalgam deutlich abnimmt, und indirekt ein Hinweis darauf, dass Amalgamfllungen in der Tat eine bedeutsame

Quelle von Quecksilberbelastung darstellen. Die Tatsache, dass dies nicht direkt mit subjektiv wahrnehmbaren Symptomen korreliert, heit nicht, dass die Belastung unproblematisch ist.

Was wissen wir also nun? Wir wissen, dass die Entfernung von Amalgam zu einer deutlichen Reduktion der Quecksilberbelastung und zu einem deutlichen Rckgang der Beschwerden im Krper fhrt. Wir wissen, dass die Entfernung von Fllungen

vermutlich, wenn in einer richtig angelegten Studie untersucht, zu besseren subjektiven Effekten fhrt als eine Kontrolltherapie. Wir wissen aber auch, dass bereits ein Gesundheitskurs zu erstaunlich guten Effekten fhrt. Vielleicht hngt dies damit zusammen, dass Patienten aus ihrer Patientenrolle herausgetreten sind und eben Akteure werden, die verstanden haben, dass sie etwas fr ihre Gesundheit tun mssen?

Wenn dies einmal geschehen ist, dann ist ein erster, groer, wichtiger Schritt zur Verbesserung der eigenen Lage getan, sichtbar in der deutlichen Symptomreduktion. Wer dennoch das Gefhl hat, dass Amalgamfllungen deplatziert sind, macht keinen Fehler, wenn er sie herausnehmen lsst. Die Quecksilberbelastung wird dadurch auf jeden Fall reduziert. Und ob damit nicht Prvention von wesentlich schwereren

Krankheiten betrieben wird, msste eigentlich erst noch untersucht werden. Hierzu leistet die Studie keinerlei klrenden Beitrag. Wenn man sich die Literatur genauer ansieht, gibt es klare Hinweise darauf, dass Quecksilber ein wichtiger

schdigender Faktor ist [6]. Wenn man die Studie betrachtet, erkennt man, dass das Entfernen von Amalgam sowohl zur Reduktion einer Symptombelastung beitrgt als auch zur Verringerung der Quecksilberbelastung im Krper. Wer eins und eins zusammenzhlen kann, der mge dies tun. Dass Zahnrzte dies nicht tun, ihre

professionellen Journals, und die Industrie, fr die Amalgame ein groes Geschft sind, wundert niemanden.

ForschKomplementmed 2008;15:000000 Journal Club

Literatur

1 Mutter J, Naumann J, Sadaghiani C, Schneider R, Walach H: Alzheimer disease:

mercury as pathogenetic factor and apolipoprotein E as a modulator. Neuroendocrinol

Lett 2004;25:275283.

2 Mutter J, Naumann J, Schneider R, Walach H, Haley BE: Mercury and autism:

Accelerating evidence? Neuroendocrinol Lett 2005;26:431437.

3 Mutter J, Naumann J, Walach H, Daschner F: Risikobewertung Amalgam:

Antwort auf Halbachs Kommentar. Gesundheitswesen 2006;68:115.

4 Wassermann O, Weitz M, Alsen-Hinrichs C: Medizinische, insbesondere toxiko -

logische Feststellungen im Zusammenhang mit einer rechtlichen Beurteilung

der Herstellung und des Vertriebs von Amalgam als Material fr Zahnfllungen.

Unverffentlichtes Gutachten. Kiel, Institut fr Toxikologie, 1997.

5 Curth A: Der Einfluss von Quecksilber auf die Alzheimer Erkrankung. Ein systematischer

Review. Dissertation. Medizinische Fakultt. Freiburg, Albert-Ludwigs-

Universitt, 2008.

Kontaktadresse: Prof. Dr. Dr. Harald Walach, University of North -

ampton, Northampton NN2 7AL, United Kingdom, harald.walach@

northampton.ac.uk.

224 ...l umweltmedizingesellschaft | 21 | 3/2008

Einfhrung

Zahnamalgam (im Folgenden ZA) ist kontrovers wegen seines Gehalts an giftigen Schwermetallen. Es besteht neben Silber (Ag), Zinn (Sn), Kupfer (Cu) und Zink (Zn) mindestens zur Hlfte aus elementarem Quecksilber (Hg). Im Gegensatz zu anderen Schwermetallen verdampft Hg stndig aus ZA-Fllungen und

reichert sich in den Organen an: ZA-Trger weisen dort bis zu 12-mal hhere Hg-Konzentrationen auf als ZA-freie Personen. ZA ist als hochgiftiger Sondermll eingestuft; Hg gilt als giftigstes nicht-radioaktives Element. In Zellversuchen erweist es sich als zehn-fach giftiger als Blei (Pb), dessen Toxizitt weit unterhalb offizieller Grenzwerte nachgewiesen ist (1). Von ZA-Herstellern (Verband der Chemischen Industrie) und Zahnrzteverbnden wird seit Jahrzehnten behauptet, ZA sei vllig unschdlich; die zahlreichen Beschwerden von ZA-Trger werden psychologisch wegerklrt (2). Zusammenhnge zwischen ZA und schweren Krankheiten werden geleugnet, diesbezgliche Beweise ignoriert. Diese Hal-tung wurde weitgehend von Politik und Rechtssprechung ber-nommen (z.B. 3).

Ist Amalgam unschdlich?Stellungnahme zur Mnchener Amalgamstudie

Joachim Mutter

Insgesamt belegt die gro angelegte Mnchener Amalgamstudie eindrucksvoll schdigende Wirkungen von Zahnamalgam. Die aus Zahnamalgam freiwerdenden Quecksilbermengen reichen aus, menschliche Zellen zu schdigen (Projekt I). Es gibt einen zeitlichen Zusammenhang zwischen Einbringen von Amalgamfllungen und Beginn von Beschwerden (Projekt II). Amalgamentfernung kann eine Vielzahl von Beschwerden lindern sowie den Hg-Gehalt in Krperflssigkeiten reduzie-ren (Projekte II, III, V). Auch wenn Amalgamtrger mit Beschwerden sozial schlechter gestellt sind und 12 Jahre lnger Amalgam tragen als solche ohne Beschwerden, sind ihre Hg-Werte nach Provo-kation tendenziell niedriger (Projekt IV); dies weist auf quecksilberbedingte Beeintrchtigung der Ausscheidung hin. lebensstilnderung (u.a. Ernhrungsumstellung) verminderte innerhalb von 12 Monaten die Quecksilberkonzentration und lindert die Beschwerden, allerdings nicht so stark wie Amalgamentfernung; nach 18 Monaten zeigten sich trotz lebensstilnderung tendenziell Verschlechterung und Erhhung der Hg-Werte (Projekt V). Vorliegende Stellungnahme arbeitet wichtige Ergebnisse der fnf Studien heraus; diese zeigen eher die Schdlichkeit von Amalgam und die Heilwirkung seiner Entfernung, werden indes von den Autoren heruntergespielt. leider ignorieren sie gut belegte Tatsachen, etwa dass Quecksilberwerte in Krperflssigkeiten nicht denen in Organen entsprechen oder mit dem Schweregrad der Beschwerden korrelieren; dass es direkte nicht ber das Blut erfolgende - Quecksilberaufnahme in Gewebe gibt; dass Quecksilber entgiftende Enzyme hemmen oder zerstren kann. Die Autoren tendieren zu berschtzung von Fisch und Unterschtzung von Amalgam als Quecksilberquellen. Hinzuweisen ist auf einige gravierende methodische Mngel. Es fllt auf, dass die Autoren ihre Ergebnisse vielfach relativieren und dass die Sachverhalte in den Medien unzutreffend dargestellt wurden.

Schlsselwrter: Zahnamalgam, Quecksilber, Zellschdigung, Gesundheitsstrungen, Entfernung, DMPS

Kontakt:

Dr. med. Joachim MutterFacharzt fr Hygiene und UmweltmedizinBreisacher Str. 115 B79106 [email protected]

UMWElTMEDIZIn ......

...... THEMA

..... 225umweltmedizingesellschaft | 21 | 3/2008

...... UMWElTMEDIZIn

Krzlich machte die Mnchener Amalgam-Studie (German Amal-gam Trial, GAT) des Zentrums fr Naturheilkundliche Forschung am Klinikum der TU Mnchen (D. Melchart), der Toxikologischen Abteilung der Universittsklinik (T. Zilker), der Universitts-zahnklinik (R. Hickel, L. Kremers) und des Helmholtz-Zentrums Neuherberg (S. Halbach) Schlagzeilen. Mit berschriften wie Amalgam-Entfernung meist unntig (4) oder Entwarnung in aller Munde (5) gaben Print- und Funkmedien Entwarnung bezglich ZA. Die Studie wurde finanziert durch 1,2 Millionen DM, welche 1996 im Prozess wegen Krperverletzung gegen die DEGUSSA (den ehemals grten Amalgamhersteller in Deutsch-land) in einem Vergleich mit ca. 1500 Klgern von dieser Firma gezahlt wurden (6).

Die Studie gliedert sich in die folgenden fnf Projekte. Projekt I und II sind unpubliziert und bisher nur in einer sehr kursorischen Pressemitteilung (7) zugnglich.

I. Wirkung niedrig dosierten Amalgams auf verschiedenen Zell-typen (7)

II. Retrospektive Analyse von Falldarstellungen Amalgam-geschdigter (7)

III. Wirkungen von Amalgamentfernung: Prospektive Lngs-schnittstudie (8)

IV. Fall-Kontrollstudie zur Diagnostik der subtoxischen Amalgamschdigung (9,10)

V. Kontrollierte, klinische Studie zum Vergleich dreier Therapie-strategien (11,12).

Projekt I: Wirkungen niedrigdosierten Amalgams

auf verschiedene Zelltypen

Es wurden in vitro menschliche Monozyten und Lymphozyten niedrigen Konzentrationen (0,27 M - 2,72 M) von anorgani-schem Hg2+ ausgesetzt. Lymphozyten reagierten durchwegs mit Suppression (7). Leber-, Nieren- und Nervenzellen, wel-che niedrigen Konzentrationen von Hg2+ oder Ag2+ ausgesetzt wurden, zeigten deutlich verminderte Resistenz gegenber Stressreizen wie Umweltgiften (z.B. Kadmium (Cd)), Alkohol, Fiebertemperaturen oder oxidativem Stress (7).

