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Netzwerk 2014 Preis 5.00 Euro Magazin • Taiji meets Kleist • Spirituelle Wege im Taijiquan und Qigong • 25 Jahre Prävention • Netzwerken durch Turniere

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Page 1: Netzwerk...nisse im Bereich Taijiquan und Qigong vor, wie etwa die Zuord - nung von Qigongübungen zu den fünf aus der chinesischen Medizin bekannten Konstitutionstypen, das Erleben

Netzwerk2014

Preis 5.00 Euro

Magazin

• Taiji meets Kleist

• Spirituelle Wege im Taijiquan und Qigong

• 25 Jahre Prävention

• Netzwerken durch Turniere

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Taijiquan und Qigong Netzwerk Deutschland e.V.Oberkleener Straße 23 D-35510 Butzbach

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Editorial

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Inhalt

Netzwerkmagazin · 20142

Liebe Leserinnen und Leser,

zu meinem Erstaunen hat dieses Jahr bei mir mit großem Tem-po losgelegt. Ständig waren Termine zu koordinieren, Telefon-konferenzen einzuberufen, Veranstaltungen vorzubereitenund auf dem Schreibtisch stapelten sich die Papiere. Gewöhn-lich ist der Jahresbeginn eine Zeit, in der ich in Ruhe vieles sortieren kann. Nach ein paar Wochen realisierte ich, dass wirnach chinesischem Kalender im Jahr des Pferdes sind. Vielleichterklärt das mein Gefühl einer schnellen Gangart.

Was sind die Themen, die uns im Netzwerk momentan auf Trabhalten, um im Bild zu bleiben? Uns beschäftigt, wie es mit unsund unserem Dachverband weitergeht. Dazu holten wir gleichAnfang des Jahres das Votum der Mitglieder per Online-Umfrage ein. Die große Mehrheit plädierte dafür, die weitereMitgliedschaft im DDQT von der Befragung einer Taiji- und Qigong-Expertenrunde abhängig zu machen. Dieser Prozess istjetzt angestoßen worden. Wir berichten in diesem Heft darü-ber. Was unsere berufspolitischen Interessen angeht, so habenwir in der Deutschen Qigong Gesellschaft eine gute Partneringefunden. Gemeinsam nahmen wir die Überarbeitung des Leit-fadens Prävention zum Anlass, uns beim Spitzenverband derKrankenkassen vorzustellen, auf unsere Qualitätsstandardsaufmerksam zu machen und unsere Wünsche in Bezug auf denLeitfaden einzubringen. Dies erlebten wir als Auftakt einer sehrangenehmen Zusammenarbeit, die wir gern weiter ausbauenwollen.

Gemeinsam besuchten wir die Fachtagung Prävention desKneipp-Bundes im November letzten Jahres in Berlin. Vor demHintergrund, dass die Verabschiedung eines Präventionsgeset-zes in dieser Legislaturperiode in den Koalitionsvertrag auf ge-nommen wurde, haben wir dieses Thema in diesem Heft genauer unter die Lupe genommen. Nicht nur in diesem Zu-sammenhang wird die Qualifizierung und Außendarstellungder Anbieterinnen und Anbieter eine wichtige Rolle spielen.Dazu gehört auch die Kenntnis der für uns zutreffenden Geset-ze. Nun ist das Juristische für die meisten von uns nicht geradedas Thema, das uns mit Euphorie erfüllt und bekanntermaßenrecht sperrig und trocken. Deshalb haben wir Dr. Marie Sich-

termann von Geld & Rosen gebeten, das Heilmittelwerbege-setz für unsere Zunft aufzubereiten und die wichtigsten Infor-mationen herauszufiltern.

Darüber hinaus stellen wir euch persönliche Forschungsergeb-nisse im Bereich Taijiquan und Qigong vor, wie etwa die Zuord-nung von Qigongübungen zu den fünf aus der chinesischenMedizin bekannten Konstitutionstypen, das Erleben von XingyiBagua mit dem Hintergrundwissen eines Motopäden oder derBrückenschlag der daoistischen Fachliteratur zu der der euro-päischen Klassiker.

Wir werfen einen Blick auf das Netzwerk-Symposium im Feb-ruar 2015 zum Thema „Spirituelle Wege im Taijiquan und Qigong“. Es spannt den Bogen von den schamanistischen Wurzeln in allen Kulturen hin zur heilenden Praxis und derenwissenschaftliche Erforschung.

Das Magazin möchte auch spezielle Arbeits- und Erfahrungs-felder darstellen. Dazu gehört u. a. die Arbeit mit Senioren.Divyam Martin-Sommerfeldt leitet seit vielen Jahren Senioren-gruppen und lässt uns an seinen Erfahrungen teilhaben. Überdie Stolpersteine und Fallstricke bei der Herausgabe eines eigenen Buches berichtet Ulf Angerer. In Zeiten des Eigenver-lags ist ja die Hürde ein Buch auf den Markt und an die Leser zubringen ungleich niedriger geworden. Wen es danach drängt,kann vielleicht von den Erfahrungen profitieren.

Apropos Lesen, ich wünsche eine un-terhaltende und inspirierende Lektüreund freue mich über Lesermeinungenund Feedback.

Sonja Blank

Magazin des Taijiquan und QigongNetzwerkes Deutschland e.V.

ChefredakteurinSonja Blank

Redaktionelle MitarbeitDr. Claudia Friedel Annette Maul

GestaltungMartina Schughart, Düsseldorfwww.gestaltungsdinge.de

DruckDas Druckhaus, Beineke DickmannsGmbH Print & Neue MedienIm Hasseldamm 6, 41352 Korschenbroich   

HerausgeberTaijiquan und Qigong NetzwerkDeutschland e.V.Oberkleener Straße 23, D-35510 ButzbachFon: 0700-888 666 55Fax: 0700-888 555 66Mail: [email protected]: www.taijiquan-qigong.de

Einzelpreis: 5,00 Euro

VorstandAnnette Deinzer, [email protected] Dreyer, [email protected] Bauer, [email protected]

EhrenmitgliedWilhelm MertensMartin Ritter

Beiträge an:Sonja BlankOberkleener Straße, 2335510 ButzbachFon: 06 447-88 59 37Mail: [email protected]

Titelfoto:Ulrike Hoffmann und Petra Wanke

© Copyright by Taijiquan und QigongNetzwerk Deutschland e.V.

Die einzelnen Beiträge geben nicht unbedingt dieMeinung der Redaktion wieder.

Bildnachweis: Titel Loni Liebermann, Nordstr. 71,52134 Herzogenrath, Fon 02407 17409 Fotolia, Shutterstock, Deutsche Qigong Gesell-schaft e. V., Divyam de Martin-Sommerfeldt, Loni Liebermann, Martina Schughart, Thomas Huber, Netzwerk-Archiv, Archive der Autoren.

ImpressumEditorial ..................................................................................................................................... 3

Fachliches

Taiji meets Kleist · Axel Dreyer.............................................................................................4

Die fünf Konstitutionstypen · Ulrike Hoffmann ............................................................6

Verfeinerung der Taiji-Praxis –Achsen, Löcher und andere Merkwürdigkeiten · Epi van de Pol ..............................10

Xing Yi Bagua als motopädische Selbsterfahrung · Georg Nedeltschew ..............15

Qigong mit Senioren von · Divyam Martin Sommerfeld ...........................................18

Der Körper als Einheit und Basis –Das Yi Jin Jing Qigong · von André Stroh ........................................................................20

Taijiquan und Qigong als spirituelle Wege – Interview .............................................20

Qigong-Forschungen in China · Prof. Yiji Zhu ...............................................................27

Wissenswertes zur Berufspraxis

25 Jahre Prävention – Blick zurück und nach vorn · Sonja Blank ...............................31

Das reformierte Heilmittelwerbegesetz · Dr. Marie Sichtermann ...........................35

Die Zentrale Prüfungsstelle der Krankenkassen ..........................................................38

Vereinsinternes

Die Deutsche Qigong Gesellschaft · Anja Streiter und Antje Schnessing-Schneeberg .........................................................39

Wie geht es weiter mit dem Dachverband? .................................................................42

Zertifizierung – Neue Zertifikate mit Qualitätssiegel ................................................44

Aufbau der Webseite geht voran · Stephan Kölzow....................................................44

Netzwerker in Aktion

Regionalarbeit .......................................................................................................................46

Wie schreibe ich ein Buch? · Ulf Angerer .......................................................................50

Netzwerken durch Turniere · Jan Leminsky ....................................................................52

Taijiquan und Qigong auf der Internationalen Gartenschau ...................................54

Poetisches

Die Reise in den Westen .....................................................................................................55

Netzwerkmagazin

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Fachliches

sich beim Erlernen der Taiji-Bewegungenein wenig unbeholfen vorkommen. Tat-sache ist, wir bewegen uns als Erwachse-ne in der Regel nicht mehr frei und na-türlich, wir „sind zuviel im Kopf.“ Wennwir versuchen, uns die Bewegungsabläu-fe mittels unserer linken Gehirnhälfte zumerken, ist es nicht verwunderlich, dassuns selbst einfache Bewegungen plötz-lich kompliziert vorkommen. Aber Ver-wirrung und Unsicherheit gehören zumLernen dazu.

Die ersten Schritte wirken unkoordiniert;erst durch bewusste Steuerung, werdendie Bewegungen allmählich harmoni-scher, um schließlich, nach vielen Jahrendes Übens, mühelos und natürlich zu wir-ken. Hauptsächlich geht es darum, diementalen und physischen Blockaden zureduzieren, die durch Konditionierungenentstehen und dadurch die ursprüngli-che Integrität wiederherzustellen. Be-reits vor 200 Jahren hat Kleist in seinemMarionettentheater die Ausschließlich-keit des Rationalen in Frage gestellt unddie notwendige Ergänzung durch ein um-fassenderes Bewusstsein betont.

In Kleists Erzählung berichtet ein nichtnäher bezeichneter Herr von seiner Be-gegnung mit Herrn C, von dem wir im-merhin erfahren, dass er erster Tänzerder Oper in M ist. Anlass ihrer Unterhal-tung ist ein Marionettentheater, das bei-de besucht haben. Herr C ist begeistertüber die Anmut mit der sich die Mario-netten bewegen, da sie sich nicht andersverhalten könnten, als sich aus ihremSchwerpunkt heraus zu bewegen. Tänzerhingegen wären immer auch auf Außen-wirkung bedacht, wodurch ihre Bewe-gungen oft etwas Unnatürliches und Ge-künsteltes bekämen. Daraufhin berich-tet der anonyme Erzähler, wie er voreinigen Jahren mit einem jungen Mann,der gerade die erste Aufmerksamkeit derFrauen auf sich zog, beim Baden war. Derjunge Mann bewegte sich mit großer An-mut, ohne sich dessen bewusst zu sein.Als er seinen Fuß auf einen Schemel setz-te, um ihn abzutrocknen, erinnerte ihndiese Pose an den „Dornauszieher“, eineberühmte antike Bronzestatue. Dieser

Vergleich gefiel ihm und er wiederholtedie Bewegung, aber alle seine Versuche,dieselbe Bewegung wieder hervorzu-bringen schlugen fehl, sie wirkten ge-ziert, fast lächerlich. In diesem Momenthatte er seine Unschuld verloren, jenenparadiesischen Zustand, in dem wir aufeine unbewusste Weise eins sind mit unsund der Welt. Er hatte vom Baum der Er-kenntnis gegessen, ab jetzt wusste ervon Gut und Böse, das Rad des Lebenshatte sich für ihn unwiederbringlich inGang gesetzt. Er konnte nicht mehr zu-rück, denn der Eingang zum Paradies warverschlossen. Wir alle sind aus dem Para-dies, dem Reich des Absoluten vertriebenworden. Nun müssen wir Erfahrungensammeln in der Welt der Gegensätzeund den Weg der Erkenntnis und des Be-wusstseins bis zu Ende gehen, um einesTages zur Einheit zurückkehren zu kön-nen. Dann aber erleben wir diese Einheitnicht mehr wie einen Traum, sondern wirhaben unser Bewusstsein sehr verfeinertund ins Unendliche ausgeweitet, wie esim Marionettentheater heißt.

Wir kennen ähnliche Geschichten vonZhuangzi oder Liezi (Der Koch, Der Holz-schnitzer, Der wahre Mensch und derSinn, Der Alte am Wasserfall …) und auchin der Taiji-Literatur finden wir vergleich-bare Aussagen:

Wenn wir unsere Festigkeit und Überan-spannung loslassen wollen, unterschei-den wir im Taiji drei Phasen: Entspan-nen – Sinken – Leeren. Äußere Entspan-nung bezieht sich auf die Muskulatur,der Körper ist locker. Sinken und Leerenumfassen die emotionale und mentaleEntspannung – wir sprechen von innererEntspannung. Der Prozess des Sinkensbeginnt damit, dass unser Alltagsgeist(unser oberflächlicher Geist), mit demwir all unsere alltäglichen Aufgabenmeistern, seine Intention aufgibt undkeine Kontrolle mehr über den Körperausübt. Leere tritt auf, sobald das Sinkensein Limit erreicht. Der Geist ist zwarvollständig mit dem Körper verbunden -aber ohne jede Intention. In diesem Sta-dium sind wir empfänglich für unseren

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Fachliches

ist Kunst? Kunst, so heißt es, setzt Kön-nen voraus. Die Stufe des Könnens musseinen Grad erreicht haben, der das Kön-nen immer wieder in überzeugenderWeise zum Ausdruck bringt und nicht alsZufallsprodukt erscheinen lässt. Aber diehandwerklichen Fähigkeiten müssengeistig-seelisch durchdrungen sein,wenn es um mehr als eine perfekte Tech-nik geht. Für einen daoistischen Künstlerbeispielsweise war der schöpferischeProzess mit außergewöhnlichen Konse-quenzen verknüpft.

„Sage mir, was ist das Geheimnis deinerKunst?“, fragt der Fürst von Lu einenHolzschnitzer und dieser antwortet: ...„ich achte auf die Erhaltung meiner Vi-talkraft. Erst bringe ich mein Gemüt zuvollkommener Ruhe ... Wenn ich keinenGedanken an Gewinn mehr im Sinnhabe, dann wird meine Kunst konzen-triert und alles Störende von Außen fälltweg." (1)�Das Ich des Holzschnitzers, dasdurch seinen Ehrgeiz, dem Wunsch zubrillieren oder auch der Angst zu versa-gen, seiner künstlerischen Arbeit im Wegsteht, tritt in den Hintergrund. Ein Künst-ler hat immer zwei Gestaltungsaufga-ben, sein Werk und sich selbst. Man kanneine Technik überzeugend beherrschen,ohne sich selbst beherrschen zu können.Wenn aber die geistig-seelische Entwick-lung eines Menschen hinter seinen tech-nischen Fertigkeiten zurückbleibt, ver-sagt im entscheidenden Augenblick oftauch sein Können.

Heinrich von Kleist (1777-1811) hat diesesThema in seinem Aufsatz „Über das Mario -nettentheater“ auf eindrucksvolle Weiseaufgegriffen. In dieser nur wenige Seitenlangen Erzählung, die mit zum Bestengehört, was ich je über Taiji gelesen habe,schreibt er über den Zusammenhangvon Körper, Geist und Bewegung, überAnmut, Unverstelltheit, Natürlichkeitund den Weg der Erkenntnis und des Be-wusstseins.

Hin und wieder zitiere ich Passagen ausdem Marionettentheater in meinem Un-terricht, wenn ich den Eindruck habe, dieSchülerInnen brauchen Trost, weil sie

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Taiji meets KleistVon Axel Dreyer

„Wer sich selbst und andre kennt,Wird auch hier erkennen:

Orient und OkzidentSind nicht mehr zu trennen.

Sinnig zwischen beiden WeltenSich zu wiegen, lass ich gelten;Also zwischen Ost und Westen

Sich bewegen, sei’s zum besten.“Goethe

Für einen Abendländer ist es nicht leicht,sich in die chinesische Kultur hineinzu-fühlen, wie es umgekehrt natürlich auchfür Chinesen eine Herausforderung dar-stellt, sich in unserer Kultur zurechtzu-finden. Bald nachdem ich 1978 Taiji ken-nenlernte, wollte ich die fremde Welt, diesich vor mir auftat, besser verstehen. Ab-gesehen von Taiji-Literatur las ich daois-tische Klassiker wie Laodse und Zhuang-zi, Gedichte von Li Bai (auch bekannt alsLi Po) und anderen. Gleichzeitig erarbei-tete ich damals zusammen mit meinemRezitationspartner verschiedenste Ge-dichtprogramme aus dem reichen Fun-dus der deutschen Literatur, die wir vorinteressiertem Publikum aufführten. Eslag nahe, zu untersuchen, ob sich Taiji-

und F.M. Alexander-Technik-Ideen (eineweitere körpergeist-orientierte Metho-de, die ich erlernt hatte) in daoistischenTexten und bei deutschen Dichtern wie-derfinden. Das Ergebnis war mein erstesSoloprogramm „Blütenland und Abend-land“, das vor 20 Jahren Premiere hatte.