KommentarIn dieser Studie wurde HgCl2 verwendet. Dies ist wesentlich weni-ger toxisch als aus ZA-Fllungen aufgenommener Hg-Dampf. Das elektrisch geladene anorganische Hg2+ gelangt deutlich schlechter durch die Zellmembran in das sensible Zellinnere als elektrisch ungeladener Hg-Dampf. Anorganisches Hg wird zu weniger als 15 % im Gastrointestinaltrakt resorbiert, whrend der aus Amalgamfllungen austretende Hg-Dampf zu 100 % ber die Lungenalveolen ins Blut gelangt; er durchdringt auch Schleimhute und Bindegewebe des Mund-, Nasen- und Rachen-raums. Der sich nach Aufnahme in der Lunge im Blut befindliche Hg-Dampf berwindet - im Gegensatz zu anorganischem Hg - die Blut-Hirn-Schranke und gelangt so ins Zellinnere des ZNS. Innerhalb der Zelle wird Quecksilberdampf durch Enzyme (z.B. Katalase) zu dem anorganischem Hg-Ion (Hg2+) oxidiert. Dieses tritt mit intrazellulren (z.B. Tubulin) und -nukleren Strukturen in Verbindung und zerstrt oder hemmt sie.

Es macht daher einen groen Unterschied, ob sich anorganisches Hg auerhalb oder innerhalb von Zellen befindet: Auerhalb ist es weniger toxisch, da es nicht ohne weiteres in die Zelle gelanget; innerhalb ist es hochgiftig. Bei ZA-Trgern spielt jedoch die Belastung mit Hg-Dampf, der innerhalb der Zellen zu einer der giftigsten Hg-Formen umgewandelt wird, die Hauptrolle. (Intrazellulr gebundenes anorganisches Hg wird extrem lang-sam ausgeschieden.)

Dennoch zeigte Projekt I toxische Effekte von anorganischem Hg - sogar in sehr niedrigen Konzentrationen. Die Resistenz gegenber Umweltgiften bei Nieren-, Nerven- und Leberzellen vermindert. Analoge Beobachtungen werden seit Jahrzehnten an Tausenden von Patienten gemacht: ZA-Trger (auch ehemalige) vertragen andere Noxen - etwa Zigarettenrauch oder elektro-magnetische Felder - schlechter. Ob bei Langzeitexposition den Low-dose-Effekten chronische Leiden entsprechen, z.B. neu-rodegenerative Erkrankungen oder Krebs, ist aus Mnchener Kurzzeitstudie natrlich nicht erkennbar.

Abstract

As a whole, the large scale German Amalgam Trial (GAT) impressively documents adverse effects of dental amalgam. The quantities of mercury released from it are sufficient to damage human cells (Project I). Insertion of amalgam fillings and onset of complaints do correlate timewise (Project II). Removal of amalgam may alleviate many complaints and reduce mercury concentration in body fluids (Projects II, III, IV). Amalgam bearers having symptoms excrete less mercury after provocation with DMPS than do asymptomatic ones (Project IV); this points to mercury interfering with mechanisms of excretion. Life style changes (concerning, among other things, eating habits) reduce mercury concentration and alleviate complaints within 12 months, however less strongly than do amalgam removement; after 18 months, despite of life style changes, symptoms tend to worsen and mercury concentrati-ons to increase (Project V). The present comment reports important results of the five projects. These rather point to the harmfulness of amalgam and the benefits of removing it, but are played down by the authors. Unfortunately, they disregard well documented facts, i.e., that mercury levels in body fluids do not correlate with those in organs or with severity of complaints; that there is direct not blood-mediated - mercury transport to tissues; that mercury may inhibit or destroy detoxifying enzymes. The authors tend to overestimate the importance of fish and to underestimate the importance amalgam, as sources of mercu-ry. Some severe methodological flaws are pointed out. Strikingly, the authors qualify their findings in many respects and the media distorted the facts.

Key words: Dental amalgam, mercury, cell impairment, health complaints, removal, DMPS

226 ...l umweltmedizingesellschaft | 21 | 3/2008

Giftige Hg-Konzentrationen in Geweben von Amalgamtrgern?Die von den Mnchener Forschern applizierten Hg-Konzentrat-ionen (0,27 - 2,72 M) sind teilweise niedriger, als Hg-Konzen-trationen in Organen von ZA-Trgern. Die durchschnittliche Hg-Konzentration im Gehirngewebe von ZA-Trgern ( > 12 Fllungen) betrug z.B. 1,5 M, die von Personen mit < 4 Amalgamfllungen jedoch 0,1 Mol (13). Zudem handelt es sich um Mittelwerte; im Einzelfall sind die Konzentrationen hher. Noch hhere Werte finden sich in intrazellulren Kompartimenten, insbesondere nach Exposition gegenber Hg-Dmpfen (14). Im Nierengewebe von ZA-Trgern ( > 10 Fllungen) wurden im Mittel 2,52 M Hg gefunden, bei Personen mit < 3 Fllungen dagegen 0,27 Mol (15). Bei in-vitro-Studien an Nervenzellen fhrte die Zugabe von anorganischem Hg schon bei einer Konzentration von 0,1 M Hg zu Axondegeneration und Bildung von Neurofibrillen (16). Die Zugabe von nur 0,18 M Hg fhrte zur Sekretion von -Amyloid, verstrktem oxidativen Stress und Hyperphosporylierung des t-Proteins; dies wird auch bei M. Alzheimer beobachtet (17).

Fazit Im Einklang mit anderen Untersuchungen belegt dieses Experiment Zellschden durch Hg-Konzentrationen unterhalb der in Organen (z.B. Niere, Gehirn) vieler ZA-Trger nachweisbaren. Auf Grund derartiger Ergebnisse wrde ein Arznei- oder Nahrungsmittel sofort verboten (oder erst gar nicht zugelassen) werden. Dass die verwendete Hg-Verbindung weniger toxisch ist als der aus ZA-Fllungen austretende Hg-Dampf, legt Unterschtzung der Hg-Toxizitt nahe. Zudem wurde die Potenzierung der Giftwirkung von Hg durch andere ZA-Bestandteile wie Ag, Sn, Cu, Zn (18) sowie weitere Noxen ignoriert. Merkwrdigerweise relativieren die Autoren ihre Ergebnisse mit der Bemerkung, diese seien nicht auf die in-vivo-Situation - fr die zahlreiche entsprechende Befunde existieren - bertragbar. Hier scheint eine Unterschtzung der Bedeutung der eigenen Befunde vorzuliegen.

Projekt II: Retrospektive Aanalyse von Falldarstellungen Amalgamgeschdigter

Bisher liegt nur der Pressetext vor (7). Analysiert wurden die durch die Klger ausgefllten Fragebgen der Staatsanwaltschaft Frankfurt (6). Aus 1.500 Fllen wurden nach dem Zufallsprinzip 250 ausgewhlt. Die am hufigsten genannte Beschwerden (aus einer Liste von 300) waren: Kopfschmerzen (60 %), Konzen-trationsschwche (39 %), Depression (38 %), Mdigkeit (34 %), Sehstrungen (34 %). Das Alter bei erster Amalgamversorgung und das bei erstem Auftreten der Beschwerden korrelierten signifikant (r = 0,48). Der Gesundheitszustand besserte sich nach Amalgamsanierung eindeutig. Die Zahl der Beschwerden kor-relierte schwach (r = 0,15) mit jener der Fllungen. (Es werden keine p-Werte angegeben.) Die bei Amalgamtrgern genannten Beschwerden decken sich mit anderweitig (z.B. 19) ermittel-ten. In zahlreichen wissenschaftlichen Verffentlichungen und Erfahrungsberichten wurde gleichfalls dauerhafte Besserung nach geschtzter Amalgamentfernung beschrieben (z.B. 19-21).

Die Autoren kritisieren - leider nur global - methodische Mngel der von der Staatsanwaltschaft Frankfurt sorgfltig entwickelten

Fragebgen. Dennoch liefert die Studie - im Einklang mit anderen Verffentlichungen - weitere Belege dafr, dass ein Zusammenhang zwischen ZA-Fllungen und Beschwerden besteht.

Projekt III: Wirkungen von Amalgamentfernung:

prospektive lngsschnittstudie

In Zeitrumen bis zu 12 Monaten untersuchte man (5) den Gesund-heitszustand von 137 Patienten (-Alter 39 Jahre), denen man in 27 Zahnarztpraxen ZA entfernt hatte (7, 8). Fr die Auswertung waren nur Daten von 61 (fr die 1-JahresNachbeobachtung nur von 30) Personen verfgbar (8). Die Patienten hatten im 18,6 ZA-Fllungen und klagten im ber 23 Beschwerden, am hufigsten ber allgemeine Mattigkeit (59 %), rasche Ermdung (44 %), Kopfschmerzen (36 %), Stimmungsschwankungen (34 %).

Fr die ZA-Sanierung wurden Kofferdam bei 36 %, Spezial-absauger bei 37 % und Hg-Filter in 4 % der Flle verwendet. Die Beschwerden besserten sich durch ZA-Sanierung hinsicht-lich Anzahl (Abnahme von 23 auf 16) und Intensitt (7). Es wurden fast ausschlielich Verbesserungen des Befundes erho-ben (8). Bei einer Teilgruppe konnten bis zu 12 Monate nach ZA-Sanierung dokumentiert werden. Dabei zeigte sich, dass die nach Amalgamentfernung beobachtete Besserung dauerhaft war, z.T. sogar zunahm. Der Anteil der Patienten mit starker Ausprgung des Faktors Mattigkeit, Muskel-, Konzentrations- und Gedchtnisschwche reduzierte sich am strksten (von 70 auf 28 %); fr den Faktor Stressanflligkeit am wenigsten (von 47 auf 38 %; 8). (81% der Patienten fhrten auch eine sog. Ausleitung durch. Diese bestand aber nicht in der Gabe von Chelatbildnern sondern nur in der von Se, Zn, Knoblauch und Vitaminen (7)). Die Mnchener Autoren halten - korrekterweise - Selektionseffekte fr nicht ausgeschlossen. Wegen des Fehlens einer Kontrollgruppe (KG) knne man nicht auf kausale Beziehungen schlieen; jedoch sind Placebo-Effekte in anbetracht der langfristig stabilen Verbesserung der Beschwerden wenig plausibel.

Diese prospektive Studie gibt weitere (s.o.) Hinweise darauf, dass ZA-Entfernung verschiedene Beschwerden dauerhaft bessern kann. Angesichts der unzureichenden Schutzmanahmen bei der Sanierung (s.o.) ist dies erstaunlich. Auch andere Studien berichten ber in langen Beobachtungszeitrumen dauerhaf-te Besserungen nach ZA-Sanierung (s.o.). Meist nehmen die Beschwerden whrend und kurz nach der Sanierung sogar zu, was gegen Placebo-Effekte spricht.

Projekt IV: Fall-Kontrollstudie zur Diagnostik der subtoxischen Amalgamschdigung

Bei diesem in zwei Zeitschriften publizierten Projekt wurden 27 ZA-Trger mit Beschwerden (Flle), 27 ZA-Trger ohne Beschwerden (KG I) und 27 gesunde ZA-freie Personen (KG II) untersucht (9, 10). Flle und KG I hatten signifikant hhere Hg-Werte als KG II bezglich der meisten Werte in Speichel, Blut, Sammelurin vor und nach DMPS. Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen Fllen und KG I. Auch im

UMWElTMEDIZIn ......