Ich nehme an, dieser Hintergrund be-rechtigt mich, zum diesjährigen Festival-Motto des Netzwerkes „Taiji, Qigong undandere Künste – Brückenschlag zwi-schen Fernost und Abendland“ einenkleinen schriftlichen Beitrag zu leisten.

Wenn wir Taiji und Qigong zu den Küns-ten zählen, ist es notwendig, dass wiruns wenigstens ansatzweise fragen, was

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Fachliches

gewöhnliche Kleidung. Ihre Lebhaftig-keit kann zu übermäßiger Schnelligkeitführen. Probleme kommen durch über-mäßige Begeisterung, die zu stark be-schleunigt und zu Übererregtheit führt.Sie werden z.B. von einer Idee fasziniertund davon übermäßig in Besitz genom-men. Bisweilen neigen sie dann zu fana-tischen Überreaktionen. Sie sind extro-vertiert, egozentrisch und treten in jedesFettnäpfchen. Verletzungen ihres Her-zens führen zu emotionalem Rückzug,mit einem verschlossenen Herzen bis hinzur „Herzpanzerung“.(1)

Der Feuer-Mensch ist ein Spieler. Er lebtfür sein Spiel und liebt Sportarten undBühnen, auf denen er sich so richtig prä-sentieren kann. Er leitet entsprechendeAuftritte ein, wächst, wenn es darauf ankommt, über sich hinaus und führt sie zueinem guten Erfolg. Er will aber auch im-mer im Mittelpunkt stehen und liebt es,wenn alle Augen auf ihn gerichtet sind.Er kann andere Menschen begeisternund man folgt ihm gern nach. (2)

Ein schönes Beispiel aus der Märchen-welt ist Hans im Glück. Er ist ein Glücks-kind und bekommt für seine guten Leis-tungen einen Klumpen Gold. Durch seinsonniges Gemüt, seinen Spieltrieb undseine Leichtgläubigkeit lässt er sich aufmerkwürdige Tauschgeschäfte ein undmerkt gar nicht, dass er immer mehr ver-liert. Genauso verausgabt sich auch derFeuertyp und merkt es nicht einmal.Auch Till Eulenspiegel ist ein gutes Bei-spiel für das Element Feuer. Er ist einSpieler ohne an die Gefahren zu denken.Er ist stark und wendig.

Der Spieler lebt von der Strahlkraft desFeuers. Aber genau da liegt auch seinProblem. Lebt er über seine Kräfte hi-naus, verbrennt er zu schnell. Er wirdüberheblich, setzt sich über Regeln hin-weg und verliert die Bodenhaftung.Früher oder später ist der Spieler ausge-brannt. Er kann sich über nichts mehrfreuen, wird hektisch und nervös. Stressund Übererregtheit brennen ihn nochschneller aus und schwächen sein Herz.Der Spieler bräuchte Erholungsphasen,aber genau die gönnt er sich nicht, denner ist doch immer der Strahler. (2)

Der Erde Magen Typ

Menschen vom Erdetyp sind körperori-entiert, rundlich, robust, oft gut ge-nährt mit runden Waden und rundemGesicht. Sie genießen gutes Essen, ko-chen gern, sind gastlich, freundlich,nährend, warm und weich. Ihr Lebens-motto: Andere versorgen. Bei Störun-gen nehmen sie leicht an Gewicht zu,neigen zu Übergewicht und könnenhäufig teigige Ödeme entwickeln.

Flüssigkeitsansammlungen sind ihrgroßes Problem, auch in Form vonSchleim, der trübe und unklar werdenkann. Ihre Gedanken sind dann lang-sam, unklar bzw. konfus, sie können nurschwer Entscheidungen treffen undkommen leicht in eine Opferhaltung.Im-Kreis-Denken, Sich-Sorgen und Grü-beln sind die Folge diffuser, trüber Ener-giemuster, die auch geistig verlangsa-men.(1)

Der Erdetyp hat als Vermittler zwischenallen anderen Elementen eine zentraleRolle. Er verbindet und gleicht aus. Erde-typen achten darauf, dass das Gleichge-wicht zwischen allen gewahrt bleibt.Dann erlebt er sich als Teil des großenGanzen. Der Erdetyp schwingt rhyth-misch mit und hat das Gefühl für denrichtigen Augenblick. Der Erdetyp bleibtgern im „Grünen Bereich“ und möchteimmer gebraucht werden. Mit seiner ver-mittelnden Art schafft er eine gute At-mosphäre und es gelingt ihm, Schwierig-keiten im Guten zu lösen. Konflikte sindihm ein Gräuel: Nur in einer guten Atmo-sphäre kann er sich entspannen und seinSelbstbewusstsein stärken. (2)

Ein typisches Beispiel für den Erdetypenaus dem Märchen ist für mich Frau Holle.Sie sitzt in den Wolken und schüttelt dieBetten, damit wir uns auf der Erde freu-en können. Um zu ihr zu gelangen, mussman in einen Brunnen fallen. Also in dieErde gehen, um in den Himmel zu gelan-gen. Sie verkörpert die beiden Gegen-

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Fachliches

Herzgeist (chinesisch: Xin), der die Brü-cke zum universellen Bewusstsein dar-stellt. Selbst wenn wir in einem gutenTaiji-Übungszustand sind, also mit unse-rer Tiefendimension in Kontakt sind,werden in der Regel immer noch Anteileunseres oberflächlichen Geistes mit allseinen Intentionen vorhanden sein. Indem Maße wie es uns gelingt, die Inten-tion des oberflächlichen Geistes zu redu-zieren, wird die Intention des Herzgeis-tes stärker werden und die Kontrolleüber den Körper übernehmen.

Shi Ming und Siao Weijia schreiben in ih-rem Buch „Wie Weiches über Hartes siegt“etwas Vergleichbares: „Mit der gleichzei-tigen Verfeinerung und Nutzung vonGeist und Körper ist das höchste Ziel derBewusstseinsverfeinerung aber nochnicht erreicht. Auf einer höheren Stufegilt es, sich des Bewusstseins zu bedie-

nen und nicht mehr der physischen Kraftund auf einem noch höheren Niveauwird selbst das Bewusstsein nicht mehrgebraucht. Deshalb ist es nötig, die be-wusste Absicht auszuschalten, um sichin einem System zurechtzufinden, dasdie totale Wahrnehmung von übernor-malem, mentalem und physischem Seingestattet. Diese letzte Stufe ist diehöchste Ausprägung der Koordination,über die es heißt, das Unbeabsichtigtesei das Allerhöchste und Bewusstseinohne bewusste Absicht sei das wahre Be-wusstsein.“ (2)�

„Zunächst bewege dich bewusst, späternatürlich“, dieser Satz, den ich irgendwomal im Zusammenhang mit Taiji gelesenhabe, markiert kurz und bündig sowohlden Tenor meines kurzen Beitrages alsauch meines Rezitationsprogrammes.Kulturunabhängig existiert so etwas wie

ein gemeinsames Gedankengut, das vongeistig hochentwickelten Menschen zuihrer Zeit immer wieder neu formuliertwird. Ob Rilke, Brecht, Morgenstern oderLaodse, was uns als Essenz ihres Denkensund ihrer Erfahrung überliefert wurde,klingt oft sehr verwandt.

Quellennachweis1) Zhuangzi. Das wahre Buch vom südlichen Blüten-

land, Der Holzschnitzer, Diederichs-Verlag, München 1988, S. 203

2) Shi Ming, Siao Weijia. Wie Weiches über Hartessiegt. Braunschweig, Aurum-Verlag. 1998, S. 58

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Axel Dreyer ist Ausbilder und Lehrer für Taijiquan, Lehrer für Qigong, F.M. Alexander-Technik und Releasing. Seine Schule ist in Freiburg/Breisgau. Sein Hörbuch „Blütenland und Abend-land“ wird 2014 erscheinen und ist überden Autor bestellbar.

Der Autor

Jeder kennt eine kleine feine Qigong-Übungsreihe, die er gern für sich odermit anderen übt. Weil sie so schön kurzist, weil sie sich im „normalen“ Unter-richt einfügt oder aus einem anderenGrund. Ich kenne da so einige und ichentdecke immer mehr Parallelen zu an-deren Übungsreihen. Meine liebste istdas Taiji Yang Sheng Gong. Diese Übungs-

reihe besteht aus fünf Bewegungen. Siesind den fünf Elementen und somit denfünf Organen zugeordnet. Die erste Be-wegung auf das Herz (Feuer) und dieletzte Bewegung auf die Niere (Wasser)bezogen, sind dabei von besonderer Be-deutung. Das Herz steht in der Traditio-nellen Chinesischen Medizin für den Be-reich der Emotionen und die Nieren sind

der Sitz unserer angeborenen Energie. Inder chinesischen Medizin sind nach denFünf Elementen auch fünf Konstitutions-typen bekannt. Man unterscheidet sienach ihrem Körperbau, ihren Vorliebenund auch ihrem Charakter. Ich werde imFolgenden die Konstitutionstypen be-schreiben. Dabei richte ich mich nichtnach der Reihenfolge der Wandlungs-phasen, sondern nach der der Bewegun-gen des Taiji Yangsheng Gong.

Der Feuer Herz Typ

Herz-Konstitutionstypen sind lebendigeverspielte Menschen mit leuchtenden,funkelnden Augen. Charakteristisch fürsie ist ein hohes Maß an Toleranz, zudemsind sie sehr mitfühlend, herzlich und lie-bevoll. Herztypen haben eine anziehen-de Ausstrahlung und sind oft freudig er-regt. Sie haben Sommersprossen, Grüb-chen, reden mit den Händen; sie sindbegeisterungsfähig und tragen oft außer-

Die fünf KonstitutionstypenVon Ulrike Hoffmann

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Fachliches

Die Prinzessin auf der Erbse kann hier alsBeispiel aus der Märchenwelt dienen. Sieist so empfindsam, dass sie sogar eineErbse unter vielen Matratzen spürenkann. Das können nur wahre Prinzessin-nen - Menschen mit viel Zartgefühl.

Der Metalltyp vermeidet möglichst jedeArt der körperlichen Auseinanderset-zung. Er möchte sich frei entfalten unddabei keinerlei Behinderungen durchAußen erleben müssen. Er ist ein Perfek-tionist und überlässt nichts dem Zufall.Alles muss genauestens durchdacht unddurchforscht werden. Er muss alles imGriff haben und lässt sich dabei von sei-nen festen Prinzipien und Gesetzen lei-ten. Er muss immer den Überblick behal-ten und systematisch vorgehen. Wennetwas nicht funktioniert, kann er wert-volle Hinweise und Tipps geben, um dieOrdnung wieder herzustellen. Dabei ister ein guter Schiedsrichter. Sein unbe-stechliches Beharren auf Regeln gibt Si-cherheit und Halt. Bei ihm können Sie je-der Zeit Rat bekommen, denn er wirdsich Ihre Situation von allen Seiten ge-nauestens betrachten und erforschen.

Das Bestreben nach Ordnung und Si-cherheit kann den Metalltypen aberauch hemmen. Dauernd stellt er Fragennach Warum, Wieso und Weshalb. Eskann sehr anstrengend und zwanghaftwerden, immer den Überblick zu bewah-ren. Aus seiner Vogelperspektive wirktder Metalltyp distanziert und unnahbar.Er wirkt oft kühl und reserviert undbraucht viel Energie, die bald aufge-braucht ist. Dann wird der Metalltyp un-konzentriert. Es unterlaufen ihm Fehlerund das macht ihn nur noch deprimier-ter. Körperlich fühlt er sich dann steif undungelenk. Ihm ist oft kühl – vor allem anHänden und Füßen. (2)

Der Wasser Niere Typ

Wasser-Konstitutionstypen sind groß,breitschultrig, haben oft ein breites Be-cken, große Knochen, kräftiges Kinn, gro-ße Ohren, also eine kräftige Konstitution.Sie haben viel persönliche Kraft, strahlenRuhe aus, haben ein starkes Ich und sind

willensstark. Typischerweise sind sie ru-hig, langsam, stoisch, wenig in Bewe-gung, wirken manchmal starr. Sie leidenaber auch an Existenzängsten und sindmit ihren Gefühlen zurückhaltend.

Durch ihre ruhige gelassene Art erholensie sich gut bei Überanstrengung. Dieausgeprägte Willensstärke bedingt einedeutliche Unabhängigkeit von wechsel-haften Entwicklungen ihrer Umwelt. Siekönnen leicht komplexe Gegebenheitenund Strukturen erkennen und überschau-en. Mit ihren „starken Nieren“ sind siesehr regenerationsfähig. Trotzdem wer-den sie bei übermäßiger Tätigkeit schwä-cher, dies kann zu Steifigkeit bzw. Starreführen. Häufig sitzen sie Situationen ausund werden zunehmend körperlich undpsychisch starrer. Angst kann sie starklähmen und verstärkt ihre Steifigkeit. (1)

Ein wahrer Vertreter des Wassertypen istGandalf aus dem Klassiker „Herr der Rin-ge“. Ihn erschüttert wirklich nichts und

selbst aus dem scheinbaren Tod geht erals Sieger hervor und verwandelt sichnoch in Gandalf, den Weisen. Der Was-sertyp ist von seinem Naturell her einPhilosoph und immer bemüht, ordnendePrinzipien zu verstehen und sich dann inihnen zu üben. Dazu braucht er Zeit. Un-ter Druck geht das nicht. Immer wiederübt er so lange, bis er alles verstandenhat. Er will den Dingen eben auf denGrund gehen und ist ein Einzelkämpfer.In einer Gruppe fühlt er sich bedrängtund versucht, dieser aus dem Weg zu ge-hen. Dabei wirkt er manchmal eigensin-nig und arrogant. Es geht ihm nicht da-rum, der Beste zu sein – sondern einzigdarum, sein volles Potential auszuschöp-fen. Dazu ist ihm kein Weg zu lang undkein Berg zu hoch. Geduldig geht er wei-ter, bis er sein Ziel erreicht hat. Dannzieht er sich zurück, um zu regenerieren,alles zu überdenken und sich ein neuesZiel zu suchen.

Der Wassertyp ist ein guter Ratgeber. Beiihm können Sie sich sicher fühlen. An-statt immer eine Lösung parat zu haben,hilft er Ihnen, den für Sie passenden Lö-sungsweg selbst zu finden. Es ist für ihnganz selbstverständlich, den Dingen ih-ren Lauf zu lassen und hinter demscheinbaren Chaos ein ordnendes Prin-zip zu erkennen. Manchmal aber setzt ersich auch über Naturgesetze hinweg undhandelt so, wie er es für richtig hält. Da-bei scheut er auch keine Auseinander-setzung. (2)

Quellennachweis1) Gabriele Stux, Akupunktur, 1998,

Springer Verlag, 5. Auflage

2) Dieter Mayer, Typgerecht Trainieren mit der Bewegungslehre nach den Fünf Elementen, 2010, Norderstedt, Book on Demand GmbH, 1. Auflage

Ulrike Hoffmann, Taiji Yang Sheng Gong, 2013,SelbstverlagFotos: Tobias Ritter und Ulrike Hoffmann

9Netzwerkmagazin · 2014

Fachliches

sätze Yin und Yang. Zu ihr kommen diefaule Marie und die fleißige Marie. Nach-dem sie sich alles genau betrachtet hatund beide Gegensätze beurteilt hat,kommen beide wieder auf die Erde zu-rück. In der chinesischen Philosophiesagt man: Der Mensch ist der Mittlerzwischen Himmel und Erde.