..... 227umweltmedizingesellschaft | 21 | 3/2008

...... UMWElTMEDIZIn

Lymphozyten-Transformationstest auf Hg und in den Messwerten eines bioelektronischen Messgertes (Prognos) unterschieden sich die drei Gruppen nicht.

KommentarDer soziokonomische Status der Flle war mit 30 % Sekundar-stufe wesentlich geringer gegenber 85 % und 96 % bei KG I bzw. II. Die Flle waren 12 Jahre lter (40 Jahre), als KG I (28) und 17 Jahre lter als KG II (23). Sie trugen Amalgamfllungen 12 Jahre lnger als KG I (Median 27 vs. 15); zudem bestanden signi-fikante Unterschiede in den Verteilungen auf die Geschlechter. Allein auf Grund der ungleichen Gruppenzusammensetzung ist die Studie relative wertlos. Zudem verwundert, dass eine nicht validierte Testmaschine (Prognos) zur Diagnostik von ZA-Belastung Verwendung fand. Ferner sind die Gruppen zu klein, um ein Mindestma statistischer Treffsicherheit zu ermglichen. Trotz dieser Schwchen fllt auf, dass die Flle - obwohl 12 Jahre lnger dem Hg-Dampf ausgesetzt - nach DMPS im Urin tendenzi-ell weniger Hg ausschieden: 7,77 g/24h gegenber 12,69 g/24h bei KG I (kein p-Wert angegeben). Die Frage, ob die Flle des-wegen Beschwerden haben, weil sie infolge hherer Belastung Hg schlechter ausscheiden knnen, wurde nicht gestellt. Diese Mglichkeit wurde aber in anderen Studien aufgezeigt (22, 23). Die volle Wrdigung des Projekts IV erfordert die Errterung der beiden folgenden Themen.

Zur Ausscheidung von Quecksilber Es wre sinnvoll gewesen, anstelle des Prognos-Gerts wissen-schaftlich gesicherte Verfahren zur Unterscheidung amalgam-sensibler und nicht sensibler Personen anzuwenden. Derartige Verfahren basieren auf der Messung krpereigener Substanzen, welche Hg-Ausscheidung frdern:A. Urin-Porphyrin-Profil. Ein erheblicher Anteil amalgamexpo-

nierter Personen weist ein pathologisches Porphyrinprofil im Urin auf (24, 25).

B. Polymorphismus des Enzyms Coproporphyrinoxidase (CPOX4), welches zu erhhter Empfindlichkeit gegenber Hg und zu Hemmung der Synthese des Proteins Hm. Dieses ist als Bestandteil aller P450-Enzyme wichtig fr die Entgiftung; es hat die Fhigkeit, Alzheimer- typische -Amyloid-Ablage-rungen aus dem Gehirn zu entfernen (26).

C. Polymorphismen des BDNF (brain derived neurotropic fac-tor), welches auch die Hg-Empfindlichkeit erhht (27).

D. Apolipoprotein E-Genotyp, da amalgamtragende Personen mit Beschwerden berzufllig hufig Trger des Apolipo-protein E4-Allels (ApoE4) sind (28). ApoE4 ist der bedeut-samste genetische Risikofaktor fr M. Alzheimer, da es im Gegensatz zu ApoE3 und ApoE2 vermutlich Hg nicht entgif-ten kann (29). ApoE4-Trger reagieren auch empfindlicher auf Pb-Belastung (30).

E. Beeintrchtigungen der Glutathionproduktion, welche zu erhhter Hg-Speicherung fhren knnte. Nur an Glutathion (oder andere thiolhaltigen Verbindungen) gebundenes Hg kann ausgeschieden werden (31).

Zur Hg-Belastung durch FischkonsumIn dieser Studie zeigte sich bezglich des Gesamt-Hg in den roten Blutkrperchen kein Unterschied zwischen Amalgamtrgern und

amalgamfreien Personen. Deshalb knnten die relativ hohen Hg-Werte bei den Amalgamfreien auch durch deren mglicherweise hheren Fischkonsum erklrt werden. Auch organisch gebunde-nes Hg war bei den drei Gruppen gleich hoch. Die Mnchener Autoren schlieen flschlicherweise, dass Methylierung von Hg aus Amalgam nicht stattfinde. Indes wurde Fischkonsum nicht gemessen. Dieser knnte zwischen den Gruppen infolge des sehr unterschiedlichen Alters und Bildungsgrades variieren. Studien mit Amalgamtrgern haben durchaus Methylierung von Hg aus Amalgam nachgewiesen (32). Amalgamtrger knnen also bei weniger Fischkonsum trotzdem gleich hohe organische Hg-Anteile im Blut haben wie als die amalgamfreie Gruppe mit potentiell hherem Fischkonsum.

Die Verfasser schreiben: ...only 1/3 of the relevant internal Hg exposure...is due to absorption of dental amalgam, while the remai-ning 2/3 is due to dietary organic Hg... (10). Jedoch fanden alle Autopsiestudien - die aussagekrftigsten zur Abschtzung der Krperbelastung - vielfach erhhte Hg-Konzentrationen in den Organen von Amalgamtrgern. Die Belastung durch Ernhrung ist offensichtlich untergeordnet, die obige Aussage unzutref-fend.

Toxikologisch besteht ein erheblicher Unterschied zwischen aus Amalgamfllungen gebildetem und in Fisch vorhandenem Methyl-Hg. Ersteres ist ungebunden - es hat somit sein volles Reaktionspotential, ist also giftiger als in Fisch vorhandenes Hg, welches dort zum Schutz der Organismen durch Proteine oder Selen abgebunden wird. Hg-Dampf, der stndig aus Amalgamfllungen frei wird, ist wesentlich giftiger als ungebun-denes Methyl-Hg (33), welches selbst etwa 20-mal giftiger ist als in Fisch vorkommendes Methyl-Hg (34).

Schlielich ergaben Lymphozyten-Transformationstestungen auf Hg ergabkeine Unterschiede zwischen den Gruppen. Selbst die amalgamfreie KG II erwies sich in den - von den Autoren selbst durchgefhrten - Tests auf Hg sensibilisiert. Dies wird von ihnen nicht diskutiert, steht aber im Widerspruch zur wissenschaftli-chen Literatur (34).

Fazit Mit dieser methodisch mngelbehafteten Studie kann - entgegen der Meinung der Autoren - die Sicherheit von Amalgam nicht bewiesen werden. Schlielich ist seit langem bekannt, dass zwi-schen Hg-Belastung und -Ausscheidung keine lineare Beziehung besteht. Man stelle sich den analogen Fall vor: Wenn etwa in einer Studie zu Risiken des Rauchens die Rauchergruppe mit Beschwerden 12 Jahre lter wre, 12 Jahre lnger rauchte und deutlich niedrigere Schulbildung, aber niedrigere Nikotin-Werte im Urin aufwiese als eine Rauchergruppe ohne Beschwerden, wrde niemand den Schluss ziehen, Rauchen sei unschdlich.

Projekt V: kontrollierte, klinische Studie zum Vergleich dreier Therapiestrategien

Hier wurden Patienten, welche den Verdacht uerten, ZA-bedingte Beschwerden zu haben, zufllig drei Behandlungs-gruppen zugewiesen (11, 12):

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Gruppe A: ZA-Entfernung, Ersatz durch Gold, Komposites oder Keramik.

Gruppe B: Wie A, zustzlich Gabe von Vit. B6 100mg, Vit. C 1 g, Vit. E 300mg, Ca 500mg, Se 200g, Zn 12,6 mg, Knob-lauchprparat 100-300mg / Tag (flschlich Auslei-tung genannt).

Gruppe C: Gesundheitstraining (Ernhrungsumstellung, Sport, Mentales Training wie Achtsamkeitsmeditation) ohne ZA-Entfernung.

Es wurden nur Patienten in die Studie aufgenommen, die nicht an krperlichen oder seelischen Krankheiten (z.B. Autoimmun-erkrankungen, Bluthochdruck, M. Alzheimer, Krebs, MS, M. Par-kinson, Depression) litten. Aus 1.200 interessierten Personen wurden 90 ausgewhlt. Zuletzt blieben in Gr. A 25, in Gr. B und C je 21 Patienten. Im Mittel betrugen das Alter 34 Jahre, die Zahl der ZA-Fllungen 21, die der Beschwerden 23, die Dauer von deren Bestehen 12 Jahre. Die wichtigsten Beschwerden - mittels Fragebgen skaliert - waren Hautprobleme, Kopfschmerzen, seelische Probleme (z.B. Nervositt, Schlaflosigkeit), Mdigkeit, Schwche, Infektionsanflligkeit. Die Patienten wurden bis zu 18 Monate lang untersucht.

Therapieergebnisse: Beschwerden und Hg-GehalteInnerhalb von 12 Monaten gingen die Beschwerden bei Gr. A und B im Mittel um 3,5 Punkte zurck, bei Gr. C um 2,5. Die Besserungen waren bei A und B tendenziell grer als bei C (p < 0,10). Die Vernderungen in den folgenden 6 Monaten waren unerheblich. Fast alle Hg-Werte in Krperflssigkeiten sanken innerhalb von 12 Monaten nach Therapiebeginn: in den Erythrocyten bei Gr. A um -0,06, bei Gr. B um 0,42, bei Gr. C um 0,73 ng/ml; Das heit, bei Gruppe C reduzierte sich der gesamte Hg-Gehalt in den Erythrozyten (und somit auch in anderen Blutzellen) am strk-sten. Im Urin nahm Hg bei Gr. A um 1,15, bei Gr. B um 1,86, bei Gr. C um 0,48 ng/ml ab. Organisches Hg in Erythrozyten nahm kurz nach ZA-Entfernung ab, danach tendenziell wieder zu.

KommentarZA-Entfernung reduzierte die Hg-Werte in Krperflssigkeiten und die subjektiven Beschwerden innerhalb von 12 Monaten signifikant auf ca. 50 % - und dies ohne echte Ausleitung (z.B. mit DMPS). Dies steht in Einklang mit umfangreicher Forschung (36) und ist umso eindrucksvoller, als die Eingriffe - in der Universi-tts-Zahnklinik Mnchen - sicher nicht alle optimalen Schutz-manahmen (Atemmaske, Kofferdam usw.) umfassten. Als Ersatz wurden auch Goldlegierungen eingebaut, die u.a. Pt (Platin) oder Pd (Palladium) enthalten und knnen nach ZA-Entfernung Beschwerden verschlimmern knnen.

Die Beschwerden blieben auch nach 18 Monaten niedrig; bei Gr. A und B nahmen sie weiter ab. In der Gruppe C, bei welcher die Amalgamfllungen belassen wurden, jedoch eine Lebens-stilnderung durchfhrt wurde (gesndere Ernhrung, mentales und krperliches Training), nahmen die Beschwerden ab, aber nur um etwa ein Drittel. Ferner sanken bei Gruppe C die Hg-Werte in den Krperflssigkeiten deutlich. Bei der Hg-Konzentration im Urin gab es keinen signifikanten Unterschied mehr zu A und B.

Die Autoren versuchen, mittels Regressionsmodellen abzuscht-zen, wie viel Hg aus ZA und wieviel aus der Nahrung aufgenom-men wurde. Dies ist - abgesehen von der Kleinheit der Stich-proben und hoher Ausfall-Raten - jedoch aus mehreren Grnden prinzipiell nicht mglich.1) Es standen nur Hg-Werte in Krperflssigkeiten zur Verfgung,

welche die tatschlich in Krperorgane aufgenommene Hg-Mengen keinesfalls widerspiegeln (37).

2) Unter Umgehung des Blutkreislaufs stattfindende direkte Hg-Aufnahme in Krpergewebe (Schleimhaut, Nerven, Kiefer, Gehirn) kann nicht im Blut oder Urin gemessen werden (z.B. 38, 39).

3) Daten ber Fischverzehr wurden nicht gesammelt, so dass keine Aufschlsse ber die Herkunft von organischem Hg oder ber die Hg-Verteilung zu gewinnen sind.

FazitDie Autoren folgern aus der Besserung bei Gr. C, ZA sei nicht Ursache der Beschwerden. Indes war die Besserung durch ZA-Entfernung (Gr. A und B) strker als die durch Lebensstilnderung (Gr. C). Auerdem hatte Letztere zu signifikanter Hg-Reduktion in den Krperflssigkeiten gefhrt. Es wird oft beobachtet, dass Lebensstilnderung Beschwerden lindert, auch wenn die Ursache weiter besteht. Schwchen sich Symptome von Pollenallergie nach Ernhrungsumstellung deutlich ab, obwohl die Pollen noch allergen wirken (40), wrde niemand daraus schlieen, Pollen lsten keine Allergie aus.

Ausblick

Die Mnchener Studie erlaubt keine Aussagen ber die Rolle von ZA etwa bei neurodegenerativen oder Autoimmunerkrankungen, Bluthochdruck, Immunschwche, Polyneuropathie, Depression, Entwicklungsstrungen im Kindesalter (z.B. Autismus, Sprach-strungen), AD(H)S, Herzrhythmusstrungen und -insuffizienz, Unfruchtbarkeit, Krebs - Personen mit derartigen Diagnosen wurden ausgeschlossen. Indes bestehen Hinweise, dass Hg bei diesen Leiden miturschlich sein kann. Auch darum kann die Studie keinesfalls Entwarnung geben.

Zuknftig sollten 1) bei einer ZA-Entfernungstudie auch Personen mit o.g. Krank-

heiten teilnehmen; ferner alle Schutzmassnahmen zur Verringerung der HG-Belastung angewandt, keine Metalle mehr implantiert, Ausleitung mittels Chelatbildnern durch-gefhrt, und Verlufe ber lngere Zeitrume dokumentiert werden. Zu messen sind

2) zur Ermittlung von ZA-Sensitiven geeignetere Parameter (z.B. Polymorphismen der Phase-2-Entgiftung, ApoE-Geno-typisierung, Coproporphyrin-Synthetase-Polymorphismen, Methyltetrahydrofolsure-Reduktase), desgleichen

3) subtilere Indikatoren der Hg-Belastung (z.B. Porphyrinprofil im Urin, Mikroalbuminurie, dazu Fischkonsum) und

4) mssen zwischen den Gruppen soziale Merkmale lege artis konstant gehalten werden.

5) Es bedarf der Fortsetzung der Children-Amalgam-Trails ber ca. 40 Jahre zur Erfassung der Langzeitwirkungen von ZA-Versorgung, schlielich

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6) weiterer Autopsiestudien, welche Hg-Gehalt und -Art (z.B. Se-gebunden und damit ungiftig) in Organen von Kranken im Vergleich zu Gesunden ermitteln und endlich

7) differenzierte Vergleiche zwischen dem Gesundheitszustand von ZA-Trgern mit Menschen, welche nie ZA trugen.

DanksagungDer Verfasser dankt Herrn Dr. Ernst Liebhart fr freundliche Untersttzung.

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Amalgam: Eine Risikobewertung unterBercksichtigung der neuen Literatur bis 2005

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Amalgam Risk Assessment with Coverage of References up to 2005

Institutsangaben1 Institut fr Umweltmedizin und Krankenhaushygiene, Universittsklinik Freiburg2 Samueli Institute, European Office, Freiburg

KorrespondenzadresseDr. med. Joachim Mutter Institut fr Umweltmedizin und Krankenhaushygiene, Universittsklinik Freiburg Hugstetter Str. 55 79106 Freiburg E-mail: [email protected]

BibliografieGesundheitswesen 2005; 67: 204 216 Georg Thieme Verlag KG Stuttgart New YorkDOI 10.1055/s-2005-857962ISSN 0941-3790

Zusammenfassung

Amalgam, welches weltweit seit 150 Jahren als Zahnfllmateri-al verwendet wird, besteht aus etwa 50% elementarem Queck-silber und einer Mischung aus Silber, Zinn, Kupfer und Zink. Ausfertigen Amalgamfllungen werden kontinuierlich kleine Men-gen an Quecksilberdampf freigesetzt. Amalgam trgt dabei sig-nifikant zur menschlichen Quecksilberbelastung bei. Quecksil-ber kann in Organen, insbesondere im Gehirn akkumulieren, dadie Bindung zu Proteinen strker als die von anderen Schwer-metallen (z. B. Blei, Kadmium) ist. Im Gehirn werden Halb-wertszeiten von 1 18 Jahren angenommen. Quecksilber giltals eines der giftigsten nichtradioaktiven Elemente. Es bestehenHinweise darauf, dass Quecksilberdampf strker neurotoxischwirkt als Methyl-Quecksilber aus Fisch. Neuere Publikationenweisen auf das Risiko von Nierenschdigungen, neuropsycholo-gischen Beeintrchtigungen, Induktion von Autoimmuner-krankungen oder Sensibilisierungen, gesteigerte oxidative Be-lastung, Autismus, Haut- und Schleimhautreaktionen undunspezifische Beschwerden durch Amalgamexposition hin.Auch die Alzheimer-Erkrankung oder die Entwicklung einerMS wird z. T. mit einer Quecksilberexposition in Zusammen-hang gebracht. Es bestehen, mglicherweise erblich bedingtoder erworben, unterschiedliche interindividuelle Empfind-lichkeiten zur Entstehung von negativen Effekten durch Amal-gambelastungen. Quecksilbermessungen in Biomarkern sindaufgrund fehlender Korrelation zu den Quecksilberkonzentra-tionen in den Organen nur bedingt zur Abschtzung der Queck-silberbelastung der kritischen Organe geeignet. Wegen metho-discher Mngel sind manche Amalgamstudien in ihrenAussagen nur bedingt verwertbar. Eine Amalgamentfernung

Abstract

Amalgam, which has been in use in dentistry for 150 years, con-sists of 50 % elemental mercury and a mixture of silver, tin, copperand zinc. Minute amounts of mercury vapour are released con-tinuously from amalgam. Amalgam contributes substantially tohuman mercury load. Mercury accumulates in some organs, parti-culary in the brain, where it can bind to protein more tightly thanother heavy metals (e. g. lead, cadmium). Therefore, the elimina-tion half time is assumed to be up to 1 18 years in the brain andbones. Mercury is assumed to be one of the most toxic non-radio-active elements. There are pointers to show that mercury vapour ismore neurotoxic than methyl-mercury in fish. Review of recent lit-erature suggests that mercury from dental amalgam may lead tonephrotoxicity, neurobehavioural changes, autoimmunity, oxida-tive stress, autism, skin and mucosa alterations or non-specificsymptoms and complaints. The development of Alzheimers dis-ease or multiple sclerosis has also been linked to low-dose mer-cury exposure. There may be individual genetical or acquired sus-ceptilities for negative effects from dental amalgam. Mercurylevels in the blood, urine or other biomarkers do not reflect themercury load in critical organs. Some studies regarding dentalamalgam reveal substantial methodical flaws. Removal of dentalamalgam leads to permanent improvement of various chroniccomplaints in a relevant number of patients in various trials. Sum-ming up, available data suggests that dental amalgam is an unsui-table material for medical, occupational and ecological reasons.

Key wordsAmalgam mercury toxicity adverse health effects autoimmu-nity neurodegenerative diseases

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Gesu 0305 Artikel fiz Artikel Artikel 13gs05, 22.3.05 reemers publishing services gmbh

Einleitung

Amalgam ist leicht, schnell und kostengnstig zu verarbeitenund zeigt als Zahnwerkstoff ausgezeichnete Materialeigenschaf-ten und Haltbarkeit. Es wird seit ber 150 Jahren eingesetzt. Al-lerdings wird seit der Verwendung von Amalgam kontroversber den Einsatz von Amalgam in der Zahnheilkunde diskutiert,da Amalgam sich aus giftigen Metallen zusammensetzt und die-se nicht fest gebunden sind. ber die mglichen gesundheitli-chen Auswirkungen dieser Schwermetallbelastung gibt es mo-mentan immer noch keinen einheitlichen Konsens. Weil sichauch aktuelle Risikoanalysen z.T. in ihren Schlussfolgerungendiametral unterscheiden, haben wir selbst eine Sichtung der bis-her sehr umfangreich vorhandenen Literatur zu diesem Themavorgenommen. Es werden hier hauptschlich neuere Studien zi-tiert, welche auf schdliche Wirkungen hindeuten, da eine mg-liche schdliche Wirkung von Amalgam bzw. der Exposition zugeringen Mengen Quecksilber auch bei geringer Effektstrke we-gen der breiten Verwendung von Amalgam einen bedeutendenAnteil der Bevlkerung betreffen wrde.

Dabei werden auch Studien, welche die Toxizitt von Quecksil-ber in geringer Dosis untersuchten, bercksichtigt. Da sich expe-rimentelle Studien an Menschen meist aus ethischen Grndenverbieten, wurden fr die Analyse auch zell- und tierexperimen-telle Studien eingeschlossen. Auf wichtige und hufig zitierteStudien, welche eine Unschdlichkeit von Amalgam belegen sol-len, wird ausfhrlich eingegangen.