Wenn der Erdetyp übertreibt, neigt erdazu, andere mit seiner Versorgung zuüberrennen. Er beginnt, für andere mitzu denken, was sich etwas impulsivereCharaktere, z.B. der Holztyp, nicht langegefallen lassen. Das Überversorgen raubtdem Erdetypen aber zu viel seiner Kraft.Bricht er ein, dann neigt er dazu, zu ver-langsamen und träge zu werden. Er wirdübellaunig, mutlos und launenhaft. (2)

Der Holz Leber Typ

Holz-Konstitutionstypen sind energiege-laden, immer in Bewegung, haben kräf-tig ausgeprägte Muskulatur, ein ovaleskieferbetontes Gesicht, oft buschige Au-

genbrauen und eine dunkle Haut. Sie zei-gen einen starken Bewegungsdrang, trei-ben intensiv Sport, sind emotional undleidenschaftlich, haben ausgesprochenviel Vitalität. Sie sind ein großer Baumoder ein kleiner Busch. Sie sind häufig dieMacher, die alles in Bewegung haltenwollen und es auch oft tun. Mit ihren fes-ten Lebenseinstellungen bzw. Lebens-mustern dominieren sie andere Men-schen. Ihr Lebensmotto ist: Ich mache.

Ihr Problem ist die Stagnation im Flie-ßen ihrer Vitalität, Emotionen werdennicht ausgelebt und dann gehalten.Frustration, aber auch Zorn und Wutsind dann die Folge. Übermäßige Leber-Yang-Aktivität führt zu Erschöpfung,Müdigkeit bzw. Burn-out, ein typischesStörungsmuster für die Leber-Konstitu-tionstypen. (1)

Der Lebertyp ist ein Kämpfer, der esbraucht, einen Gegner niederringen zukönnen. Er braucht den Kampf als seineTriebfeder. Denken Sie an den berühm-ten Satz für Jan Ulrich bei der Tour deFrance: „Quäl dich, du Sau!“. Das tut derKämpfer gern. Er braucht es, um seineangestaute Leberenergie los zu werden.

Und da liegt auch das Problem: Kann erdie von ihm selbst geforderten Leistun-gen nicht mehr bringen, weil er sich zusehr geschunden und nicht auf ausrei-chende Ruhepausen geachtet hat, danngreift der Lebertyp zu Drogen, Aufputsch-mitteln oder Alkohol. Oder er neigt zuspontanen Wutausbrüchen, weil er aus-gebremst wird z.B. durch eine Verletzung,einen Schiedsrichter oder durch einenChef, der es wagt anderer Meinung zusein. Eine Auszeit ist ihm ein Gräuel. Dannfühlt er sich angespannt, neigt zu Kopf-schmerzen und der sonst so belastbareMensch ist ausgelaugt und seine Mus-keln und Gelenke schmerzen. (2)

Ein Beispiel aus der Märchenwelt ist: „Ei-ner der auszog, das Fürchten zu lernen“.Unser Held fürchtet sich vor nichts. Ergeht mit dem Kopf durch die Wand undgewinnt dabei immer auch gegen dieschlimmsten Geister.

Der Metall Lungen TypMenschen vom Lungen-Typ sind zart-gliedrig, dünn, sensibel. Sie haben helleweiche feine Haut und Haare. Sie habendas Gefühl, falsch in dieser Welt zu sein.Ihr Lebensmotto ist: Ich strebe nach et-was. Sie haben eine ausgesprochen dif-ferenzierte Wahrnehmung. Sie sind mi-nutiös, detailorientiert und lieben Ge-nauigkeit. Ihre Wahrnehmung und ihranalytisches Denken sind hoch entwi-ckelt. Sie beobachten, nehmen genauwahr und spüren sehr fein. Sie nehmenoft ihre Sensibilität nicht als positiveQualität wahr, sondern als Verletzlich-keit und sind deshalb zurückhaltend,schüchtern oder erscheinen kühl unddistanziert. Metalltypen benutzen Spra-che um zu verletzen.

Sensible zarte Metalltypen werden oftvon dynamischen Holztypen überfahrenund dominiert und verstecken sich psy-chisch. Distanz und Rückzug sind ihre Re-aktionsmuster. Metall-Typen neigen zuTraurigkeit und haben die Tendenz nichtim Körper, in Gefühlen, sondern in detail-orientierten Denkmustern zu sein. Ofthaben sie eine kritische Lebenseinstel-lung und neigen zu Essstörungen. (1)

Netzwerkmagazin · 20148

Ulrike Hoffmann ist Lehrerin für Taijiquan,Qigong und Körperarbeit, Gesundheits-

managerin in Halle/Saale. Derzeit arbeitetsie an einem Forschungsprojekt der UniHalle zum Thema Taiji mit älteren Herzpatienten mit. www.taijigong.de

Die Autorin

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Fachliches

Hände und Füße werden warm. DerRumpf fängt an zu entspannen. Lang-sam kommt eine Ahnung, was mit „Sin-ken” gemeint ist, indem man über denKörper versteht, was sich deutlich von in-tellektuellem Verstehen unterscheidet.Im Push-Hands jedoch ist das noch nichtzu spüren, weil das Ego und das Wollenim Weg sind. Kraft wird noch mit Kraftbeantwortet, selbst man das eigentlichnicht mehr will. Struktur zu behaltenund gleichzeitig locker zu lassen wird er-neut zum Problem. Die Push-Hands-Ab-läufe werden wichtig, um die Handformzu verstehen und was man in der Solo-Handform neu erlernt und tiefer erfährt,wird benutzt, um die Push-Hands-Abläu-fe besser zu verstehen.

Allmählich wird die äußere Form zu einerinneren: Man fängt an Taijiquan zu lernen.Einige Sätze in den klassischen Textenwerden deutlicher und wichtig, währendandere einem noch immer als unver-ständlicher, aber interessanter poeti-scher Unsinn erscheinen. Man ist aufdem langen Weg, Taijiquan im Körperund Geist zu entwickeln. Zuerst lerntman, den Körper in einer Stil abhängigenChoreographie zu bewegen. Dann kommtdie Entspannung dazu und wichtiger alsdie äußere Bewegung wird es, in jedemMoment locker zu lassen.

Das Gleichgewicht in Harmonie mit derSchwerkraft zu halten, wird interessant,weil es ohne diese Kombination nichtwirklich möglich ist, den Körper kom-plett locker zu lassen. Denn Kämpfen ge-gen die Schwerkraft bedeutet Kontrakti-on von vielen Muskeln. Nur die Aufmerk-samkeit auf die Schwerkraft macht esmöglich, das Gewicht vom Kopf in denFüßen zu erfahren. Ich nenne das die „passive Schwerkraft“,weil es nur der Fokussierung bedarf, um

die Beziehung von oben nach unten in al-len Körperteilen zu erfahren. Um aktivmit der Schwerkraft arbeiten zu können,braucht man das zuvor genannte Sinken.Während dieser passiven Ausrichtungauf die Schwerkraft entsteht eine Wellevon Entspannung, die idealerweise inden Füßen beginnt. Diese nach oben ge-hende Welle von Entspannung initiierteine nach unten gehende (sinkende)spürbare Bewegung innerhalb der Kör-perstruktur, was in der chinesischen Ter-minologie das Bewegen von Qi genanntwird.

Die Füße sind am Anfang wichtig. Es gehtum die gleichmäßige Gewichtsvertei-lung über die Kontaktpunkte mit demBoden. Dann um das locker Lassen, sodass man weniger Druck auf den Fuß-sohlen empfindet und später, wenn das

Sinken besser verstanden wird, entstehtein Gefühl als ob die Füße im Boden ver-schwinden. Das heißt Wurzeln. Das Sin-ken wird dann mehr durch die Leistenund das Steißbein empfunden und we-niger durch die Beine. Der Raum zwi-schen den Beinen wird wichtig und manbekommt durch den Prozess von Ent-spannung und Sinken ein Gefühl für„Leere” (emptiness). Damit ist wieder soein komisches Wort aus den klassischenTexten zugänglich geworden. Um denPartner ins Leere zu ziehen, braucht es ei-nen weiteren Schritt im Verstehen undNutzen von Nachgeben (yielding) undSinken im Push-Hands. Von Zheng Man-qing sagten seine direkten Schüler in denvielen Interviews, die ich mit ihnenmachte, dass man seine Kleidung berüh-ren konnte, aber nicht seinen Körper, ob-wohl sein Körper deutlich da war. HuangSheng Shyan, einer seiner berühmtestenSchüler, drückte es so aus: Die Fähigkeit,einen anderen ins Leere ziehen zu kön-nen, zeigt den deutlichsten Unterschiedeiner inneren sanften Kampfkunst zu ei-ner äußeren harten. Die Ausrichtung inHarmonie mit der Schwerkraft macht esauch möglich, innerhalb einer Bewe-

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Fachliches

Netzwerkmagazin · 201410

m Anfang lernt man die Form und je nach Taijischule auch ein paar Push-Hands- Abläufe. Man kann das noch nicht wirklich Taijiquan nennen, weildie inneren Taiji-Prinzipien noch nicht verstanden werden. Mit der Zeitbraucht die äußere Bewegung nicht mehr so starke Aufmerksamkeit und

so kann man sich darauf konzentrieren, was von innen passiert. Entspannung wirdwichtiger, man beginnt auch in den Übergängen von einer Position zur anderen Span-nung zu bemerken und diese unnötige Spannung wegfließen zu lassen.

AVon Epi van de Pol

Verfeinerung der Taiji-Praxis Achsen, Löcher und andere Merkwürdigkeiten

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Fachliches

alltäglichen Art sich zu bewegen zumBewegungsimpuls aus einer tieferen Re-gion im Geist. Ich vergleiche das damit,ein Pendel durch einen Impuls der Handzu bewegen, wobei man die Hand nichtbewusst bewegt und das Pendel trotz-dem nur durch das Wollen oder durch Vi-sualisierung in Bewegung kommt. Na-türlich bewegt die Hand sich dabei auchein kleines bisschen, aber die Qualitätder Bewegung ist anders und das lässtsich im fortgeschrittenen Taijiquan sehrdeutlich unterscheiden.

Zuerst lässt man eine Intention von Sin-ken durch den Körper gehen, z. B. vonoben nach unten. Diese Intention oderVisualisierung muss so stark oder deut-lich sein, dass eine Bewegung innerhalbdes Körpers zu spüren ist, so als ob manbeim Fernsehen auf der Couch sitzendein Fussballspiel intensiv miterlebt unddie Bewegung, ein Tor zu schießen, inden Beinen spürt. Während die Intentiondurch den Körper fließt, lässt man dieWelle von Entspannung zu, was eine grö-ßere innere Bewegung verursacht undals Sinken bezeichnet wird. Dies ermög-licht das körperliche Bewegen, indemman einfach die Schwerkraft zulässt. Ichkann auch sagen, die Entspannungmacht etwas Raum nach unten frei, derdann durch den Körper aufgefüllt wird.Entspannung oder Dehnung wird damitdie Basis für den Beginn einer Bewegungund wird sozusagen zum Prinzip jederkörperlichen Bewegung.

Taijiquan wird mitunter auch Geistbo-xen genannt und ich hoffe, das vorge-nannte Beispiel hat den Grund dafürdeutlicher gemacht. In den klassischenTexten heißt das: Der Geist bewegt dasQi und das Qi bewegt den Körper. In Pus-hing-Hands wird es deutlich, warum die-ser Unterschied wichtig ist, wenn man z.B. versucht, bewusst einen Druck desPartners nach hinten zu verlagern. Aberwenn geistig ein Widerstand da ist, dannverursacht dieser eine unbewusste nachvorne gerichtete Tendenz während die-ser nach hinten gerichteten Bewegung.Diese Tendenz wird durch den Partner alsHärte wahrgenommen und kann dann

auch ausgenutzt werden. In den klassi-schen Texten heißt es dazu: Ich kennemeinen Feind, aber mein Feind kenntmich nicht. Im freien Kampf sind diesegeistigen Reaktionen natürlich ganzschnell hintereinander oder sogargleichzeitig.

Im Jahr 1987 beschäftigte ich mich einezeitlang damit, Bretter durchzuschlagen.Zuerst versuchte ich, mit einem bis zumRand gefüllten Glas Wasser in der linkenHand ein Brett mit der Rechten durchzu-schlagen, ohne Wasser zu verschütten.William Chen hatte mir diesen Rat gege-ben. Mit geistiger Kontrolle brauchte ichweniger Schwung und es war viel leichter,das Wasser im Glas zu behalten, also mitÜberzeugung zu schlagen statt mit Kraft.

Mit der Zeit war es möglich, sogar ausfünf Zentimeter Abstand durch ein odermehrere Bretter zu schlagen, also fastohne auszuholen. Ich wusste, dass es inChina Leute gibt, die in der Lage sind, ineinem Stapel von Brettern oder Steinennur eines brechen zu lassen oder einesnicht oder das dritte etc.. Ich habe das

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gung Achsen im Körper zu entdecken.Normalerweise bewegt ein fortgeschrit-tener Taiji-Praktiker sich in der Handformvon der Mitte aus. Das heißt, das Beckenbeginnt mit der Bewegung und derOberkörper und die Beine werden durchdiese Bewegung mit gezogen, weil derKörper durch Gelenke und Sehnen elas-tisch verbunden ist. Die Mitte ist aber einrelativ großes Gebiet, das grob in dreiAchsen aufgeteilt werden kann. EineAchse befindet sich genau mittig undverläuft vom Schambein durch den Na-bel zur Nase. Die anderen beiden mehrseitlichen Achsen gehen von der Leistezur Brustwarze, was anatomisch auchMilchleiste genannt wird. Diese zweiAchsen sind in den Solo-Taijiformen diewichtigsten. Im Übergang von einer Po-sition zur anderen gibt man erst 90 Pro-zent Gewicht auf das stehende Bein, da-nach wird das Gewicht verlagert, umeine Gewichtsverteilung von fünfzig zufünfzig (in meiner Form) oder siebzig zudreißig Prozent zu erhalten. Man be-kommt dadurch eine energetische Ver-bindung mit dem vorderen Bein.

Mit der 70 zu 30 oder 50 zu 50 Gewichts-verteilung entsteht durch Nutzung derAchse in der vorderen Leiste die Möglich-keit, den ganzen Rumpf und das hintereBein einzudrehen. Beim Lernen der Taiji-

Form ist die Bewegung in so einer Dre-hung das Wichtigste. Später wird es vielinteressanter, die Stille in dieser Drehungzu empfinden und das bedeutet, die Ach-se zu spüren. Sie ist wie das Auge des Tor-nados – eine Stille, um die herum sich et-was bewegt. Das Sinken passiert meistauch in dieser Achse, also komischerwei-se in der Stille.

Im Pushing-Hands hat man es neben dereigenen Körperstruktur und seinem Ge-wicht auch noch mit der Kraft eines Part-ners zu tun. Das kann die Position einerAchse deutlich ändern. Im Mitgehen(yielding) ist es am besten, die Achse ne-ben den Punkt der Berührung zu legen.Somit entstehen noch viele andere Ach-sen parallel zu den drei oben genannten.Beispielsweise existieren neben denAchsen durch den Rumpf auch verschie-dene Achsen durch die Arme. In der Solo-form ist das bei mir da, wo sich der Del-tamuskel mit dem Oberarm (Tuberositasdeltoidea humeri) verbindet. Diese Stel-le ist der Schwerpunkt im Arm, vom Fin-ger bis zum Schulterblatt gerechnet und

ein guter Drehpunkt, beim Sinken derSchulter die Hand hoch schweben zu las-sen.

Natürlich ändert sich der Schwerpunktim Arm, sobald etwas Druck vom Partnerausgeübt wird. Man hat aber damit dieMöglichkeit, die Kraft des Partners durcheine Achsenänderung – ohne die eigeneKörperposition aufzugeben – zurückzum Partner zu führen und damit einesinkende drehende, in sich selbst stabileStruktur zu initiieren, so dass dieser sichselbst wegdrückt. Durch das Entdeckenvon Achsen oder der Stille in Bewegun-gen wird das Erleben der Soloform zu ei-ner richtigen Meditation. Wenn man dieAufmerksamkeit auf das lenkt, was sichinnerhalb einer Bewegung nicht bewegt,muss man ganz im Hier und Jetzt blei-ben, um diese Stille zu spüren.

Durch Meditation entsteht das Ver-ständnis der klassischen Texte, in denenvon Yi (intent) und Xin (heart conscience)die Rede ist. Mit der Zeit spürt man denUnterschied zwischen der „normalen“

Netzwerkmagazin · 201412

Epi van de Pol ist Naturheilkundler undHomöopath. Er begann sein Kampfkunst-studium 1973 als 21-Jähriger mit Judo, Karate, Jiujitsu, Kendo, Aikido, Kenjitsu und Fechten. Seit 1979 unterrichtet er Taijiquan-Prinzipien und Push Hands inmehreren europäischen Ländern. Er istGründer von Stichting Taijiquan Neder-land und Mitbegründer der TCFE (Taiji-quan and Qigong Federation of Europe)

Der Autor

auch versucht: Mit einem Stapel von vierBrettern von zwei Zentimeter Dicke wardas zu meinem Erstaunen überhauptnicht schwierig! Nur mit großemSchwung zu schlagen, hatte natürlichkeinen Zweck. Es war die Intention kom-biniert mit einer tiefen Überzeugungund dabei trotzdem locker zu lassen, diees einfach machte.

Man kann lange Taiji üben und – andersals in äußeren Kampfkunststilen – tau-chen ständig neue Gesichtspunkte amHorizont auf. Jede Tür, die man öffnet,gibt den Blick frei auf neue Türen.

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Beginnt man Bagua intensiv zu üben,merkt man nach einiger Zeit, dass sichhinter dem einfach aussehenden Laufenund Wenden im Kreis eine sehr intensiveKörper- und Sinneserfahrung verbirgt.Als Motopäde war es für mich daher sehraufschlussreich, wie weit diese körper-mechanische Facette des Trainings aufdie Empfindsamkeit für meinen Körper,meine Wahrnehmung und mein geistig-seelisches Wohlbefinden reicht.

Die erste große Herausforderung stelltdas Laufen in Form des Schleifschrittesdar. Denn es beansprucht besonders dievestibuläre Wahrnehmung – den Gleich-gewichtssinn. Dies geschieht über torsi-onsartige Verdrehungen des Vorderfu-ßes, der Ferse und des Sprunggelenkes.Während der Geh- und Drehbewegun-gen wird im gesamten Fuß das Muskel-und Bindegewebe sanft gedehnt. Verkle-bungen zwischen den Faszien lösen sich.

Somit können tiefliegende Verspannun-gen, die z.B. durch falsches Schuhwerkoder einen Unfall entstanden waren, ge-löst werden und sich weit möglichstselbst gesunden. Die fünf Zehenstrahlenmit ihren knöchernen Gelenkverbindun-gen bis hin zum Sprunggelenk lockernsich durch die torsionsartigen Fußwen-dungen und werden zu altbekannter Be-weglichkeit eingeladen. So ist es nichtverwunderlich, dass sich die Füße mit derZeit weicher anfühlen. Der Gang stabili-siert sich und wird leichter. Das Gefühlvon Erdung beruhigt und wirkt sichkraftvoll auf das geistige und emotiona-le Befinden aus.

Geht man mit der Körperbeobachtungvom Fuße weiter aufwärts, dann stelltman fest, dass durch das Gehen undWenden die gesamte Beinstruktur bis zuden Hüftgelenken intensiv beansprucht

15Netzwerkmagazin · 2014

Fachliches

Netzwerkmagazin · 201414

Xing Yi Bagua als motopädische Selbsterfahrung

Von Georg Nedeltschew

Im November 2006 begann der erste von acht Jahresworkshops „Wu Dang – Xing YiBagua“ mit Meister Tian Liang in der Proitzer Mühle. In jedem Workshop wurde einneues Bewegungsbild vermittelt. Während dieser Zeit erlebte ich Meister Tian Liangals einen gelassenen, freudigen und engagierten Lehrer, der sein Wissen um die WuDang Kampfkunst buchstäblich verkörpert. Souverän und klar leitete er alle Lern-gruppen, ohne Einzelne zu unter- oder überfordern. Bis zum nächsten Treffen gab ernicht nur jedem Teilnehmenden ein neues Bewegungsbild mit auf den Weg, sondernauch ein besonderes Lernerlebnis, das Abwechslung, Tiefe, Selbsterfahrung, Freudeund Leichtigkeit bot. Gerade das machte das Lernen trotz intensiver Übungsphase zueinem lang anhaltenden Genuss für Körper, Geist und Seele.

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aneinander. Dies löst die Bindegewebs-hüllen der Organe von Verklebungenund entspannt sie. Es fördert die Durch-blutung und Entgiftung aller Organeund regt den Lymphfluss an. Durch dieseinnere Massage entsteht Wärme, welchesich positiv auf Organe, Muskulatur, Ner-vensystem sowie Beweglichkeit der Wir-belsäule und Rippen auswirkt. Von innenentstandene Gelenkblockaden, beispiels-weise entstanden durch Organverdre-hung, können sich selbsttätig korrigie-ren. In der Schulter- und Armstrukturzieht sich die Verwindung bis zu den Fin-gerspitzen. Auch hier lösen sich Verkle-bungen zwischen dem Bindegewebe so-wie Fehlstellungen.

Diese intensive Körpererfahrung fordertdie innere Sinneserfahrung und die da-mit zusammenhängende Motorik undentwickelt sie weiter. Differenzierte Be-wegungen zwischen Kopf, Brustkorb, Be-cken und Beinen verbessern das Be-wusstsein für die Körperwahrnehmung.Das Verwinden stimuliert die Proprio-zeptoren der Tiefenwahrnehmung. DieKörperwahrnehmung und Orientierungim Raum verbessert sich. Neue Bewe-gungsmöglichkeiten integrieren sich imGehirn, was sich im Alltag positiv aus-wirken kann.

Baqua ist eine gesundheitsorientiertechinesische Bewegungs- und Kampf-kunstmethode, die man bis ins hohe Al-ter ausüben kann. Die unterschiedlichenKörpererfahrungen, die Verbesserungdes Körperbewusstseins und die Bewe-gungsvielfalt wirken auch auf neurobio-logischer Ebene äußerst positiv.

17Netzwerkmagazin · 2014

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wird. Das sanfte Fußgleiten und Wendenermöglicht, Verspannungen und ver-klebte Faszien des Schien- und Waden-beines zu lockern und zu lösen. Die Ge-lenkköpfchen des Wadenbeins könnensich auf diese Weise in ihrer ursprüngli-chen Position zum Schienbein korrigie-ren. Ebenso laden diese sanften torsi-onsartigen Verdrehungen angespannteKniegelenke zu ihrer alten Bewegungs-freude ein. Denn besonders im Kniebe-reich verursacht beispielsweise langesSitzen oder eine Verletzung Bewegungs-einschränkungen.

Der Kniebereich ist eine wichtigeSchnittstelle zwischen Fuß und Hüfte –besonders bedeutend für die Kraftüber-tragung beim normalen Gehen und derdamit verbundenen emotionalen Be-findlichkeit. Die Verwindungen währenddes Drehens und Wendens lösen sanfttiefsitzende Verklebungen in den sichüberscherenden und überlappendenMuskelgewebsschichten des Kniebe-reichs. Außerdem bewirken die leicht ge-

beugte Beinhaltung und der Wechsel-schritt eine besondere Stärkung derOberschenkelmuskulatur. Während sichdie Füße und Unterschenkel beim Gehenbewegen, bleiben Oberschenkel undHüfte weitestgehend ruhig in ihrer Posi-tion. Die auf diese Weise ruhig ausge-richteten Oberschenkel tragen das Be-cken ohne große Anspannung.

Das Becken richtet sich so aus, dass dasSteißbein in Richtung Boden und dieSchambeinfuge in Richtung Kopf zeigen.Die leichten und auch starken torsions-artig kreisförmigen Geh- und Drehbewe-gungen führen durch Übertragung dazu,dass die gesamte Beckenmuskulatur spi-ralförmig gedehnt und von untereinan-der liegenden Verklebungen gelöst wird.Fehlstellungen zwischen der linken undrechten Beckenhälfte, sowie Blockadenim Iliosakralgelenk und der Symphysekönnen dadurch selbsttätig korrigiertwerden. Im rückseitigen Bereich des Be-ckens wirkt das sanfte Aufdehnen undLösen in die gesamte Gesäßmuskulatur

sowie den unteren Rücken hinein. Wäh-rend das Becken und der untere Rückenzum Bewegen angeregt werden, über-trägt sich die spiralförmige Bewegungdurch die Knochenstruktur in das anset-zende Kreuzbein, von dort aus in die Wir-belsäule und in den gesamten Rücken.Alle Wirbel und Bandscheiben werdensanft zu ihrer ursprünglichen Beweglich-keit eingeladen. Wirbelblockaden, Ver-klebungen der Ligamente können gelöstwerden, was auch den Fluss der Rücken-marksflüssigkeit stimuliert. Dies wirktsich besonders wohltuend und reinigendauf das sich hier umschlossene Nerven-system aus. Gleichzeitig wird auf der Kör-pervorderseite der Iliopsoas, der innereMotor für Haltung und Bewegung, posi-tiv beansprucht. Häufig ist diese Musku-latur durch vieles Sitzen stark verkürztund beeinflusst demzufolge nachteiligKörperhaltung und Gehbewegung.

Während des Bagua-Trainings windensich die Organe im gesamten Thorax –vom Becken bis zu den Schultern – sanft

Netzwerkmagazin · 201416

Georg Nedeltschew arbeitet als Motopäde.Der zentrale Punkt seiner Tätigkeit ist diefrühkindliche Bewegungsentwicklung, die Sinneswahrnehmung, das Sozial- undEmotionalverhalten. Er gibt in DetmoldSeminare für frühkindliche Entwicklungim U3 Bereich im Rahmen einer einjährigenWeiterbildungsreihe für pädagogischeFachkräfte.

Der Autor

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Von Senioren-Qigong spreche ich, wennkomplexe Bewegungen schlecht odergar nicht mehr vollführt werden könnenund dies zu Entmutigung führt. „Dazubin ich zu alt“, ist eine beliebte Erklärungder Teilnehmer. Ob diese Einschätzungrichtig ist, sei dahin gestellt. Viele Übun-gen können mit Geduld und ausreichendWiederholungen noch erlernt werden.Eine dieser komplexen Bewegungensind die uns bekannten „Wolkenhände“.Obwohl sie eine starke Herausforderungfür Senioren sind, werden sie mit Zu-spruch und Vorübungen schließlich dochgemeistert.

Längeres Stehen ermüdet ältere Men-schen. Daher hat es sich bestens bewährt,wenn sie die Bewegungen sitzend aus-führen. Selbst aufrechtes Sitzen kannnach einiger Zeit zu anstrengend sein.Manche Senioren meinen, dass sie nochwie ehedem das gesamte Programm ste-hend praktizieren könnten. Doch oftstellt sich heraus, dass ihnen jetzt die nö-tige Kraft fehlt und sie sind froh, beim Qi-gong wieder sitzen zu dürfen.

Sind körperliche und geistige Gebrechennoch kein ernsthaftes Problem, so kön-nen auch über 60-jährige ohne weiteres

in einer altersmäßig gemischten Gruppeerfolgreich üben. In diesen Gruppen neh-men 70- und auch über 80-Jährige teil.Zwar üben die über 80-Jährigen zeitwei-se sitzend. Dies beeinträchtigt beim Qi-gong nicht die Übungsqualität. Erfreu-lich ist die Art und Weise, mit der sich diefitteren Gruppenmitglieder um ihre älte-ren Mitstreiter kümmern: Sie besorgenrechtzeitig einen Stuhl oder bringennachher die Senioren mit ihrem Autonach Hause.

So ein gutes Sozialgefüge ist nicht im-mer selbstverständlich, denn mancheGruppenmitglieder meinten auch schonmal, dass körperlich stark eingeschränk-te Personen nicht mit trainieren sollten.Beispielsweise hörte ich in Betriebs-sport-Qigong-Gruppen Bemerkungenwie es werde im Unterricht viel Zeit ver-geudet und warum die betreffende (ein-geschränkte) Person nicht in einer Be-hindertengruppe übe. Für mich als Un-terrichtenden ist die gemeinsame Zeitmit alten und jungen Teilnehmern in dergleichen Gruppe bereichernd. Es freutmich immer wieder, Qigong und Körper-arbeit an Interessierte in jedem Altersinnvoll vermitteln zu können. Zwarmüssen wir heute in unserer Gesell-

schaft nicht mehr so ums Überlebenkämpfen wie früher, jedoch ist es für unstrotzdem wichtig, auch im Alter mög-lichst gesund und beweglich zu bleiben.Denn in einer gesunden Verfassung hatein Mensch sicherlich ein freudvolleresLeben.

Auch im Rentenalter steht es uns offen,uns weiterhin körperlich und geistig zubetätigen und auf diese Weise unsereGesundheit zu wahren. Die traditionel-len asiatischen Methoden Qigong undTaijiquan helfen uns dabei in besonde-rem Maße. Nie ist es zu spät, anzufangenQigong zu praktizieren. Gut ist es natür-lich, wenn wir bereits als junger Menschdie Weichen in eine positive Richtungstellen können. Nichtdestotrotz erzielenauch alte Menschen Fortschritte und Le-bensfreude stellt sich ein. Qigong bleibtein lohnendes Thema – auch für Senioren!

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Fachliches

Weitere Erfahrungen machte ich in mei-nen gemischten Gruppen mit Teilneh-mern im Alter von 30 bis sogar über 80Jahren. Seit 2005 unterrichte ich in ver-schiedenen Senioren-Residenzen Qigongund Bewegungen aus der Körperarbeitwie zum Beispiel Joint-Release-Bewe-gungen unter dem Aspekt: „Wie könntees noch leichter gehen?“

Das Leben hört im Altersheim nicht aufMenschen im fortgeschrittenen Alterund mit unterschiedlichen körperlichenund geistigen Voraussetzungen benöti-gen eine besondere Zuwendung im Qi-gong-Unterricht. So einzigartig jederTeilnehmer ist, so unterschiedlich sindauch die Handicaps. Wichtig ist, sich indie Befindlichkeit des Klienten hineinzu-

versetzen, um diesen weder zu über- nochzu unterfordern. Typische Einschränkun-gen bei Senioren sind: Schwerhörigkeit,verminderte Beweglichkeit, chronischeSchmerzen, Atembeschwerden und auchmangelnde Konzentrationsfähigkeit.Unterschiedliche Beschwerden vereinensich bei jedem älteren Menschen zu ei-ner individuellen Erscheinungsform.

Um mich in die zu betreuenden Seniorenbesser hinein versetzen zu können,nahm ich an einer speziellen Fortbildungfür Altenpfleger teil. Das, was ich dort ameigenen Körper erfuhr, war mir eine ech-te Lehre. Wir mussten einen durch Ge-wichte erschwerten Anzug tragen, dereng zusammen geschnürt war, sowieeine Brille mit seitlich versperrter Sicht.Kopfhörer hinderten uns am Hören. So

galt es, mit schweren Einkaufstüten eineStraße zu überqueren. Ganz normale All-tagsdinge, wie sich auf einen Stuhl setzenoder eine Tasse aus dem Schrank holen,waren überhaupt nicht mehr einfach.Obwohl die Fortbildungsteilnehmer vielSpaß hatten, erfuhren wir am eigenenKörper äußerst anschaulich, was es be-deutet, im Alter eingeschränkt zu sein.Ähnliches erlebt man bei starker Krankheit,leider vergisst man das schnell wieder.

Beim Qigong-Unterrichten in Senioren-einrichtungen begegnet man auch de-menten Menschen. Und so kann es vor-kommen, dass eine Teilnehmerin fragt:„Wo bin ich, wer sind Sie und was ma-chen wir hier überhaupt?“. Nicht seltenreagieren die anderen Übungsteilneh-mer mit ungehaltenen Bemerkungenwie: „Ruhe, Frau Müller-Lüdenscheid! Dasist doch unser Qigong-Lehrer. Er machtjede Woche mit uns Qigong. Seien Sie ru-hig!“ In solchen Situationen ist empathi-sches Reagieren des Gruppenleiters ge-fordert – sowohl dem Frager als auch denUngeduldigen gegenüber. Mein Ziel istes immer, beide Seiten verständnisvoll„abzuholen“ und ein gutes Gefühl zuvermitteln. Meist werden hernach dieKritiker einfühlsamer. Ab und an gibt esauch stärkere geistige Ausfälle – gele-gentlich kombiniert mit Wut. Hier gilt es,die Nerven zu bewahren und die Gruppedurch bestimmtes, zielgerichtetes Füh-ren zusammen zu halten.

Senior mit 50, 60, 70 oder doch erst ab 80+?Ab welchem Teilnehmeralter sprechenwir von „Senioren-Qigong“? Ich meine,der Seniorenstatus beginnt, wenn Krank-heiten in Verbindung mit dem Alter ei-nen Menschen einschränken. Das biolo-gische Alter – die Anzahl der Lebensjahre– ist nicht entscheidend. Ausschlagge-bend sind starke Handicaps wie Nachlas-sen der Sehfähigkeit, Verschlechterungder Hörfähigkeit, Verminderung von Ge-dächtnisleistungen und Reaktionsfähig-keit. Wenn das Körpergewebe – Muskeln,Bänder, Knochen – nicht mehr so elas-tisch sind, reduziert sich zu dem die kör-perliche Belastbarkeit.