Methodik

ber die Datenbank Medline wurde mit den Suchwrtern mer-cury und amalgam versucht, die Literatur zu diesem Themamglichst vollstndig zu erfassen. Diese wurden anhand desTitels und der Zusammenfassung fr die Risikoanalyse aus-gewhlt. Soweit mglich, wurde hauptschlich die neuere Lite-ratur ab 1985 ausgewhlt. Weiterhin wurde anhand der Litera-turverzeichnisse und Handsuche weitere Literatur zu diesemThema gefunden. Weitere aktuelle Hinweise von Institutionen(z. B. Bundesinstitut fr Arzneimittel und Medizinalprodukte,U.S. House of Representatives, Dental Commission of Sweden)oder Fachleuten hinsichtlich Publikationen, welche nur ber In-ternet verfgbar sind, wurden, sofern fr die Fragestellungwichtig, mit in der Analyse bercksichtigt.

Ergebnisse

GrundlagenBedeutung von Amalgam fr die menschlicheQuecksilberbelastungEtwa 200 300 Millionen Amalgamfllungen liegen in den Zh-nen der deutschen Bundesbrger [1]. Pro Jahr werden inDeutschland ber 20 000 kg Quecksilber (Hg) fr neue Amal-gamfllungen verbraucht [2]. Allerdings nimmt die Anwendungvon Amalgam bei Kindern in Deutschland aufgrund der Verwen-dung von Alternativmaterialien und der geringeren Karieshu-figkeit ab, wobei Kinder von Migranten deutlich mehr Amalgam-fllungen aufweisen als deutsche Kinder [3]. Die geringereAmalgamverwendung fhrte zu einer deutlichen Abnahme derQuecksilberbelastung von deutschen Kindern im Vergleich zufrheren Untersuchungen [4]. Amalgamfllungen bestehen zu50% aus metallischem Quecksilber (Hg0), welchem ein Legie-rungspulver mit variablen Anteilen von Silber, Zinn, Kupfer, Zinkund Quecksilber zugesetzt wird. Amalgamfllungen setzen kon-tinuierlich (vermehrt bei Provokation wie z. B. beim Legen, Polie-ren und Entfernen sowie beim Kauen, Zhneknirschen, beimKontakt mit Suren und heien Getrnken sowie bei Anwesen-heit verschiedener Metalle usw.) Quecksilberdampf frei, derdurch Nasen- und Mundschleimhute und alveolr zu 100% re-sorbiert wird (Nettoresorption 80% wegen Totraum der Luft-wege). Quecksilberdampf ist nach Aufnahme im Blut zu 50 % imPlasma gelst und nur zu 50 % in Erythrozyten gebunden (Me-thyl-Hg zu > 90% in Erythrozyten). Deshalb und wegen seiner Li-pophilie kann Hg-Dampf relativ rasch vom Blut in Organe undber die Blut-Hirn-Schranke (BHS) in das Gehirn aufgenommenwerden, whrend Methyl-Hg erst nach der Lebensdauer von Ery-throzyten wieder frei wird. Die Halbwertszeit im Blut betrgt frQuecksilberdampf nur 3 Tage (Methyl-Hg 60 90 Tage). In denOrganen wird es zu der sehr toxischen Form Hg++ oxidiert, wel-ches fest an Zellstrukturen (hauptschlich Thiolgruppen) gebun-den ist und dann nicht mehr die BHS berwinden kann [5]. Esfindet hchstwahrscheinlich ber die Zeit der Hg-Dampf-Exposi-tion eine Anreicherung in den Organen statt. Quecksilber wirdauch durch den Abrieb aus Amalgam freigesetzt. Die gastrointes-tinale Resorption von Abrieb ist vernachlssigbar, fr Quecksil-bersalze wird eine Resorptionsrate von 5 15 % angenommen[6]. Weiterhin penetriert Hg-Dampf die Mund- und Riech-schleimhaut. Ein direkter retrograder axonaler Transport vonHg-Dampf in das ZNS durch sensorische, motorische und sensi-ble Hirnnerven (z.B. Riechnerv) wird diskutiert [7 13]. Queck-silber aus Amalgam diffundiert auch in das Zahnbein und wirdvon der Pulpa und dem Kiefer aufgenommen, was als eine Ursa-che fr die Entstehung chronischer lokaler Entzndungen ange-sehen wird [14].

Amalgam ist eine Hauptquelle der menschlichen Quecksilber-belastung [15], wie Studien an Tieren [6, 16 22] und Menschenzeigen. Bei Amalgamtrgern konnte dabei eine etwa 2 5facheErhhung der Quecksilberkonzentrationen im Blut und Urin so-wie eine 2- bis 12fache Erhhung der Quecksilbergehalte in ver-schiedenen Organen beobachtet werden [6, 17, 18, 23 40]. Ausdiesen Daten wurde geschlossen, dass Amalgam fr einen Gro-teil der Bevlkerung in Industriestaaten mehr zur Quecksilber-belastung beitrgt als Fischkonsum [6, 27 29, 35, 37, 40, 41]. In

konnte in einigen Studien bei einem relevanten Teil der Patien-ten zur dauerhaften Verbesserung oder Heilung verschiedenerund meistens chronischer Beschwerden fhren. Aufgrund derBercksichtigung aller verfgbaren Daten kann Amalgam we-der medizinisch, arbeitsmedizinisch noch kologisch als siche-res Zahnfllungsmaterial bezeichnet werden.

SchlsselwrterAmalgam Quecksilber Toxizitt Nebenwirkungen Auto-immunitt Neurodegenerative Krankheiten

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Deutschland gibt es allerdings Unterschiede der Quecksilber-belastung. Personen aus Leipzig wiesen zwar gleiche Quecksil-berwerte in Leber und Nieren auf wie Personen aus Mnchen,hatten aber hhere Werte im Gehirn [42]. Quecksilber aus ma-ternalen Amalgamfllungen fhren auch zu einer signifikantenErhhung der Quecksilberkonzentrationen in Organen und Haarvon Feten und Neugeborenen, wobei die Quecksilberorgangehal-te der Feten und Suglinge mit der mtterlichen Amalgamfl-lungszahl korreliert [27, 43 50]. Auch die Hg-Konzentrationvon Brustmilch korrelierte signifikant mit der Zahl der Amal-gamfllungen der Mutter. Dabei ist Amalgam die Hauptquellefr Hg in der Muttermilch [51 53]. Mikroorganismen im Mund-raum und Gastrointestinaltrakt knnen aus anorganischem Hgorganischen Quecksilberformen synthetisieren [54 57]. Leis-tevuo et al. [54] fanden bei Amalgamtrgern eine dreifach erhh-te Methyl-Quecksilberkonzentration im Vergleich zu Personenohne Amalgam. Dabei waren die Hufigkeit und Art des Fisch-konsums in beiden Gruppen gleich. Trotz der oben angegebenenStudien, welche zum Groteil in international anerkannten Fach-zeitschriften publiziert sind, wird von Zahnrzteorganisationenin aktuellen Publikationen behauptet, dass Amalgam im Ver-gleich zu anderen Quellen wenig bzw. vernachlssigbar zur Hg-Belastung des Menschen beitrgt [58 65].

Toxizitt von QuecksilberQuecksilber wird als das giftigste nichtradioaktive Element an-gesehen.

Hg++, welches intrazellulr aus resorbiertem Quecksilberdampfentsteht, ist giftiger als andere Metalle wie z. B. Pb++ oder Cd++,da seine Bindungsstrke an Thiolreste von Proteinen hher ist(Bindungskonstante 103040), was zur irreversiblen Inhibitionder Proteinfunktionen fhrt. Dies knnte die sehr lange Halb-wertszeit von Quecksilber in sich nicht erneuernden Geweben(z.B. Gehirn) von mehreren Jahren bis Jahrzehnten erklren[66 69]. Andere Schwermetalle bilden reversible Bindungen zuProteinen und sind deshalb weniger toxisch. Hg++ bindet auchnicht stark genug an Carboxylreste von organischen Suren (wiez.B. Zitronensure), welche die Toxizitt abschwchen. Chelat-bildner, wie z.B. EDTA, welche normalerweise die toxische Wir-kung von Schwermetallen verhten, haben keinen inhibitori-schen Effekt auf die Giftigkeit von Quecksilber oder steigerndiese sogar [70, 71]. Andere Chelatbildner (z.B. DMPS undDMSA) verhten die giftigen Wirkungen von Cd++ und Pb++, abernicht die von Hg++ [72]. Weder DMPS und DMSA noch natrlichekrpereigene Chelatoren wie Vitamin C, Glutathion oder alpha-Liponsure, als Medikamente eingesetzt, haben die Fhigkeit,Quecksilberablagerungen aus dem Nervengewebe von Tieren zuentfernen [73]. DMPS fhrte bei Tieren zu einer Erhhung derHg-Konzentration im Rckenmark [74]. DMPS oder DMSA stei-gern sogar die Hemmung von Enzymen durch Hg und Cd, nichtaber durch Pb [75]. Die Toxizitt von Methyl-Quecksilber (Me-Hg), welches in Fisch an Zystein gebunden vorkommt, scheintweit geringer zu sein (nur etwa 1/20) als das bisher in Experi-menten eingesetzte Me-Hg-Cl oder Me-Hg-J [76]. Auerdemstellt Meeresfisch eine bedeutende Quelle von Selen und Fisch-len dar, welche einen Schutz vor toxischen Quecksilberwirkun-gen darstellen. Trotzdem wirkt das experimentell giftigere Me-Hg-J weniger neurotoxisch auf das im Wachstum befindlicheNervensystem als Quecksilberdampf [77]. Eine Exposition ge-

genber beiden Hg-Formen zeigt dabei einen synergistischen Ef-fekt. Auf hnliche Zusammenhnge deuten Untersuchungen vonDrasch et al. [78]: Arbeiter in einer Goldmine, welche neben Me-thyl-Hg aus Fisch zustzlich Quecksilberdampf exponiert waren,wiesen deutlich mehr neurologische Aufflligkeiten auf als eineKontrollgruppe, deren Exposition zum grten Teil nur aus Me-thyl-Hg aus Fisch bestand und deren Hg-Werte im Haar undBlut im Vergleich zu den zustzlich quecksilberdampfexponier-ten Personen hher waren (Mediane: Blut: 9,0 vs. 7,0 g/l; Haar:2,65 vs. 1,71 g/l) [78, 79]. Auch eine andere Studie deutet aufeine geringere Neurotoxizitt von in Fisch vorkommendem Me-Hg im Vergleich zu iatrogenen Hg-Quellen hin (Amalgam, Thio-mersal) [44]. Hier zeigte sich keine Abhngigkeit zwischen mt-terlichem Fischkonsum whrend der Schwangerschaft und demAutismusrisiko der Kinder (siehe Ergebnisse) [44].