Netzwerkmagazin · 201418

Qigong mit SeniorenVon Divyam de Martin-Sommerfeldt

Meine Erfahrungen im Qigong-Üben mit Senioren sind so alt wie das Netzwerkselbst: 1990 gründete ich meine Praxis für Massage und Qigong. Nebenberuflich ar-beitete ich in der ambulanten Pflege. Hier bot ich Qigong an und gab Einzelstunden.Häufig baten mich Senioren, ihnen Übungen beizubringen, von denen ich erzählt hat-te. Weil es unverfänglich war und die pflegerische Arbeit unterstützte, habe ich meinWissen gerne geteilt.

Divyam de Martin-Sommerfeldtarbeitet in eigener Praxis seit 1990 mitMassage und Qigong in Hamburg und hatin dieser Arbeit seine Berufung gefunden.Weitere Info: www.divyam.de

Der Autor

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Übungen auch energetische bzw. spiri-tuelle Ebenen. Sie können also auch un-ter diesem Aspekt ausgeführt werden.Ins Deutsche übersetzt bedeutet Yi JinJing „Muskel und Sehnen transformie-rendes Qigong“ oder auch „Qigong derleichten Muskeln“. Es findet eine Verän-derung (Yi) des Körpers statt: Die großenMuskeln werden „leicht“; gestärkt wer-den die kleinen Muskeln, die Sehnen undBänder (Jin). Das Set ist sozusagen dieMethode (Jing), um dies zu erreichen.

Um den gewünschten Prozess in Gangzu bringen, fokussiert man sich auf dieKnochen. Dies erreiche ich im Unterrichtdurch das aktive Erspüren des Skeletts.Außerdem machen wir Vorübungen, beidenen man sich aus den Knochen herausbewegt. Hierdurch und durch weiterePrinzipien wie beispielsweise „Verwur-zelter Stand“ und persönliche Korrektu-ren erlangen die Schüler ein Gespür füreine gute Knochenstatik und die optima-le Ausrichtung der Knochen und Gelenke.

Diese innere Verbundenheit erhält derÜbende durch aktives „Zusammenzie-hen“ seiner Knochen. Hinzu kommt ein

Ausdehnen – ein entgegen gesetztesZiehen in alle Richtungen gleichzeitig.Laut Meister Xu steht hinter dieser Me-thode die Idee des „Peng Jing“ oder von„unbreakable structure“. Ich nenne diesmeist „Kugelstruktur“: Der Körper desÜbenden steht sowohl unter Zug alsauch unter Druck – an allen Seiten stabilund stark wie ein Ball oder eine Kugel.

Eine weitere Idee des Yi Jin Jing ist dieEntspannung in diese erarbeiteten Qua-litäten. Man entspannt die Muskulatur;man zieht das Qi nach innen RichtungKnochen. Das Qi soll nach unten sinken,ohne die Ausdehnung zu verlieren. In un-bewegten Positionen kann man diesesAusdehnen und anschließende Einsin-ken in die Knochen mehrfach wiederho-len. Ziel ist, diesen Prozess gleichzeitigund permanent in Gang zu halten. Wenndas gut funktioniert, versucht man, diesauch während des Bewegens zu prakti-zieren.

Beim Üben soll im Laufe der Zeit die Deh-nung des Körpers größer werden. Vor-rang hat jedoch die innere Verbunden-heit bei gleichzeitiger Entspannung der

Muskulatur vor der Weite der Positionbzw. der Bewegung. Die Abfolge der Bil-der des Yi Jin Jing ist so aufgebaut, dasssich Schwierigkeitsgrad und Komplexi-tät von Bild zu Bild steigern. Zwar istschon das erste Bild „Der krähende Hahn“eine fordernde (und fördernde) Übung,doch wird hierbei der Rumpf und vor al-lem der Rücken hauptsächlich nur auf ei-ner Ebene, in eine Richtung trainiert. Inden folgenden Bildern kommen zum Bei-spiel durch Rotationsbewegungen nochdie beiden anderen Ebenen hinzu.

Vor allem der Rumpf – unsere Körper-mitte – wird durch dieses Training flexi-bel und gleichzeitig kraftvoller. Durch dieinnere Verbindung werden aber zudemdie Extremitäten – Arme und Beine – inden Rumpf integriert. Der Körper wirdzur Einheit. Auch die Extremitäten wer-den gedehnt.

Genauso wie bereits oben beschrieben,bauen die Übungen bezüglich desSchwierigkeitsgrads aufeinander auf.Der Fokus liegt zunächst auf den Armen.Beispielsweise mit dem Ziel, die Schul-tern bei komplexen Bewegungen inte-

21Netzwerkmagazin · 2014

Fachliches

Seitdem trainiere ich Yi Jin Jing regelmä-ßig. Ich fühle mich körperlich offenerund entspannter bei gleichzeitiger inne-rer Verbundenheit. Auch benötige ichkein ausführliches Aufwärmen mehr,egal vor welcher körperlichen Aktivität.Deshalb möchte ich auch Euch dieses Qigong etwas näher bringen.

Das Yi Jin Jing zählt zu den ältesten Qi-gong-Sets Chinas. Der Legende nachgeht es auf Bodhidharma zurück, den Be-gründer des Chan(Zen)-Buddhismus inChina. Er soll diese Übungen für die Mön-che des Shaolin-Klosters entwickelt ha-ben, da diese zwar ein hohes geistigesNiveau erreicht hatten, dabei aber ihre

Körper vernachlässigten. So gab er denMönchen diese Übungen zur körperli-chen Kräftigung, so dass sie auf medita-tiver Ebene weitere Fortschritte erzielenkonnten. Aus dem Yi Jin Jing soll sich imFolgenden das Shaolin-Kung Fu entwi-ckelt haben. Weil es sich um sehr alte,weit verbreitete Übungen handelt, gibtes viele Varianten – ähnlich wie bei denAcht Brokaten. Allerdings schwankt beimYi Jin Jing auch die Anzahl der Übungen.Das Set von Meister Xu besteht auszwanzig verschiedenen Bildern.

Beim Yi Jin Jing handelt es sich um ein in-tensives Körpertraining, um Neigong (in-neres Arbeiten) im Gegensatz zu Qigong(Arbeiten mit Qi). Doch enthalten diese

Netzwerkmagazin · 201420

Von André Stroh

Der Körper als Einheit und Basis

Das Yi Jin Jing Qigong

or einigen Jahren kam Meister Xu Guo Ming (George Xu) mit einem füruns neuen Qigong-Set zu uns, dem Yi Jin Jing. Obwohl ich schon seit ei-nigen Jahren Qigong und Taijiquan trainiert hatte, war ich noch rechtsteif und ungelenkig. Deshalb arbeitete Meister Xu sowohl in den allge-

meinen Kursen als auch in den Privatstunden intensiv mit mir an diesem Set. DieÜbungen waren in dieser Intensität eine ziemliche Herausforderung für mich. Dochbald gab es deutliche Fortschritte, ich kam in Positionen, die ich Tage vorher nicht fürmöglich gehalten hätte. Heute weiß ich, dass mich Meister Xu auch auf das BaguaZhang vorbereitete.

Der krähende Hahn Das Dantien-Rollen Den Ball rollen Die Frühlingsschwalbe fliegt um ihr Nest

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Fachliches

Netzwerkmagazin (NM): Warum findetihr dieses Symposium wichtig? Was be-wegt euch bei diesem Thema?

Sebastian Bauer (SB): Wir gehen zu-nächst von einem Menschenbild aus, wiees von der WHO bereits 1986 deklariertwurde, in dem auch die spirituelle Di-mension für die Gesundheit des Men-schen eine bedeutende Rolle spielt. Dassdies auch heute noch mit viel Skepsis be-sonders in Deutschland gesehen wird,hat verschiedene Gründe.

NM: Das hat sicher auch etwas mit derAufklärung und der Entstehung der Wis-senschaften zu tun.

Klemens Speer (KS): Ja, unser kulturell-geistiger Hintergrund im Westen ist vomhumanistischen Geist der griechischenAntike, vom römischen Rechtsbewusst-sein und vor allem vom christlichenGlauben beeinflusst. Erst durch die Auf-klärung und dem Aufkommen der Na-turwissenschaften änderte sich unserWertesystem mehr und mehr in Rich-tung rationalem Bewusstsein. Zuvor hatüber die Jahrhunderte eine übermächti-ge christliche Kirche, mit einem zutiefstdoktrinären Glaubenssystem den Wes-ten stark geprägt. Positive Auswirkun-gen der Aufklärung sind vor allem dieEntwicklung der Individualität, die Reli-gionsfreiheit, sowie die Gleichheit allerBürger vor dem staatlichen Gesetz. Lei-der wird der dritte Aspekt der Aufklä-rung, die Brüderlichkeit bzw. Geschwis-terlichkeit heute noch immer stark ver-nachlässigt.

SB: Die Aufklärung hat auf der einen Sei-te dazu beigetragen sich von einem ein-engenden doktrinären christlichen Glau-ben zu befreien, aber gleichzeitig wurdealles Spirituelle im Zuge der Säkularisie-rung aus der Öffentlichkeit verbannt.

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griert zu lassen. Später widmet sich derÜbende vermehrt der Dehnung der Beineund der Öffnung seiner Leisten.

Die Dehnungen in Meister Xus Set sindteilweise sehr fordernd. Wie schon er-wähnt, sollten diese aber nicht auf Kos-ten der inneren Verbindung und Locker-heit der Muskulatur gehen. Je nachdem,zu welchem Zweck man trainiert, ist einesolche Dehnung auch nicht nötig, abertrotzdem ein tolles Gefühl, wenn sie ge-lingt. Wenn man zum Beispiel den Kör-per „nur“ als Basis für die Innere Alche-mie offen hält, ist dies nicht zwingend er-forderlich. Wenn man dagegen trainiertmit Blick auf das Bagua Zhang, das wei-te und raumgreifende Bewegungen be-inhaltet, macht es auch Sinn, die Deh-nung größer zu gestalten.

Später – bei den Übungen gegen Endedes Sets – kommen neben dem Körpernoch weitere, höher stehende Ebenenins Spiel. Bei dem Bild „Den Ball rollen“,geht es unter anderem darum, einen„Ball“ zwischen den Armen zu bewegen.Dies bewirkt eine Öffnung der Armge-

lenke bei gleichzeitiger Schulterintegra-tion. Es geht jedoch nicht darum, das Qiim Raum zu bewegen. Trotzdem wirdauch hier bereits eine Kugel im Unter-bauch – die Zentrumskugel – bewegt.Diese ist allerdings noch sehr körperlich,auf Gelenksebene. In späteren Übungs-bildern lässt man das Qi ins Dantien sin-ken und bewegt sich „theoretisch“ vomenergetischen Zentrum her. „Das Dan-tien rollen“. Trotzdem sind auch dieseÜbungen körperlich sehr anspruchsvoll.Beim letzten Bild schließlich, „Das ZhongDing schütteln“, wird auch die „spirituel-le“ Ebene, das geistige Prinzip des zen-tralen inneren Gleichgewichts mit ein-bezogen.

Wie gesagt, können natürlich – je nachpersönlichen Voraussetzungen – dieÜbungen auch von höherer Warte herausgeführt werden. Man kann also zumBeispiel das Qi in den Bildern bewegenund den Körper folgen lassen. Aber es istimmer wieder angenehm, sich auf einen„niederen“ Level zu begeben. Als ich Vertretung in fortgeschrittenen Kursenmachte, wählte ich ein paar Bilder des Yi

Jin Jing passend zum Kursinhalt als Vor-übungen. Die Schüler waren begeistert,wieder einmal solch körperliche Übun-gen zu praktizieren – sich zu dehnen, denKörper intensiv zu spüren. Denn wennman das Qi trainiert, verliert man seinenKörper leider etwas aus den Augen.

Diese Vernachlässigung des Körperli-chen sollten wir beim Yi Jin Jing Übenvermeiden. Denn das Anliegen dieserÜbungen ist es, den Körper zu transfor-mieren – ihn zu einer offenen, kraftvollenEinheit umzubilden und diese Qualitä-ten zu erhalten. Auf diese Weise bildet erdie bestmögliche Basis für eine energeti-sche und spirituelle Entwicklung, sei esmit Qigong, Taijiquan, Baguazhang, Meditation oder anderem.

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Beide Fäuste sinken lassenDer goldene Hahn steht auf einem Bein

André Stroh ist Lehrer für Taijiquan, Qigongund Bagua Zhang und unterrichtet imStudio für Daoistisches Kung Fu Eltvilleund als Gastlehrer u. a. am TaozentrumFrankfurt. E-Mail: [email protected]

Der Autor

Taijiquan und Qigong als spirituelle Wege

Die Bewegungsformen Taijiquan und Qigong werden in Deutschland als Methodenzur Stressvorbeugung, zur Entspannung und allgemein zur Gesundheitsförderungangeboten und als solche geübt. Dabei ist die Entschleunigung von Bewegung ein As-pekt, der sowohl Attraktion als auch Herausforderung in sich birgt. Oft werden dabeiwohltuende Wirkungen auf Körper und Geist geschätzt und öffentlich angepriesen.Dabei kommt man ganz ohne Verweise auf spirituelles Vokabular aus. Für viele derTaijiquan- oder Qigong-Lehrenden spielt Spiritualität keine Rolle und sie würden spi-rituelle Sinnsucher eher auf Yoga verweisen. Was hat es also damit auf sich, wenndas Taijiquan & Qigong Netzwerk ein ganzes Symposium zu diesem Thema veran-staltet. Wir fragten Sebastian Bauer und Klemens Speer vom Kongressteam.

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Darüber hinaus kann man durch Spiritu -alität zu einem Wissen, bzw. zu einer Er-fahrung von einer anderen Welt kommen,die genauso real ist, wie die unsrige.

KS: Dabei spielt das Überschreiten desIch oder des Ego eine besondere Rolle.Willigis Jäger hat einen schönen Ver-gleich dafür: Symbolisch gesprochen istdas Ich der Hausmeister und nicht derHausbesitzer. Das Ich hinter sich zu las-sen, heißt, sich der höheren Ebene, demHaubesitzer, dem Besitzer des universel-len Lebens, dem Leben selbst anzuver-trauen. Dann kann das Ich auf der Ebenedes Hausmeisters immer noch eigen-ständig aktiv sein und das Haus reparie-ren. Sich vom Ego zu befreien, es loszu-lassen, bedeuten in diesem Bild, die eig-ne Identifikation mit dem Hausbesitzeraufzugeben und sich auf ein größeresGanzes einzuschwingen, die letzte Di-mension, das Göttliche zu erkennen. DasGöttliche kann auch Dao, Gott, Buddha,Universum genannt werden und stehtfür das Unaussprechliche, das den Men-schen mit überwältigender Kraft undLiebe transformiert. Auch der Quanten-physiker Hans-Peter Dürr verwendet inseinem Buch „Es gibt keine Materie“ dieBegriffe Allverbundenheit, Dao oder Lie-be dafür.

SB: Letztendlich geht es ja um die Fragen,woher wir kommen und wohin wir ge-hen. Hierzu gehören sicher auch Themenwie Wuwei, sich dem Fluss des Lebensanzuvertrauen oder – christlich gespro-chen – auch Demut, verstanden als Mutsich einer höheren Ebene hinzugeben.Spiritualität ist in seiner Tiefe eine Erfah-rung von Allverbundenheit und Einheitallen Seins (Dao), die rational nicht fass-bar und erklärbar ist. Sie schließt alle As-pekte des gesamten Kosmos (auch derRationalität) und des Universums mitein. Wenn es gelingt, sich im Alltag aufdiese Erfahrung einzustimmen und sichmit ihr zu vereinen (sie zu verwirklichen),wird der Prozess des Lebens und der Ent-wicklung in seiner Ganzheit immerdurchsichtiger. Der Übende bekommtdadurch wachsende Möglichkeiten, sichkreativ mitgestaltend und unterstüt-

zend in den Gesamtprozess der Evoluti-on einzubringen.

NM: Interessant. Wie können Gefahren,sich in einer Einbildung oder Psychose zuverlieren, verhindert werden?

SB: Zunächst einmal ist es etwas sehr in-dividuelles, in welchem Grad oder in wel-cher Tiefe Erfahrungen gemacht werden.Das entzieht sich der Machbarkeit. Je-doch ist die Erfahrung enorm wichtig, jasogar essentiell, da sie so etwas wie einKompass sein kann, der einem die Rich-tung weist. Nicht das Erleben von spiritu-ellen Erfahrungen sollte das Ziel sein,sondern die Einbindung solcher Erfah-rungen. Dazu kann es hilfreich sein, sicheinem erfahrenen Lehrer oder einer Leh-rerin anzuvertrauen. Denn häufig sinddie gemachten Erfahrungen nicht immerleicht zu verstehen. Am Anfang brauchtman sicherlich die Hilfe von außen, umnicht in einer Phantasie und Einbildungstecken zu bleiben. Eine „echte“ Erfah-rung hat immer eine existentielle Aus-wirkung und verändert den Menschengrundlegend. Menschen, die nicht mit ih-rer inneren Tiefe verbunden sind, könnenauch schnell orientierungslos werden.

NM: Wie sieht das denn konkret im Taiji-quan und Qigong aus?

KS: Taijiquan wird im Westen in erster Li-nie aus gesundheitlichen Gesichtspunk-ten und zur Entspannung geübt. VieleÜbende haben auch Interesse am Kampf-kunstaspekt. Jedoch wird im Westen oft

übersehen, dass auch in China in der Tai-ji-Kampfkunst immer von der Einheitvon Shen, Qi und Jing oder von Geist,Energie und Körper ausgegangen wurde.Da dies oft übersehen wird, ist der be-sondere Aspekt des Shen, der leere Geist(Wu) bzw. das in die Stille Eintreten, sichVersenken (Rujing) im Taijiquan verlorengegangen. Sind klassische lange oderkurze Formen verschiedener Stile an Hal-tungs- und Bewegungsprinzipien ausge-richtet, so dass das Qi deutlich zu strö-men beginnt, dann kann durch die Kon-zentration auf das untere Dantien oderdie Bewegung als Ganzes, der Geist(Shen) immer mehr auf diesen Aspekt(Wu, Rujing) fokussiert werden. Die spiri-tuelle Entwicklung wird gestärkt und dieErfahrung kann deutlich in Richtung Ein-heit und Allverbundenheit (Dao) vertieftwerden bzw. der Übende wird mit ihreins. Bei einer entsprechenden Übungs-weise ist dies ebenso in den Partner-übungen und Anwendungen der Taiji-Kampfkunst möglich.

SB: Qigong kann zu einer gesunden Spi-ritualität verhelfen. Auch wenn Qigongaus einem anderen Kulturkreis kommt,gibt es meiner Meinung nach so etwaswie universelle Werte oder eine univer-selle Essenz, die bei allen Religionen undgesunden Weltanschauungen vorzufin-den sind. Diese Werte oder auch diese Es-senz herauszuarbeiten und aufzuzeigenkann in den Vorträgen und Übungen einspannendes Kongressziel sein. Darüberhinaus gehört Qigong in den Bereich derErfahrungswissenschaften und ist vor al-

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Heute muss man sich fast schämen,wenn man sich in der Öffentlichkeit überspirituelle Themen austauscht. Spiritua-lität ist jedoch ein Grundbedürfnis desMenschen, was nicht einfach wegratio-nalisiert werden kann. Eine ernsthafteund sinnstiftende Spiritualität kann denMenschen zu Selbsterkenntnis und zuinnerem Frieden mit den endlichen Din-gen führen und Antwort geben auf diegroßen und letzten Fragen.

NM: Eine zu starke Betonung des Rationa-len und Materiellen kann auch umkippenund sich gegen den Menschen wenden.

SB: Ja. Dies beklagen auch bereits MaxHorkheimer und Theodor W. Adorno undzeigen auf, dass die Aufklärung denmenschlichen Geist und die Natur unterdie Herrschaft des Verstandes gezwun-gen hat. Diese Unterwerfung hat ihrenHöhepunkt in der Barbarei des zweitenWeltkrieges gefunden, so ihre Meinung.Beide bleiben jedoch in der Idee der Auf-klärung und versuchen sie von negativenHerrschaftsansprüchen zu befreien. Fürsie ist weiterhin die Entzauberung derWelt Programm und der einst mythischeZugang zur Welt bedarf der rationalenAufklärung. Ich glaube aber nicht, dass

die Aufklärung alles aufklären wird. Ichwage sogar zu behaupten, dass das Mys-terium, wie aus Nichts einst Etwas ge-schaffen wurde, nie befriedigend geklärtwerden kann. Der Wegfall vom Zauberder Welt kann sogar fatale Folgen haben,nämlich dann, wenn die Verwissenschaft-lichung des gesamten Lebens in eine ex -istenzielle Sinnkrise führt. Das ist ja auchein Grund dafür, dass Menschen Hilfe su-chen und auf einem riesigen esoteri-schen Markt keine Orientierung finden.

NM: Was aber kann Orientierung geben?Viele Menschen haben sich von Religio-sität abgewendet. Jürgen Habermasspricht in Bezug auf die geistige Situati-on unserer Zeit von einer unerwartetenWiederbelebung unterschiedlicher spiri-tueller Gruppierungen. Versteht ihr dieTaijiquan- und Qigong-Gemeinschaftauch als eine solche Gruppierung?

KS: Spiritualität, wie ich sie verstehe, hatnichts mit Religion und an etwas Glau-ben zu tun, sondern mit einer tiefen Er-fahrung von Allverbundenheit (DAO),Liebe oder Einheit. Es gibt viele Begriffedafür. Die letzte Wirklichkeit ist mit Wor-ten nicht zu beschreiben und mit unsererRationalität nicht fassbar, sondern wird

von ihr überschritten. Damit meine ichetwas, mit dem sich alle Übungswegeder großen Weltreligionen, aber auchZen, Vipassana, Yoga, Drehtanz, Kontem-plation, Qigong und Taijiquan beschäfti-gen. Rationalität wird dadurch nicht ab-gewertet, sondern sie bekommt einedienende Funktion für ein größeres Gan-zes - für alles Leben und die ganze Welt.

SB: Ich stimme mit Klemens überein. Zu-nächst einmal muss man Spiritualitätsehr offen verstehen und darf sie nichtmit Religion gleichsetzen. Sie ist eine ele-mentare menschliche Größe. Darüber hi-naus ist Spiritualität ein sehr großes undauch komplexes Gebiet, das heutzutageleider aus den schon genannten Grün-den eher marginalisiert wird. Wird dieseDimension nicht gelebt bzw. integriert,kann dies krankhafte Züge annehmen,deren Auswüchse wir überall auf derWelt sehen.

NM: Könntet ihr euer Verständnis vonSpiritualität noch genauer beschreiben?

SB: Zu einer gesunden Spiritualität ge-hört erst einmal ein gesundes Ich, daswenn es in sich stark genug ist, auchletztendlich überwunden werden kann.

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Überblick über die Qigongforschung in ChinaQigong hat eine Jahrtausende alte Ge-schichte. Seit der Erfindung der Schrift-zeichen sind Qi-Gong-Übungen zur Le-benserhaltung dokumentiert. Der Be-griff Qigong umfasst eine Vielzahl vonMethoden zur physischen und geistigenSelbststärkung, deren Basis die Regulie-rung des Energieflusses im Körper, derAtmung und des Pulsschlags ist. Im Al-tertum wurde Qigong oft als geheimeTechnik ausschließlich an die Erben derFamilie weitergegeben. Daher war Qi-gong in der Öffentlichkeit lange Zeit un-bekannt.

Seit den 1950er Jahren wurde Qigong ineinigen Sanatorien Chinas als Heilme-thode eingesetzt, um Menschen mitchronischen Krankheiten zu helfen. Dankder Verbreitung neuer wissenschaftli-cher Theorien und der Verbesserung derMesstechnik begannen allmählich auchForscher auf Qigong-Phänomene auf-merksam zu werden. Ende der 1970erJahre wurden erste Forschungen überdas Wesen und die Wirkungsmechanis-men von Qigong aufgenommen.

1978 kamen erstmals in einer wissen-schaftlichen Zeitschrift Ergebnisse auseinem Experiment zur Veröffentlichung,in dem das von einem Qigong-Meisterausgesendete Qi untersucht wurde. Dasgleiche Forschungsexperiment wurde inverschiedenen Forschungsinstitutionennachvollzogen. Von da an galt Qigong inChina nicht mehr nur als Aberglaube undTeil eines idealistischen Weltbildes, son-dern wurde zu einem ernst zu nehmen-den Gegenstand wissenschaftlicher Un-tersuchungen. Zudem gehörte die Qi-gong-Forschung zur Biologie und damitzu einem anerkannten Gebiet der Bio-wissenschaften. Viele Wissenschaftler,die sich für die Fähigkeiten des mensch-lichen Körpers interessierten, engagier-ten sich nun auch für die Erforschungvon Qigong-Phänomenen.

Der Malerin Guo Lin aus Beijing ist es zuverdanken, dass Qigong seit den 1970erJahren nicht mehr nur innerhalb der Fa-

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lem hier im Westen in der Regel nichtdoktrinär vereinnahmt. Dies sehe ich alsgroße Chance, da vor allem nicht nur dasintellektuelle Wissen, sondern der Kör-per eine große Rolle spielt. Diese ganz-heitliche Herangehensweise (Körper,Energie, Geist) ermöglicht einen freienund persönlichen Zugang zur Spirituali-tät zu finden. Dabei muss man seine Re-ligion nicht über Bord werfen, um mit Qi-gong eine Bereicherung und Vertiefungder individuellen, spirituellen, religiösenPraxis zu verfolgen.

NM: Was kann man konkret von demgeplanten Symosium erwarten?

KS: Mit diesem Symposium wollen wireine Plattform schaffen, auf der Fragender Integrität von Qigong und Taijiquanals Übungsweg und Fragen der Spiritua-lität aufgeworfen und unterschiedlicheSicht weisen nebeneinander gestellt wer-den können. Dabei soll auch Raum sein,Übung und Ziel der Übung aus unter-schiedlichen Blickwinkeln zu betrachten.

SB: Ich sehe das Symposium auch alseine Zusammenkunft, die die Vielfalt derunterschiedlichen spirituellen Wege imQigong und Taiji aufzeigt und diese wür-digt. Jeder sollte seine Sicht der Spiritua-lität, ob aus östlicher oder westlicher Per-spektive gesehen, selbst definieren unddarstellen können. Nur so wird man Un-terschiede und Gemeinsamkeiten deut-lich erkennen können und möglicher-weise wird es einen gemeinsamen Min-destkonsens geben oder auch nicht. Dieverschiedenen Beiträge in den Vorträgenkönnen so zu einer Reflexion der spiritu-ellen Übungspraxis im Qigong und Taiji-quan beitragen und das Üben der Schü-ler und Schülerinnen und die Unterrichts- praxis der Unterrichtenden vertiefen.

KS: Insbesondere soll herausgearbeitetwerden, welche Bedeutung Spiritualitätfür ein sinnvolles und erfülltes Leben hat,welche Rolle dabei eine stimmige Ener-gie-Balance für den Gesamtorganismusspielt und wie die neuesten Erkenntnis-se aus Neurowissenschaft und Quanten-

physik dazu beitragen können. Es sollalso untersucht werden, welches beson-dere Potential Taijiquan und Qigong indiesem erweiterten Kontext haben. DasSymposium will verschiedene geistigeWege im Qigong und Taijiquan aufzei-gen. Dabei sollen sowohl der traditionel-le chinesische Kulturkontext als auch Er-fahrungen aus unserem Kulturkreis füreine fundierte westliche Sichtweise ineine Gesamtbetrachtung mit einbezo-gen werden. Wir möchten als Veranstal-ter damit wichtige Impulse für die Ent-wicklung von Taijiquan und Qigong inDeutschland geben.

NM: Mit der Wahl des Veranstaltungsor-tes knüpft ihr ja an die Tradition von überhundert Jahren populärwissenschaftli-cher Öffentlichkeitsarbeit der Urania an.War das gewollt?

SB: Auf alle Fälle. Wir wollten unbedingtmit dem Symposium in Berlin sein, weildiese Stadt als ein Ort für Innovation aufkulturellem und wissenschaftlichem Ge-biet gilt und sozusagen ein Umschlag-platz für neue Ideen ist. Wir möchtengern die neuesten wissenschaftlichenForschungen und Erfahrungen auf demGebiet Qigong, Taijiquan und Spirituali-tät vorstellen. Deshalb haben wir zweinamhafte Professoren aus China eingela- den, die für ihre besonderen Forschungs-ergebnisse im Qigong-Fachbereich sehrbekannt sind. Professor Walach von derViadrina Frankfurt leitet den Lehrstuhlfür Transkulturelle Forschung und hatüber Spiritualität publiziert. Das wird si-cher spannend werden.

KS: Ja, das denke ich auch: Berlin ist eineReise wert. Berlin ist immer ein Magnetfür Menschen gewesen, die neue Wegegehen. Wir denken, dass ein Aufbruchhin zu einer sinnerfüllten spirituellenKultur notwendig ist und dass Taijiquanund Qigong zwei ganz besondere Pfadesind, die – neben anderen – einen Weg ineinen mit Sinn und Freude erfüllten All-tag weisen können.

NM: Danke für das Gespräch. Wir wün-schen gutes Gelingen.

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Qigong-Forschungen in China

Von Prof. Yiyi Zhu

Im Zuge der Modernisierungsbemühungen Chinas im 20. Jahrhundert spielte Qigongin der Wissenschaft und Forschung eine wesentliche Rolle. Vor allem zu Beginn der1980er Jahren wurde Qigong eine Kraft zugeschrieben, die helfen sollte, die vier Mo-dernisierungsziele Landwirtschaft, Industrie, Wissenschaft und Verteidigung unterEinbeziehung der chinesischen Kultur zu erreichen. Die damals angenommene Om-nipotenz von Qigong löste eine Qigong-Welle in der Bevölkerung aus, die außer ne-gativen Auswirkungen auch eine ganze Reihe erstaunlicher Forschungsergebnisseund deren Weiterentwicklungen mit sich brachte. Diese sind in der westlichen Weltrecht wenig bekannt. Im nachfolgenden Artikel gibt Frau Prof. Zhu einen kleinenÜberblick. Beim vom Netzwerk geplanten Symposium im Februar 2015 in der BerlinerUrania wird sie weitere Entwicklungen und Forschungen aus China vorstellen und ihren langjährigen Erfahrungsschatz mit den Besuchern teilen.

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Annahme, dass ausgesendetes Qi einesQigong-Meisters gram-negative Bakte-rien verletzen und vernichten kann, ließman die Versuchsteilnehmer ihr Qi aufKrankheitserreger (gram-negative wiegram-positive Bakterien) übertragen. ImErgebnis wurde nachgewiesen, dass E. coli, Shigella, Staphylococcal protein Aund Staphylococcus aureus verletzt undgetötet werden können. Weitere Experi-mente folgten, in denen mit Erfolg be-stätigt wurde, dass ausgesendetes Qiauch die Vermehrung von Bakterien för-dern kann. Es ist bemerkenswert, dass –abhängig von den Gedanken des Qi-gong-Meisters – die Experimente entge-gen gesetzte Wirkungen erzielten. Wur-de in der ersten Minute Qi mit dem Ge-danken „Töten“ übertragen und in derzweiten Minute mit dem Gedanken „Ver-mehren“, traten umgehend die jeweili-gen Resultate ein.

Es ist also festzuhalten, dass die Wirkungdes ausgesendeten Qi mit den Gedan-ken des Qigong-Meisters verbunden ist.

Das ist übrigens bereits in Dokumentenaus dem Altertum zu lesen. Dies brachteuns auf die Frage, ob das ausgesendeteQi, begleitet von bestimmten Gedanken,auch unterschiedliche Informationenträgt. Welche Wirkungen haben die Ge-danken auf das ausgesendete Qi? Diesist zweifellos ein Forschungsthema miteiner reizvollen Perspektive, zu der ge-genwärtig die nötigen technischen Ge-räte fehlen. Man könnte dies jedoch lö-sen, indem man den menschlichen Kör-per selbst als eine Art Messgerät nutzt.Denn alle die genannten Experimentezeigen, dass der Körper des Menschen inBezug auf ausgesendetes Qi oder ähnli-che Einwirkungen in mancherlei Hin-sicht empfindlicher reagiert als die heu-tigen wissenschaftlichen Geräte.

Forschungen über physiologische Veränderungen im Qigong-ZustandWie verändern sich nun die verschiede-nen Funktionen des menschlichen Orga-nismus, wenn ein Qigong-Meister das Qiim Körper in Bewegung bringt? Welche

Wechselwirkungen gibt es zwischendem Qigong-Effekt und den verändertenKörperfunktionen?