Die Toxizitt von Hg wird bei Anwesenheit anderer Metalle syner-gistisch gesteigert. So sterben Ratten bei gleichzeitiger Gabe derjeweiligen letalen Dosis Hg und Blei, bei der normalerweise 1 %der Tiere sterben (LD1), zu 100% (LD1[Hg] + LD1[Pb] = LD100) [80].

Die Ableitung von Grenzwerten fr Quecksilber aus Studien mitberufsbedingt quecksilberexponierten Arbeitern, welche dannauf Personen mit Amalgamfllungen bezogen werden, ist kri-tisch zu bewerten:

1. Oft werden Quecksilberexpositionen von Arbeitern in derChloralkaliindustrie verglichen. Allerdings hemmt diegleichzeitige Chlorexposition die Aufnahme von Hg in dieKrperorgane von Tieren erheblich (50 100 %) [15, 81].

2. Quecksilberexponierte Arbeiter stellen i. d. R. ein Kollektivdar, welches erst im Erwachsenenalter Hg-exponiert ist(und nur fr die begrenzte Dauer der Arbeitszeit), whrendAmalgamtrger ab dem Kleinkindalter (evtl. als Fetus auchber die Mutter) bis ins Greisenalter tglich whrend 24 hQuecksilber aus Amalgam ausgesetzt sein knnen.

3. Arbeiter stellen evtl. ein ausgewhltes Kollektiv von beson-ders gesunden Personen dar, da mglicherweise besondersempfindliche Personen (siehe unten) oder Schwangere, Kin-der und kranke Personen wegen Arbeitschutzbestimmungenoder frhzeitig auftretenden Beschwerden wieder aus demArbeitsprozess ausscheiden bzw. eine Arbeit erst gar nichtbeginnen und somit in den Untersuchungen nicht berck-sichtigt werden.

Eingeschrnkte Aussagefhigkeit von Hg-Werten inBiomarkernEs gibt Studien, die belegen, dass die Quecksilberkonzentrationenin Blut und Urin die tatschlich vorhandenen Quecksilbermengenim Krper nicht adquat widerspiegeln. So konnte z.B. durch Stu-dien an Tieren und Menschen [6, 16, 19, 20, 22, 29, 44, 66, 68, 78]nachgewiesen werden, dass trotz normaler oder niedriger Queck-silberwerte im Blut, Haar oder Urin hohe Quecksilbermengen inden Organen vorhanden sind. Weiterhin zeigten Drasch et al. [78,79, 81], dass 64 % von quecksilberdampfexponierten Arbeitern inphilippinischen Goldminen, welche klinisch-neurologische Zei-chen einer Quecksilberintoxikation aufwiesen, im Urin lediglichQuecksilberkonzentrationen unter dem HBM-I-Wert(Human-Bio-monitoring-Wert I) von 5 g/l hatten, der allgemein als ungefhr-lich gilt. Diese neuesten Daten legen nahe, dass das Quecksilbernicht frei zirkuliert, sondern zum groen Teil ins Krpergewebe

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eingelagert wird. Insgesamt sind dadurch Studien, welche Hg-Werte im Blut oder Urin als Goldstandard fr die Bewertung vonklinischen Symptomen oder zur Abschtzung des Hg-Organ-gehalts verwenden, in ihrer Aussagekraft sehr eingeschrnkt. DieErgebnisse von Drasch et al. [79] wurden kritisiert [82] bzw. derenKritikpunkte kommentiert [83].

Fr Blei ist mittlerweile anerkannt, dass negative gesundheitli-che Effekte weit unterhalb bisher anerkannter Grenzwerte imBlut auftreten knnen [84 90]. hnliches kann aufgrund derStudienlage auch fr Quecksilber vermutet werden, d. h., dassals sicher geltende Grenzwerte weder fr Hg noch fr Pb angege-ben werden knnen.

Beschriebene Nebenwirkungen von Amalgam bzw. beigeringer Hg-ExpositionNierenerkrankungenIm Tierversuch konnte eine Beeintrchtigung der Nierenfunktiondurch Amalgamfllungen beobachtet werden [18, 91, 92]. Per-sonen mit Amalgamfllungen zeigen Zeichen einer tubulrenund glomerulren Schdigung im Vergleich zu Personen ohneAmalgamfllungen [34].

Genotoxizitt und oxidative BelastungIn Zellkulturen werden durch Amalgam Chromosomenaberratio-nen ausgelst [93]. Bei Amalgamtrgern findet sich eine signifi-kant erhhte oxidative Belastung im Speichel [94, 95] und imBlut [37, 96], welche mit der Fllungszahl korreliert. NiedrigeQuecksilberkonzentration fhrten bei Nervenzellen zu erhhtemoxidativen Stress und Reduktion des Glutathiongehalts [97, 98].Quecksilber wird im Krper bevorzugt an Selen gebunden abge-lagert, wobei das an Hg gebundene Selen nicht mehr fr die kr-pereigenen Prozesse zur Verfgung steht. Quecksilber ausAmalgam kann einen mglichen Selenmangel auslsen oder ver-strken, was in Lndern mit suboptimaler Selenversorgung (wiez.B. Deutschland) vorkommen kann [67, 99].

Autoimmunerkrankungen und individuelle EmpfindlichkeitenQuecksilberexposition im Niedrigdosisbereich, wie sie bei Amal-gamtrgern vorkommt, wird von einigen Autoren als eine Ursachefr Autoimmunerkrankungen, wie z. B. rheumatische Erkrankun-gen, Multiple Sklerose, Autoimmunthyreoiditis oder systemischerLupus erythematodes (SLE), angesehen [100108]. Diese Effekteknnen auch bei Exposition unterhalb von Grenzwerten auftreten[109]. Die Hufigkeit von besonders anflligen Personen wird lauteiner neueren schwedischen Risikoanalyse auf 1 % geschtzt [101].Von der Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundes-amtes Berlin wird geschtzt [2], dass etwa 1 4% der Bevlkerungbesonders empfindlich auf Amalgam reagieren knnen. Dies liegtin bereinstimmung mit Studien, welche die Hufigkeit von im-munologischen Beschwerden durch Amalgam auf 1 3% der Be-vlkerung einschtzen [110], was bei der Verbreitung von Amal-gam ein signifikantes medizinisches und konomisches Problembedeutet. Andere Forscher schtzen, dass bis zu 25% aller Amal-gamtrger durch Amalgam gesundheitlich beeintrchtigt sind (al-le Beschwerdearten einschlielich Autoimmunphnomene) [111].

Alzheimer-DemenzVon einigen Autoren wird Quecksilber als eine Ursache fr dieAlzheimer-Demenz (AD) angesehen [71, 112 114]. In einem ak-

tuellen Review wurden die mglichen Zusammenhnge ausfhr-lich dargestellt [115].

Deshalb soll hier nur ein kurzer berblick zu den Studienergeb-nissen gegeben werden.

Zell- und Tierexperimentell konnte nur Hg (nicht Aluminium,Kadmium, Cobalt, Chrom, Kupfer, Mangan, Blei, Zink, Eisen) allealzheimertypischen strukturellen und biochemischen Zellver-nderungen auslsen [70, 71, 97, 98, 115 121]. Andere vorhan-dene Metalle wirken allerdings synergistisch zu Hg [114]. Die ex-perimentell verwendeten Hg-Konzentrationen waren z.T. bis zu1000fach geringer als Quecksilberkonzentrationen, welche z.B.im Gehirn von Amalgamtrgern gefunden werden knnen [115].Hg als mgliche AD-Ursache kann dabei auch das erhhte AD-Ri-siko bei Vorhandensein des Apolipoproteins E4-Allels (ApE4)und das verringerte AD-Risiko bei Trgern des ApoE2-Allels er-klren [71, 114, 115, 122] (siehe unten).

In einigen Autopsiestudien fand sich eine Erhhung des Hg-Ge-halts in AD-Gehirnen, welche aber nicht immer Signifikanz-niveau erreichten [117, 123 127]. Zwei Studien fanden auch er-hhte Hg-Werte im Blut von lebenden AD-Kranken [128, 129].Allerdings konnte eine Studie keine erhhten Quecksilberkon-zentrationen im Gehirn von AD-Kranken nachweisen noch eineKorrelation zu Amalgamfllungen herstellen, was im Gegensatzzu allen bisherigen Autopsiestudien steht [227].

Etwa 95 97 % aller AD-Flle sind nicht erblich bedingt, weshalbein noch unbekannter externer Faktor als Ursache angenommenwird, der hauptschlich in Industrienationen anwesend seinmuss (da AD bei Naturvlkern praktisch unbekannt ist, beimAuswandern in Industrielndern aber ein hohes AD-Risiko ent-steht ([alterskorrigiert]). Diesem Faktor mssen viele Personenbereits im jungen Alter ausgesetzt sein, da

1. schon ein bedeutender Anteil der 20-jhrigen Bevlkerungals pathologisch einzustufende, alzheimertypische Gehirn-vernderungen aufweist [130 132],

2. diese an Hufigkeit mit dem Alter stark zunehmen und3. etwa 50 Jahre zur Entstehung der AD bentigt werden [131,

132].

Weiterhin sind 30 50% der Menschen ber 85 Jahren von ADbetroffen, aktuell etwa 900 000 Personen in Deutschland [133],und ber 90% in dieser Altersgruppe zeigen alzheimertypischeGehirnvernderungen [130 132], so dass einem mglichen ex-ternen Faktor sehr viele Menschen in Industriestaaten aus-gesetzt sein mssen.

Die Gehirnvernderungen gehren nicht zu den normalen Al-terserscheinungen des Gehirns [131]. Es konnte auch gezeigtwerden, dass das AD-Risiko in hherem Alter sogar wieder ab-nimmt [134]. Momentan erfhrt die Krankheit einen starken An-stieg [115, 135]. Da sie etwa 50 Jahre zur Entstehung bentigt,muss dieser externe Faktor vor etwa 50 Jahren an Verbreitungstark zugenommen haben. Die Amalgamverwendung nahmnach dem 2. Weltkrieg stark zu und knnte unter Bercksichti-gung der oben angegebenen Studien als der urschliche externeFaktor in Betracht gezogen werden. Fischkonsum hingegen, wel-ches zu einer erhhten Methyl-Quecksilberbelastung fhrt,

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senkt das AD-Risiko. Protektive Faktoren in Fisch, wie z.B. Ome-ga-3-Fettsuren und Selen, scheinen der Methyl-Hg-Belastungdurch Fisch entgegenzuwirken. Auch scheint Quecksilber inFisch weit weniger toxisch zu sein, als bisher angenommen (sie-he Grundlagen).

Bei 10 263 untersuchten Personen fand sich eine deutliche Ab-hngigkeit zwischen Zahnstatus und dem AD-Risiko. Das AD-Ri-siko war umso hher, je weniger Zhne vorhanden waren [136].Auch Saxe et al. [137] fanden diese Abhngigkeit. Dies wurde vonden Autoren als Beweis dafr interpretiert, dass Amalgamfllun-gen nicht fr die AD-Erkrankung urschlich sein knnen [136].

Es kann vermutet werden, dass bei Patienten mit aktuell weni-gen oder keinen Zhnen frher ein schlechterer Zahnzustandvorhanden war, welcher lnger mit Amalgam versorgt gewesensein kann. Dies kann dahingehend interpretiert werden, dassPersonen mit wenigen oder keinen Zhnen frher (in der vulner-ablen Phase) eine hhere Hg-Exposition aufgewiesen haben alsPersonen, welche noch im Alter ber eigene Zhne verfgen.Auch bei anderen Studien fand sich diese Abhngigkeit [136,138 141] (siehe unten: Methodische Fehler bei oft zitiertenAmalgamstudien).

Mittels therapeutischer Gabe von hirngngigen Chelatbildnern,welche sulfhydrylaffine, zweiwertige Schwermetalle wie Zink,Kupfer und auch Hg binden knnen, konnte neuerdings eine er-folgversprechende Therapieoption bei AD-Kranken gefundenwerden [142, 143].

Autismus und prnatale Hg-Exposition durch AmalgamMaternale Amalgamfllungen knnen ein Risikofaktor fr dieEntwicklung von Autismus bei Kindern sein [44]. Bei gesundenSuglingen findet sich in der Regel eine positive Korrelation zwi-schen der Anzahl der maternalen Amalgamfllungen und denQuecksilberkonzentrationen in ihrem Haar (Haarproben ausdem ersten Haarschnitt) [44]. Im Gegensatz dazu zeigen aber au-tistische Kinder diese Korrelation nicht (hingegen sogar einenleichten, nicht signifikanten Abfall) [44]. Weiterhin weisen autis-tische Kinder im Vergleich zu gesunden Kindern deutlich ernied-rigte Haarquecksilberwerte auf, obwohl die autistischen Kinderwhrend der Schwangerschaft einer signifikant hheren Queck-silberexposition ausgesetzt waren (durch eine signifikant gre-re Amalgambelastung ihrer Mtter und hufigere Gaben vonquecksilberhaltigen Immunglobulinen) [44]. Der Fischkonsumder Mtter korrelierte dabei interessanterweise nicht mit demAutismusrisiko ihrer Kinder. Es ist bekannt, dass Hg aus mater-nalen Amalgamfllungen die Plazenta und den Fetus erreicht[43]. Aus Autopsiestudien ist bekannt, dass der Quecksilber-gehalt in Organen und im Gehirn von Suglingen und Kindernmit der Anzahl der Amalgamfllungen der Mtter korreliert [27,43 50]. Auch die Anzahl der Amalgamfllungen bzw. das Ent-fernen und Legen von Amalgamfllungen whrend der Schwan-gerschaft erhhten die Hg-Konzentration im Haar von Neugebo-renen [144]. Diese Befunde deuten darauf hin, dass dieautistischen Kinder aus der Studie von Holmes et al. [44] trotzder erniedrigten Haarquecksilberwerte vermutlich einen erhh-ten Quecksilbergehalt im Gehirn aufweisen mssen. Die autisti-schen Kinder haben mglicherweise eine verminderte Fhigkeit,Quecksilber aus ihren Krperzellen ins Blut und in der Folge ins

Haar auszuscheiden [44]. Eine andere Beobachtung bekrftigtdiese Hypothese: Die Quecksilberwerte im Haar waren bei denschwersten Autismusfllen signifikant niedriger als bei leichte-rer Krankheitsausprgung [44]. In Tierversuchen konnte gezeigtwerden, dass eine niedrigdosierte maternale Quecksilberdampf-exposition zu einer verminderten Lernfhigkeit, zu Hyperaktivi-tt und Abnahme der Reaktionsfhigkeit bei Nachkommen fhrt.Methyl-Hg konnte diese Vernderungen nicht auslsen, wirkteaber synergistisch zu Hg-Dampf [77]. Die Bildung des Nerven-wachstumsfaktors wird durch geringe Hg-Dampf-Expositionwhrend der Schwangerschaft bei Feten behindert [145].

Weiterhin frdert eine niedrige prnatale Quecksilberbelastungdie Anflligkeit fr die Entwicklung von Epilepsien bei Tieren[146].

Eine weitere bedeutende Quelle fr Quecksilber waren bis vorkurzem thiomersalhaltige Impfstoffe. Die Belastung mit diesemKonservierungsstoff in Impfungen wird momentan von einigenArbeitsgruppen zustzlich als eine mgliche Ursache der Autis-muserkrankung angesehen [44, 147 151].

Beeintrchtigung der kognitiven Funktionen undberufsbedingte AmalgamexpositionAmalgamverarbeitende Zahnrzte haben eine erhhte Hg-Exposi-tion [36, 152, 153]. Amalgambelastungen, welche als ungefhrlichangesehene Quecksilberkonzentrationen unterhalb anerkannterGrenzwerte verursachen, fhren zu messbaren kognitiven Ver-nderungen [154 160]. Eine niedrige Quecksilberdampfexpo-sition, wie sie im Mundraum von Amalgamtrgern vorkommt, ver-ursachte Verhaltensnderungen bei erwachsenen Musen [156].Das Farbensehen ist durch eine niedrige Hg-Exposition beein-trchtigt [161]. Personal in Zahnarztpraxen zeigt neuropsycholo-gische Aufflligkeiten [146, 162 164] bzw. pathologische Muskel-biopsien [165]. Die visuell evozierten Potenziale waren beiHg-exponierten Personen (auch Zahnrzten) im Vergleich zu Kon-trollpersonen signifikant verndert [166]. In einer Metaanalysekonnte bei 686 Hg-Dampf-exponierten Personen eine neuropsy-chologische Beeintrchtigung im Vergleich zu 579 Kontrollen ge-funden werden [167]. Die Hg-Ausscheidung im Urin dieser Per-sonen kann durchaus von einem Teil der Amalgamtrger erreichtwerden [6].

Hautallergien, LichenAmalgamfllungen knnen zu lichenoiden Reaktionen fhren[101, 168 171]. Diese werden durch Amalgamentfernung zuber 90 % geheilt, unabhngig davon, ob eine Allergie im Epicu-tan-Test nachgewiesen wurde; ebenso werden Granulomatosengeheilt [172].

InfertilittDie Hufigkeit von Infertilitt ist in den letzten 2 Jahrzehntenvon 8 auf 15 % gestiegen. Frauen mit einer greren AnzahlAmalgamfllungen bzw. einer erhhten Hg-Ausscheidung imUrin (nach DMPS) waren hufiger unfruchtbar als Kontrollen[173 175]. Zahnarzthelferinnen, die amalgamexponiert sind,zeigen eine erhhte Rate an Infertilitt [176]. Eine Schwermetall-entgiftung fhrte bei einem relevanten Teil der infertilen Patien-tinnen zu Spontanschwangerschaften [175]. Eine Hg-Expositionwird u.a. auch mit verminderter mnnlicher Fertilitt in Zusam-

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menhang gebracht [177], wobei Hg nicht unbedingt fr die Infer-tilitt urschlich ist, diese aber negativ beeinflussen kann [178].

Erkrankungen des Herz- und KreislaufsystemBei Patienten mit dilatativer Kardiomyopathie konnte eine umdas 22000fach erhhte Quecksilberkonzentration in Herzmus-kelbiopsien im Vergleich zu Kontrollen gefunden werden [179].Es wurde die Vermutung geuert, dass dies eine Folge derAmalgambelastung gewesen sein knnte, da Amalgam eineHauptquelle der menschlichen Hg-Belastung sei [180]. Antimon,welches als Verunreinigung auch in Amalgamfllungen vorkom-men kann, war in den kranken Hezen um das 12000fache erhht[179], Ein erhhter Hg-Gehalt der Ngel, welcher in der Regel ausFischkonsum stammt, war mit einem erhhten Herzinfarktrisikoverbunden [181, 182]. Jedes Mikrogramm Quecksilber, welchesber den Urin ausgeschieden wurde, erhhte das Herzinfarktrisi-ko um 36 % [182]. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass dieVermeidung von Hg in Fischen einen wichtigen Beitrag zur Ver-minderung von Herz- und Kreislauferkrankungen darstellenwrde [182]. Im Tierversuch konnte durch geringe Mengen vonanorganischem Hg eine Beeintrchtigung der Herzmuskelzellenbeobachtet werden [183, 184]. Hg konnte auch die Anflligkeitdes Myokards fr virale Infektionen und die Mortalitt erhhen[185]. Berufliche Hg-Exposition geht mit einer erhhten Mortali-tt durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen einher [186]. Amalgamwurde mit Bluthochdruck und Herzerkrankungen in Zusammen-hang gebracht [187].

Multiple SkleroseDie Hufigkeit von Multipler Sklerose (MS) wurde mit der Hu-figkeit von Karies [188, 189] und mit Amalgam in Zusammen-hang gebracht [190, 191]. Manche MS-Epidemien traten nachakuter Exposition mit Quecksilberdampf oder Blei auf [192]. An-organisches Hg fhrte im Tiermodell zu einem Verlust derSchwannschen Zellen, welche die Myelinscheiden aufbauen[193]. Eine autoimmune Pathogenese inklusive Antikrper gegenMyelin Basic Protein (MBP) kann durch Hg und andere Schwer-metalle ausgelst werden [105].

Im Liquor von MS-Patienten wurde in einer Studie eine 7,5facherhhte Konzentration von Quecksilber gefunden [194]. MS-Pa-tienten, die sich nach Ausbruch ihrer Krankheit Amalgamfllun-gen entfernen lieen, hatten weniger Depressionen, feindseligeAggressionen, psychotisches Verhalten und qulende Zwngeals eine vergleichbare Gruppe von MS-Patienten mit Amalgam-fllungen [157]. MS-Patienten hatten nach Amalgamentfernungsignifikant bessere Blutwerte, weniger Depressionen, wenigerSymptome der MS sowie weniger Schbe [195]. Nach einerAmalgamentfernung konnte bei MS-Kranken eine Normalisie-rung der Liquorzusammensetzung anhand der Elektrophoresebeobachtet werden. Dabei verschwanden auch die oligoklonalenBanden im Liquor [196]. Nach Amalgamentfernung wurde einTeil von MS-Patienten geheilt [197, 198]. Es konnte ein nicht sig-nifikanter Zusammenhang zwischen Kariesinzidenz und Anzahlder Amalgamfllungen mit dem MS-Risiko gefunden werden[199, 200]. Bates et al. [201] fanden bei Militrangestellten, wel-che zum Zeitpunkt des Militreintritts gesund waren, nur einleicht erhhtes Risiko bei steigender Amalgamfllungszahl. Al-lerdings wurde kein Vergleich mit einer Kontrollgruppe durch-gefhrt, welche nie mit Amalgam versorgt war [201]. Es ist bei

weiteren Studien darauf zu achten, dass nicht nur der aktuelleZahnstatus, sondern auch die Zahl und die Liegedauer frher vor-handener Amalgamfllungen in Betracht gezogen und als Kon-trollgruppe amalgamfreie Personen herangezogen werden. In ei-nigen Studien wurde nach Amalgamentfernung eine Heilung derMS beobachtet (siehe unten).