Um das Absondern von Verdauungssäf-ten im Qigong-Zustand zu beobachten,hat Herr Wang Jialin aus dem YunnanNationalitäten-Institut einen Arzt über-redet, ihm operativ eine Drainageröhrefür Gallenflüssigkeit einzusetzen. Da-durch konnte er über mehr als vier Mo-nate das Absondern von Galle im Schlaf,im Qigong- und im Entspannungszu-stand beobachten. Nach den Ergebnis-sen seiner Statistik waren sowohl dieMomentanwerte als auch die Durch-schnittswerte der abgesonderten Galleim Qigong-Zustand höher als im Entspan-nungs zustand vor der Qigong-Übung.Im Qigong- und im Schlafzustand nahmdie Absonderung von Gallenflüssigkeitdeutlich zu. Wang Jialin wies ebenfallsnach, dass sich der Blutdruck währendder Qigong-Übung verändert und sichHypertonie normalisiert. Wenn beimÜben die Aufmerksamkeit auf bestimm-

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milien weitergegeben, sondern auch auföffentlichen Plätzen und in Parks geübtwurde. In ihrer Jugend erkrankte Guo Linan Krebs und fand auch nach mehrerenOperationen keine Heilung. Daraufhinentwickelte sie selbständig das Guolin-Qigong, durch dessen Praxis sich ihre Ge-sundheit ständig verbesserte. Ihr Erfolgzog viele Menschen an und Qigong wur-de zu einem Massenphänomen, bei demviele Menschen körperliche und psy-chische Besserungen, besonders in mul-timorbiden Fällen erfuhren. Infolge des-sen verbreitete sich Qigong sehr schnellund in den 80er und 90er Jahren wurdeganz China von einer regelrechten Qi-gong-Welle erfasst. Viele verschiedeneQigong-Schulen schossen aus dem Bo-den. In der Hochphase gab es über 1000Methoden und mehr als 10 Millionen Qi-gong-Praktizierende. Damals beteiligtensich über 50 Universitäten, Kliniken, For-schungsinstitute und pharmazeutischeUnternehmen an den Forschungen, u. a.die Beijing Universität, die Qinghua Uni-versität sowie das Technik- und das Bio-physikalische Institut der ChinesischenAkademie der Wissenschaften.

Nachweis von ausgesendetem Qi bei Qigong-MeisternEnde 1977 begannen Frau Prof. Gu Hansenvom Shanghaier Kernforschungsinstitutder Chinesischen Akademie der Wissen-schaften und Herr Lin Housheng vom Qigong-Forschungsinstitut in Shanghaidamit, ausgesendetes Qi von Qigong-Meistern zu erforschen. Sie entwarfenzwei Messanlagen für infrarote Strah-lung auf kurzer Distanz. Bei dem Testrichteten sie den Empfangssensor derMessanlage aus einer Entfernung von 1,2Metern auf den Lao-Gong-Punkt derrechten Handfläche des Qi-Gong-Meis-ters Lin Housheng. Während des Qi-Aus-sendens durch den Meister wurde einemodulierte niedrigfrequente Infrarot-strahlung nachgewiesen. Wenn der Meis-ter sein Qi sich frei bewegen ließ, war derUmfang der Modulation groß, bei niedri-ger Frequenz (0,05 Hz). Unterdrückte derMeister das Qi, wurde der Modulations-umfang klein, die Frequenz stieg auf 0,3Hz. Kurz vor Ende des Qi-Aussendens pe-

gelte sich der Modulationsumfang beieinem Mittelwert ein; die Frequenz be-trug dann 0,17 Hz. Dieses Ergebnis wurdeim Mai 1978 in dem internationalen Wis-senschaftsjournal „Nature“ veröffentlichtund löste eine große Debatte in der Wis-senschaft und in der Qigong-Welt aus.

Ein halbes Jahr nach der Veröffentli-chung dieser Forschungsergebnisse wie-derholte ein drittes Kooperationsteamdes Beijinger Qigong-Forschungsinsti-tuts das gleiche Experiment. Mit einemInfrarotmessgerät wurde festgestellt,dass das ausgesendete Qi, diesmal vomQigong-Meister Zhao Guang, ebenfallsmodulierte Infrarotstrahlung war. Daswar eine Entdeckung von weitreichenderBedeutung in der Qigong-Forschung.

Früher wurden Wirkungen von ausge-sendetem Qi von Qigong-Meistern ent-weder gar nicht beachtet oder so über-trieben, dass es wenig glaubhaft wirkte.Prof. Gu war die erste, die ausgesendetesQi mit wissenschaftlichen Geräten ge-messen und einige seiner physikalischenEigenschaften dokumentiert hat. Damitwurde die objektive Existenz von Qi be-stätigt. Diese bahnbrechende Arbeitkann als Meilenstein in der chinesischenwissenschaftlichen Forschung betrach-tet werden. Sie wurde ebenfalls in „Na-ture“ kommentiert (26.10.1978) und Prof.Gu als Vorläuferin in diesem Bereich ge-würdigt.

Später hat Prof. Gu das Qi von Meisternverschiedener Qigong-Schulen unter-sucht und dessen unterschiedliche Ei-genschaften nachgewiesen. So wurdez.B. am Yin-Tang-Punkt von Meister ChengZhijiu statische Elektrizität nachgewie-sen, während das Qi von Meister Liu Jin-tang magnetischer Art war. Sie entdeck-te darüber hinaus, dass ausgesendetesQi jeweils spezifische Informationenträgt, abhängig von den physiologischenBedingungen und den Gedanken der je-weiligen Meister und führte in diesemZusammenhang den Begriff „Lebensin-formation“ ein. Gegenwärtig werden diephysikalischen Eigenschaften des ausge-sendeten Qi von Meistern verschiedenerQigong-Schulen erforscht.

Wirkungen von ausgesendetem Qi auf BakterienEin Qigong-Meister kann mit seinem Qibestimmte Krankheiten behandeln. Da-her ist es für Qigong-Forscher wichtig,die biologischen Wirkungen von Qigongund die Beziehungen zwischen ausge-sendetem Qi, dem Immunsystem und -der Theorie der chinesischen Medizin fol-gend – dem Blut und Qi des Empfängerszu untersuchen. In diesem Bereich hatdas Forschungsteam unter Prof. FengLida, der im Naval General Hospital derVolksbefreiungsarmee Chinas tätig war,die ersten Erfolge erzielt. Bereits im Jahr1982 veröffentlichten sie eine Reihe inte-ressanter Resultate. Ausgehend von der

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Wissenswertes zur Berufspraxis

Eingeladen waren VertreterInnen desSpitzenverbandes der gesetzlichen Kran-ken- und Pflegekassen in Deutschland,VertreterInnen aus Politik und Wirt-schaft sowie aus einer Vielzahl von Insti-tutionen, Stiftungen und Vereinen, diesich mit diesen Themen befassen. Meinefolgende Zusammenfassung der Eindrü-cke dieser Veranstaltung zeigt, wie sichdie Komplementär- und Alternativmedi-zin in Deutschland in den letzten Jahren

entwickelte und wie ich die Zukunft desTaijiquan und Qigong in diesem Kontexteinschätze.

Prävention in DeutschlandUnter „Prävention“ versteht man in un-serem Land gesundheitsfördernde Maß-nahmen, die Krankheiten vorbeugenbzw. verhindern sollen. Strategien zurStressbewältigung, Bewegungsförde-rung, Informationen zu gesunder Ernäh-

rung, Aufklärung über Suchtkrankheitenoder auch betriebliche Gesundheitsför-derung bilden die aktuellen Pfeiler derGesundheitsprävention.

Als Taijquan- und Qigong-LehrerInnenkennen wir das mühsame Ringen umwenigstens anteilige Kostenerstattun-gen der Kursgebühren durch die Kran-kenversicherungen unserer Kursteilneh-merInnen. Die Entscheidungsgrundlagefür eine solche Bezuschussung bildet be-kannter Weise der § 20 des Sozialgesetz-buches V und der Leitfaden Prävention.Fakt ist, dass für präventive Maßnahmenein äußerst geringes Budget zur Verfü-gung gestellt wird. Laut den statistischenErmittlungen des Bundesministeriumsfür Gesundheit wurden im Jahr 2012 nur

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F achliches

te Akupunkturpunkte im oberen oderunteren Körperbereich gerichtet wurde,änderte sich der Blutdruck entsprechendsteigend oder sinkend.

Wichtige Voraussetzung ist jedoch, dasssich der Körper des Probanden auch wirk-lich im Qigong-Zustand befindet, wassolche Forschungen erschwert. Um exak-te Daten in diesem Bereich zu bekom-men, ließ sich Wang Jialin auf die ge-nannte Weise operieren, ertrug die kör-perlichen Schmerzen und leistete damiteinen Beitrag zu den Qigong-Forschun-gen in China. Herr Lin Yagu vom For-schungsinstitut für chinesische Medizinin Shanghai und das Körperfeld-For-schungsteam von der Verkehrsuniversi-tät Shanghai haben die thermographi-sche Methode gewählt, um zu beobach-

ten, wie sich die Intensität der infrarotenStrahlung an der Hautoberfläche verän-dert. Es zeigte sich, dass die Infrarot-strahlung an den Handflächen und amArm sowohl des Qigong-Meisters alsauch der Qi empfangenden Person stär-ker wurde, wenn der Qigong-Meistersein Qi aussendete. Wenn er die Qi-Aus-sendung beendete, war an seiner Hand-fläche fast keine Infrarotstrahlung mehrzu beobachten, während sie sich an derHandfläche seines Gegenübers noch ei-nige Zeit fortsetzte und die Temperaturdort ebenfalls erhöht war. Als der Qi-gong-Meister sein Qi aussendete, be-richtete der Qi-Empfänger, an welchenKörperstellen er etwas empfand. DieseStellen standen in direktem Zusammen-hang mit den Stellen, an denen die infra-rote Strahlung stärker wurde. Das Ergeb-

nis dieses Experiments zeigte uns, dassdie Qi-Aussendung vom Gehirn des Qi-gong-Meisters gesteuert wird und dassseine Gedanken die Infrarotstrahlung ander Körperoberfläche des Qi-Empfängersbeeinflussen können.

Von jeher gilt Qigong als Methode, denKörper zu stärken, das Leben zu verlän-gern und bestimmte Krankheiten zu hei-len. Die oben erwähnten Experimentelassen uns erkennen, dass der Körper desMenschen durch Qigong-Übungen phy-siologische Veränderungen erfahren kann.Verschiedene Forschungsinstitutionenhaben eine Vielzahl solcher Experimenteund Tests durchgeführt. Damit wurdeder wissenschaftliche Nachweis erbracht,dass Qigong Gesundheit pflegende undheilende Funktionen hat. Gleichzeitigwurden neue Forschungsfragen aufge-worfen in Bezug auf die Vielzahl der ver-schiedenen Qigong-Schulen und -Me-thoden, ihren physiologischen Wirkun-gen und deren Folgen.

Von den 1980er bis zum Ende der 1990erJahre wurden in der Qigong-Forschun-gen über 1000 Ergebnisse veröffentlicht,vor allem in Bezug auf die Theorie unddie praktische Anwendung in den Berei-chen Physiologie, Psychologie, Physik,Medizin und Lebenspflege. Das 21. Jahr-hundert ist die Zeit der Lebenswissen-schaft. Hier befinden wir uns kurz vordem entscheidenden Durchbruch unddie Qigong-Forschung steht dabei anerster Stelle. Diese Aussicht ist sicherlicherhebend, doch wird mit dem Voran-schreiten der Forschungen die Aufgabegleichzeitig immer schwieriger. Wir ha-ben noch einen langen Weg vor uns.

Netzwerkmagazin · 201430

Frau Prof. Yiyi Zhu ist Vizegeneralsekretärinund Mitglied der Wissenschaftskommissionim Shanghaier Qigongverein, ständigerVorstand im chinesischen Forschungs -komitee der somatischen Wissenschaftund Chefredakteurin des Journals „ChineseJournal of Somatic Science“. Sie wird alsHauptreferentin auf dem Symposium desTaijiquan & Qigong Netzwerkes Deutsch-land im Februar 2015 dabei sein.

Die Autorin

25 Jahre Prävention – Blick zurück und nach vorn

Von Sonja Blank

Im November 2013 luden Kneipp-Bund und Dachverband Anthroposophische Medi-zin in Deutschland nach Berlin ein zur Tagung „25 Jahre Prävention“. Auf Grund desInkrafttretens des § 20 des Sozialgesetzbuches zur Prävention und Selbsthilfe wollteman sich mit der aktuellen Situation von Krankheitsprävention und Gesundheitsför-derung auseinander setzen: Die bisherigen Erfolge und auch Defizite galt es zu erör-tern, um daraus folgernd nachhaltige Zukunftsstrategien zur Gesundheitsförderungund Krankheitsverhütung zu diskutieren.

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Wissenswertes zur Berufspraxis

Herz-Kreislauf- Krankheiten und Erkran-kungen des Bewegungsapparates an derSpitze, so nahmen in den letzten Jahrenpsychische Erkrankungen und darausfolgende Arbeitsausfälle rasant zu. LautStatista stiegen die Fehlzeiten infolgevon psychischen Störungen von 2006 bis2011 um 65 Prozent. 2010 machte die psy-chosomatische Klinik Heiligenfeld aufdiese dramatische Entwicklung auf-merksam und forderte politische Konse-quenzen.

Im Stressreport Deutschland 2012 derBundesanstalt für Arbeitsschutz und Ar-beitsmedizin heißt es dazu, dass in derheutigen Arbeitswelt oft Multitaskingund Präsentismus Auslöser für psychischeErkrankungen sein können. Festgestelltwird, dass ArbeitnehmerInnen krank zurArbeit kommen und dass sie umso häu-figer krank zur Arbeit gehen, je belasten-der und problematischer die Arbeitsbe-dingungen sind: „Dieses Phänomen wirktsich, trotz der dauernden Präsenz der Ar-beitnehmer als Kostenfaktor für den Be-trieb aus. Für den Arbeitnehmer wurdenals Langfolgen doppelt so hohes Herzin-farktrisiko mit möglicher Todesfolgeoder auftretende Langzeit-Arbeitsunfä-higkeit 2 – 3 Jahre später festgestellt.“ (2)

Seitens der Betroffenen und Verantwor-tungsträger wurde deshalb der Ruf nacheinem Antistress-Gesetz laut. Ob sich da-

mit das Problem befriedigend gelöstwerden kann, sei dahin gestellt. Dr.Schlenker von der Barmer GEK machtedeutlich, dass den Krankenversicherun-gen trotz der steigenden Ausgaben undder noch zu erwartenden Haushaltdefi-zite durch den demografischen Wandelder konkrete Auftrag für Prävention feh-le. Ein Präventionsgesetz wurde schon inder Vergangenheit gefordert. Seine Vor-bereitung befindet sich jetzt im viertenAnlauf. Im aktuellen Koalitionsvertrag istdie Ausarbeitung und Verabschiedungdieses Gesetzes nicht erst am Ende derLegislaturperiode vorgesehen – wir dür-fen gespannt sein …

Staatlicher Abschluss als AnbieterqualifikationAllerdings ist nicht zu erwarten, dassMethoden wie Taijiquan, Qigong undYoga etc. automatisch unterstützt wer-den, obwohl ihr gesundheitsfördernderNutzen in zahlreichen Studien nachge-wiesen ist. Laut TNS Infratest Sozialfor-schung (2012) halten 20 % der Befragtenalternative Heilmethoden für wirkungs-voller als schulmedizinische Verfahren.„Die zunehmende Popularität der Alter-nativmedizin ist auch begründet in dersubjektiv intensiver erlebten Kommuni-kation und emotionalen Zuwendung,dem stärkeren Einbezug auch persönli-cher Probleme aus der Familie oder demBerufsleben. Bereits der zeitliche Um-

fang des persönlichen Kontaktes beimAlternativtherapeuten wird doppelt sohoch eingeschätzt wie beim Schulmedi-ziner“, heißt es in der Gesundheitsbe-richterstattung des Bundes aus dem Jahre2002 (3). Auch wenn wir in unserem Be-ruf als Taijiquan- oder Qigong-Unterrich-tende in der Regel nicht therapeutischarbeiten, sind Qualitäten wie individuel-le Ansprache und emotionale Zuwen-dung bei vielen unserer KursleiterInnenzu finden und werden von den Teilneh-merInnen geschätzt.