Amyotrophe Lateralsklerose (ALS)Quecksilberdampf wird durch Motorneurone aufgenommen [12]und fhrt dort zu vermehrter oxidativer Belastung, was die Ent-wicklung von Motorneuronenerkrankungen wie ALS begns-tigen kann [201, 203]. Fallberichte zeigen einen Zusammenhangzwischen akzidenteller Quecksilberexposition und ALS [204,205]. In Schweden wurde ber eine Frau mit 34 Amalgamfllun-gen und ALS berichtet. Nach Entfernung und Behandlung mit Se-len und Vitamin E wurde sie vllig geheilt [206]. Eine durchQuecksilber und andere Schwermetalle ausgelste autoimmunePathogenese der ALS wird angenommen [105].

Symptome, individuelle Empfindlichkeiten und Heilungsratenbei AmalgamentfernungEs wird berichtet, dass bei einigen Personen (amalgamsensitivePersonen) eine Vielzahl von Beschwerden durch Amalgamfllun-gen ausgelst sein kann. Zu den hufigsten berichteten Sympto-men gehren: chronische Mdigkeit, Kopfschmerzen, Migrne,gesteigerte Infektanflligkeit, Muskelschmerzen, Konzentrations-strungen, Verdauungsbeschwerden, Schlafstrungen, Vergess-lichkeit, Gelenkschmerzen, Depressionen, Herzsensationen, vege-tative Dysregulationen, Stimmungsschwankungen u. v. m. [122,157 159, 195, 197, 207]. Weder Quecksilberwerte in Biomarkernnoch Epicutantests konnten bisher amalgamsensitive vonamalgamresistenten Personen unterscheiden [31, 39]. Es konnteallerdings gezeigt werden, dass Personen unabhngig vom Auftre-ten einer allergischen Hautreaktion mit psychosomatischen Be-schwerden auf einen Allergietest gegenber Amalgam (Epicutan-test) reagieren knnen [208]. Weiterhin reagieren neutrophileGranulozyten bei amalgamsensitiven Personen im Vergleich zuamalgamresistenten Personen unterschiedlich [209] bzw. eskonnten unterschiedliche Aktivitten der Superoxiddismutase ge-funden werden [210]. Es konnte auch gezeigt werden, dass amal-gamsensitive Personen signifikant hufiger das ApolipoproteinE4-Allel aufwiesen als symptomlose Kontrollen [122] und seltenerdas ApoE2. Apo E4 gilt als ein Hauptrisikofaktor fr Alzheimer-De-menz und wird mit einer verminderten Fhigkeit, Schwermetallezu entgiften, in Zusammenhang gebracht, whrend Apo E2 dasAD-Risiko senkt, weil es mglicherweise Schwermetalle besserbinden kann [71, 114, 115, 122, 211].

Andere Forscher fanden bei amalgamsensitiven niedrigere Se-lenspiegel oder eine vernderte Verteilung von Spurenelemen-ten im Blut im Vergleich zu amalgamresistenten Personen[212, 213]. Amalgamsensitive Personen zeigen hufiger Zeicheneiner Sensibilitt gegenber Quecksilber und Nickel in einemspeziellen, validierten Lymphozytentransformations-Test (MELI-SA) [106, 107, 214, 215]. Bei diesem werden Lymphozyten den in-frage kommenden Allergenen exponiert. Bei einer Sensibilittverndern sich die Lymphozyten in charakteristischer Weise.

In Studien mit z.T. hohen Fallzahlen wurde nach Amalgamentfer-nung (meistens mit aufwndigen Schutzmanahmen zur Mini-

Mutter J et al. Amalgam: Eine Risikobewertung Gesundheitswesen 2005; 67: 204 216

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mierung der Quecksilberexposition) ber deutliche Verbesserun-gen des Gesundheitszustands oder Heilungen (mit Ansprechratenvon 65 80 %) der oben angegebenen Beschwerden (u. a. auch MS)berichtet [106, 107, 195 198, 207, 216 221]. Diese Studien sindallerdings in der Regel Beobachtungsstudien ohne Kontrollgruppe.Deswegen knnen Kausalschlsse nur bedingt gezogen werden,sind aber indirekt plausibel aufgrund der langen Vorbeobach-tungszeit, der Hartnckigkeit der Beschwerden und der konvergie-renden Struktur der Daten. Es muss jedoch betont werden, dassStudien mit ausreichender Validitt, also randomisierte Ver-gleichsstudien, noch ausstehen. Andere Autoren halten Amalgamals Ursache fr die oben angegebenen Beschwerden fr sehr un-wahrscheinlich und empfehlen, bei Personen mit vermutetenamalgambedingten Beschwerden nicht eine Amalgamentfernungdurchzufhren, sondern diese psychotherapeutisch oder psychi-atrisch zu therapieren [31, 39, 222, 223], wobei hierfr bisher kei-ne Erfolgsraten publiziert worden sind. Es existiert noch eine Viel-zahl von Berichten ber Beschwerden und Heilungen nachAmalgamentfernung, die z.T. in fremdsprachiger wissenschaftli-cher Literatur oder in sonstigen Zeitschriften und Bchern publi-ziert wurden. Eine Sammlung von wissenschaftlichen Zitaten bis1997 zum Thema Amalgam geben Hamre [217] (1550 Zitate), Was-sermann et al. [224] und Ruprecht [225].

Methodische Fehler bei oft zitierten AmalgamstudienBei einer schwedischen Studie wurden 587 Zwillinge untersucht,wobei 57 Zwillingspaare anhand ihrer Beschwerden in Gruppenmit und ohne Amalgam analysiert wurden [141]. Das Durch-schnittsalter betrug 66 Jahre, 25 % hatten keine Zhne mehr undein nicht angegebener Anteil wies Kronen und Brcken aus an-deren Materialien auf. Personen ohne Zhne oder mit anderenZahnversorgungen wurden als amalgamfrei eingeordnet. DieAmalgamgruppe war in einem signifikant besseren Gesundheits-zustand. Es wurde nicht beachtet, dass amalgamfreie Personen(ohne Zhne oder mit Kronen und Brcken) frher Amalgamfl-lungen aufgewiesen haben knnen und ber eine lngere Zeitamalgamexponiert gewesen sein knnen als die Amalgamgrup-pe. Da Hg in Organen akkumuliert, kann bei dieser Gruppe einehhere Hg-Belastung vorgelegen haben. Weiterhin wurde nichtuntersucht, ob unter Goldfllungen oder Brcken noch Amal-gamfllungen lagen, eine frher gngige Praxis. Zustzlich mussdavon ausgegangen werden, dass Personen mit schlechtemZahnzustand bzw. ohne Zhne (unabhngig von einer mglichengesundheitlichen Beeintrchtigung durch eine frhere Amal-gamexposition) aufgrund frherer kariogener Ernhrung (raf-finierter Zucker, Auszugsmehle) insgesamt einen schlechterenGesundheitszustand aufweisen [226] als Personen, welche imAlter noch ber eigene Zhne verfgen.

Bei einer anderen schwedischen Studie wurden die gleichen me-thodischen Fehler gemacht und keine wirklich amalgamfreieKontrollgruppe als Vergleichsgruppe untersucht [138 140].Hier war das Durchschnittsalter der untersuchten Frauen etwa60 Jahre. In der Nicht-Amalgamgruppe waren Frauen mit 0 4Amalgamfllungen, Frauen ohne Zhne (15%) und Frauen mitwenigen Zhnen oder Brcken, Kronen oder Implantaten. Auchhier war die Amalgamgruppe physisch und psychisch gesnder.Die Mglichkeit, dass die amalgamfreie Gruppe frher eine er-hhte Amalgamexposition und somit erhhte Hg-Konzentratio-nen in ihren Organen aufgewiesen haben kann, wurde nicht in

Betracht gezogen. Anfragen unsererseits an die Autoren, unsden Datensatz zur Reanalyse zur Verfgung zu stellen, wurdennegativ beantwortet.

Auch bei den Studien von Saxe et al. [137, 227] wurden keineamalgamfreien Kontrollgruppen untersucht. Weiterhin zeigtsich auch hier die Tendenz, dass Personen mit weniger Zhnenin Tests schlechter abschnitten [137]. Eine Metaanalyse, wel-che technisch nur eine bersichtsarbeit ist, stellt Amalgam als si-cheres Material dar [58]. Hierbei werden aber als Beweis frdie Unschdlichkeit von Amalgam lediglich erneut die oben be-schriebenen methodisch kritischen Studien angefhrt.

Aufgrund gleicher mittlerer Quecksilberkonzentrationen in Blutund Urin bei Amalgamtrgern, welche ihre Beschwerden auf ihrAmalgam zurckfhrten im Vergleich zu einer Kontrollgruppe,welche Amalgam nicht als Ursache der Beschwerden ansah oderkeine Beschwerden aufwies (bei gleicher Amalgamfllungszahl),wurden in neueren Studien Amalgamfllungen als Ursache die-ser Beschwerden als unwahrscheinlich bewertet [31, 39, 223].Da die Beschwerdegruppe hufiger unter Depressionen oder so-matoformen Schmerzstrungen litt, wurde empfohlen, Patien-ten mit amalgambedingten Beschwerden hauptschlich psychi-atrisch oder psychotherapeutisch zu behandeln [31, 222, 223].Diese Studien wurden aufgrund methodischer Mngel kritisiert[228, 229]. Besonders fragwrdig an diesen Studien ist, dass bei-de Gruppen die gleiche Anzahl Amalgamfllungen aufwiesenund die Quecksilberkonzentrationen in Blut, Urin oder Speichelals Ma der Quecksilberorganbelastung herangezogen wurden(zur fehlenden Korrelation von Hg in Biomonitoren und Organenim Einzelfall siehe oben: Grundlagen). In der Studie von Zimmeret al. [39] und Bailer et al. [223] zeigt die Beschwerdegruppe al-lerdings nicht signifikant unterschiedliche Hg-Konzentrationenin Blut und Urin, was darauf hindeutet, dass diese Gruppe evtl.Probleme hat, Hg aus Amalgam aus dem Krper auszuscheiden[228], hnlich wie die autistischen Kinder