Ob unsere Maßnahmen zur Gesund-heitsförderung – unsere Kursangebote –finanziell unterstützt werden, wird auchzukünftig von der Anbieterqualifikationabhängen. Es gibt deutliche Zeichen da-für, dass sich der Trend der letzten Jahrewahrscheinlich durchsetzen wird, demzu Folge eine staatlich anerkannte aka-demische Ausbildung zur Fördervoraus-setzung werden wird. Einige Bildungs-einrichtungen wie IHK und Universitä-ten konzipierten bereits entsprechendeBerufsabschlüsse. Vielleicht wird es innäherer Zukunft Batchelor und Masterfür Komplementärmedizin mit Taiji-quan-, Qigong-, Shiatsu- oder Yoga-Spe-zialisierung geben. Der erste Studien-gang in Komplementärmedizin hat imletzten Jahr an der Steinbeis-Hochschulebegonnen. Bekannter Weise bildet dieUni Oldenburg seit Jahren Qigong-Kurs-leiterInnen aus. Inzwischen gibt es auchan Hochschule Neubrandenburg ähnli-che Ausbildungen für Taijiquan.

Psychische Erkrankungen und demogra-fischer Wandel als HerausforderungDa der Anteil der über 80-jährigen bis2050 voraussichtlich von 4 % auf 12 % derGesamtbevölkerung steigen wird, stelltdas gesunde Altern auch ein marktwirt-schaftliches Thema dar. Dies ist meinesErachtens eine große Chance für Präven-tionsmethoden wie Taijiquan und Qigong, da beides bis ins hohe Alter prak-tiziert werden kann. Die deutschen Kran-kenkassen befürchten eine Kostenexplo-sion ab 2017. Denn chronisch-degenerati-ve Erkrankungen, die mit dem Alterneinhergehen, werden stark zunehmen.

33Netzwerkmagazin · 2014

Wissenswertes zur Berufspraxis

1,69 Milliarden Euro für Prävention,Selbsthilfe und soziale Dienste ausgege-ben. Das sind vier Millionen Euro weni-ger als im Jahr 2011! Dem gegenüber ste-hen Krankenhauskosten mit 62 Milliar-den Euro, Arzneimittel mit 29 MilliardenEuro und Kosten für ärztliche Behand-lungen in Höhe von 28 Milliarden Euro.

Anhand einer vom WHO-RegionalbüroEuropa durchgeführten Untersuchungstellte Frau Professor Kickbusch fest,dass in vielen Ländern Gesundheit als„Produkt“ gehandelt wird. 95 % der sogenannten Gesundheitsausgaben seienin Wirklichkeit Krankheitsausgaben.Höchstens 5 % der Gesundheitsaus-

gaben dienten in den Ländern Deutsch-land, Finnland, Mexiko, Thailand, Nieder-lande dem eigentlichen Bereich der Gesunderhaltung und Gesundheitsvor-sorge – der Prävention. Schlusslicht bil-det Korea mit knapp mehr als 1 %. Einzigin Kanada wird mit 8 % relativ „viel“ Geldfür Prävention ausgegeben.

Paternalismus, d.h. Bevormundung, undwachsende soziale Ungleichheit verhin-dern, den Gesundheitsbereich zu demo-kratisieren und die mächtige Einfluss-nahme der gewinnorientierten (Pharma-)Industrie und des Handels zu unterbin-den – so Frau Professor Kickbusch. WeilGesundheit von Wirtschaft und Sozial-politik abhängt, sind faire Spielregeln inunserer Gesellschaft und fundiertes Wis-sen sowie Fertigkeiten zur Gesundheits-förderung nötig. So zeigen Wirtschafts-krisen deutlich unmittelbare gesund-heitliche Auswirkungen: In Krisenländernsind die Selbstmordraten hoch, die Tu-berkulose-Erkrankungen nehmen zu.

In der anschließenden Podiumsdiskussi-on kritisierte Professor Rosenstock dieUmsetzung von Prävention in Deutsch-land: Der Wettbewerb der Krankenversi-cherungen habe in eine Sackgasse ge-führt – 80 % des Präventionsbudgetssetzten auf Verhaltensprävention, diesozialen Unterschiede hätten sich ver-

schärft und es fehle ein Stärkung der Be-wältigungsressourcen. Diese Gedankenunterstrich auch Ilona Kickbusch. Sie er-läuterte das EU-Programm der WHO. DieOttawa Charta zur Gesundheitsförde-rung, die jetzt auch von der OECD unter-stützt werde, habe als erstes gesund-heitspolitisches Dokument das neue ak-tive Gesundheitsverständnis formuliertund damit die dritte Gesundheitsrevolu-tion eingeleitet. Die sich daraus entwi-ckelnde Umorientierung und Neugestal-tung des Gesundheitsbegriffes bzw. Ge-sundheitsverständnisses sollte Leitbildunserer modernen Gesundheitspolitikwerden.

Die erste Internationale Konferenz zurGesundheitsförderung verabschiedeteam 21. November 1986 in Ottawa eineCharta, mit der sie zum aktiven Handelnfür das Ziel „Gesundheit für alle“ bis zumJahr 2000 und darüber hinaus aufrief.Hierin heißt es: „Gesundheitsförderungunterstützt die Entwicklung von Persön-lichkeit und sozialen Fähigkeiten durchInformation, gesundheitsbezogene Bil-dung sowie die Verbesserung sozialerKompetenzen und lebenspraktischerFertigkeiten. Sie will dadurch den Men-schen helfen, mehr Einfluss auf ihre ei-gene Gesundheit und ihre Lebensweltauszuüben.“

Mit dem WHO Programm Europa 2020werde eine mutige Politik angemahnt,die die Gesundheitskompetenz bei Bür-gerInnen aber auch PoliterInnen stärkenmüsse. Professor Kickbusch rief auf zu„Health in all Policies“. Der Gesundheits-sektor erhalte im 21. Jahrhundert eineganz neue Bedeutung und müsse in denvielfältigen Lebenswelten des modernenAlltags gefördert werden. (1)

Wohin fließt das Geld?Kosten für chronische und psychische Er-krankungen stehen an erster Stelle derAusgaben der Krankenversicherungen.Nach Aussage von Dr. Schlenker von derBarmer GEK werden für die Behandlun-gen von nichtübertragbaren Krankhei-ten 80% der Finanzmittel ausgegeben.Standen in den neunziger Jahren noch

Netzwerkmagazin · 201432

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§Wissenswertes zur Berufspraxis

Das Heilmittelwerbegesetz war bis zumHerbst 2012 ein Eldorado für Abmahn- vereine, es enthielt eine ganze Reihe vonVerboten, deren Sinn verlorengegangenwar. Nun ist es mit Wirkung vom 12. Ok-tober 2012 reformiert worden, die absur-desten Regelungen sind weggefallenoder abgeschwächt. Alle, für die das Ge-setz gilt, können nun aufatmen, dennihre Werbung ist rechtlich einfacher ge-worden. Ich will hier für Sie zusammen-stellen, was nicht mehr gilt und was Sieimmer noch zu beachten haben.

Zunächst das, was gleich geblieben ist:das ist die Gruppe derjenigen, für die dasGesetz gilt, bzw. die Zusammen hänge,für die es seine Wirkung entfaltet. Dadies die schwierigste Frage in der An-wendung des HWG war und immer nochist, und ein Einfallstor für Ab mahnungenbildet, will ich das kurz für Sie skizzieren.

Zuerst ist es immer gut, das Gesetzselbst zu lesen. Ich zitiere hier den Ge-setzes text nur soweit er für Sie als Taiji-quan- QigonglehrerInnen von Belang ist:

Das HWG benennt in § 1 seinen Geltungsbereich: §1 Dieses Gesetz findet Anwendung aufdie Werbung für

1. Arzneimittel im Sinne des § 2 des Arzneimittelgesetzes, (2)

1a. Medizinprodukte ...2. andere Mittel, Verfahren, Behandlun-

gen und Gegenstände, soweit sichdie Werbeaussage auf die Erkennung,Beseitigung oder Linderung vonKrankheiten, Leiden, Körperschädenoder krankhaften Beschwerden beiMensch oder Tier bezieht, sowie ope-rative plastisch-chirurgische Eingriffe,soweit sich die Werbeaussage auf dieVeränderung des menschlichen Kör-pers ohne medizinische Notwendig-keit bezieht. (das ganze Gesetz fin-den Sie unter www.gesetze-im-Inter-net.de)(1)

§ 1 HWG verlangt die Beachtung des gan-zen Gesetzes von allen, die in ihrer Wer-bung Aussagen zu den genannten The-men machen (Erkennung, Beseiti gung,Linderung usw.). Über den Begriff „Wer-bung“ kann man Doktorarbeiten schrei-ben, gehen Sie bitte einfach davon aus,dass Ihre Faltblätter, Karten und Websei-ten jedenfalls dazugehören. Kom plizier-ter ist es, den Personenkreis zu bestim-men, der betroffen ist. Alle, die mit einerErlaubnis die Heilkunde ausüben, alsoHeilpraktikerInnen (HP) und Ärzt Innen,sind jedenfalls vom HWG gemeint undmüssen sich daran halten. Diejeni genvon Ihnen, die diese Berufe mit Taiji quanund Qigong verbinden, werden dieseProblematik daher kennen.

Aber nicht nur ÄrztInnen und Heilprakti-kerInnen sind dabei. Es gibt nach den Be-schlüssen des BVerfG aus dem Jahre2004 (3) auch eine erlaubte Ausübung

35Netzwerkmagazin · 2014

Wissenswertes zur Berufspraxis

Die WHO führt in ihrem Programm aus,dass es keineswegs nur auf das objektiveKrankheitsbild ankomme, sondern vielmehr auf die subjektive Eigenwahrneh-mung und Befindlichkeit eines Men-schen. Unser jetziges Gesundheitssys-tem ist primär auf Diagnostik und Kura-tion ausgerichtet. Zukünftig sind gutvernetztes Handeln und neue Infrastruk-turen ganz unterschiedlicher Gesund-heitsdienstleiter notwendig. Die geria-trische Prävention muss sich von seinerDefizit-orientierten Sicht des Alters zueiner Ressourcen-orientierten Sichtwei-se hin entwickeln. Das Alter, seine Le-benswelt und Lebensqualität sind neuwahr zu nehmen. Älteren Menschenmuss eine Teilhabe an Arbeit ermöglichtwerden. Qualifizierte Berufsausbildun-gen sollten Helfer, Pfleger und Gesund-heitsdienstleister auf diese Entwicklungbesser vorbereiten. Präventionsangebo-te, die die subjektive Gesundheit und Le-bensqualität fördern, sind auf breiterEbene in unser Versorgungssystem opti-mal zu integrieren.

Die Umstrukturierung des bestehendenGesundheitssystems in ein „PreventiveHealth Care System“ ist Aufgabe derKommunen (4). Das bedeutet, dass essich lohnt, rechtzeitig kommunale Netz-werke aufzubauen. Ich erinnere an denVortrag und die anschließenden Gesprä-che mit Adrienne Göhler auf dem Qi-gong-Tagen 2008 in Kassel zum Thema

„Qigong und Gesellschaft – Lebenskunstals politischer Faktor“. Adrienne Göhlerermutigte die KongressteilnehmerIn-nen, nicht auf Reformen zu warten, son-dern einfach lokale Netzwerke aufzu-bauen.

Ein weiterer Schwerpunkt in der Gesund -heitsdebatte wurde bereits erwähnt –die extreme Zunahme der psychischenErkrankungen. Dazu zählen Depressio-nen und Burnout. Da die Arbeitsausfälleaufgrund dieser Erkrankungen und infol-gedessen auch die Kosten enorm gestie-gen sind, ist dieses Thema inzwischenauch in der Politik angekommen. Auf dieUrsachen für diese Erkrankungen wurdeweiter oben bereits eingegangen. VieleBetroffene schildern, dass sie ihre Mitteoder den Boden unter den Füßen verlo-ren hätten. Sie bemängeln ein Defizit anGelassenheit und innerer Ruhe. Auchhier sehe ich ein weites Feld für den Ein-satz unserer Methoden.

Allerdings wäre eine Zusatzqualifikationfür den Umgang mit dem jeweiligenKlientel sinnvoll. Auch wenn es Studiengibt, die den Nutzen einer Methodenachweisen, so kommt es vor allem da-rauf an, wie qualifiziert die AnbieterIn-nen sind. Sonst kann es zu solchen Pein-lichkeiten kommen wie in dem Fall einerParkinson-Selbsthilfegruppe, die eineTaiji-Lehrerin eingeladen hatte. Gleichnach ihrer Vorstellung bat sie die Teil-

nehmenden darum, die Schuhe auszu-ziehen – was zu verzweifelten Gesich-tern bei den zum Teil stark Gehbehinder-ten führte. Offenbar hatte sich diese Kol-legin im Vorfeld nicht mit demKrankheitsbild befasst.

Für Berufsverbände wie etwa den Dachverband für Qigong und Taijiquan(DDQT), das Taijiquan & Qigong Netz-werk und die Deutsche Qigong Gesell-schaft sehe ich folgende Aufgaben:➜ eine klare Darstellung der Ausbil-

dungsstandards in der Öffentlichkeit(Krankenversicherungen, Volkshoch-schulen, Deutscher Olympischer Sport-bund, Bundestag etc.);

➜ Entwicklung von Studien- und Ausbil-dungsgängen gemeinsam mit Uni-versitäten und IHK;

➜ Zielgruppen-orientierte Weiterbildungder Taijiquan- und Qigong-LehrerIn-nen;

➜ Organisation von lokalen Projekten mitAngeboten für Zielgruppen wie Men-schen mit Handicap, Migranten, ältereMenschen, Kinder und Jugendliche.

Quellennachweis(1) Kickbusch, Ilona: Die Gesundheitsgesellschaft.

Megatrends der Gesundheit und deren Konse-quenzen für Politik und Gesellschaft. Verlag fürGesundheitsförderung. 2006. S. 79

(2) Stressreport Deutschland 2012 von der Bundes-anstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

(3) Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Heft 9, Inanspruchnahme alternativer Metho-den in der Medizin, Herausgeber Robert-Koch Institut, Statistisches Bundesamt

(4) Active und Healthy Ageing – Ziele und Voraus-setzungen. Von Gerhard Nägele (S. 54-57 der o.g.Broschüre der BZgA)

Interessiert an Studiengängen im Bereich Komplementärmedizin-Taijiquan-Qigong?• http://www.kinesiologie-akademie.de/

home/menu-ausbildung/bsc-komple-mentaere-methoden/

• http://www.steinbeis-hochschule.de/en/organization/institutes/institutes-at-shb.html?tx_stwsuprofile_pi1[showUid]=16673&cHash=a29cea4afef03462cde22feabb787847

• http://www.hs-nb.de/institute/igp/stressbewaeltigung/tai-chi-chuan/

• http://www.ptch.uni-oldenburg.de/56885.html

Netzwerkmagazin · 201434

Das reformierte Heilmittelwerbegesetz

von Dr. Marie Sichtermann

Vom Heilmittelwerbegesetz sind alle – auch nicht staatlich ausgebildete –Gesundheitsberufe betroffen. Auch im Bereich Taijiquan und Qigong ist Werbungund Information üblich und meist wird auf die Gesundheit fördernde Wirkung dabeihingewiesen. Da diese sich auch an Hoffnungssuchende und Kranke wendet, hat derGesetzgeber Regeln geschaffen, um diese vor unsachlicher oder gar irreführenderoder suggestiver Werbung zu schützen. Es gibt also Grenzen für die zulässigeWerbung, die einmal durch das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (1) und zu-sätzlich durch das Heilmittelwerbegesetz (HWG) markiert sind. Die aktuellenRegelungen des letzteren erläutert Frau Dr. Sichtermann im Folgenden.

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Wissenswertes zur Berufspraxis

auf die Erkennung, Heilung oder Linde-rung von Krankheiten und Leiden usw.bezieht – wenn nicht, so gilt für Sie nurdas allgemeine Verbot der Irreführungdes UWG. (1)

Auch das HWG verbietet eine irreführen-de Werbung, insoweit hat sich nichts ge-ändert. Ich möchte dennoch darauf hin-weisen, dass das, was oft und wie ichmeine, missverständlich als Verbot von„Heilungsversprechen“ bezeichnet wird,nach § 3 HWG so lautet: Unzulässig ist eine irreführende Wer-bung. Eine Irreführung liegt insbesonde-re dann vor,

1. wenn Arzneimitteln, Verfahren,Behandlungen, Gegenständenoder anderen Mitteln eine thera-peutische Wirksamkeit oder Wir-kungen beigelegt werden, die sienicht haben,

2. wenn fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass

a. ein Erfolg mit Sicherheit erwartetwerden kann.

Sie dürfen also niemals sagen, dass et-was hilft oder wirkt. Rein sprachlich lässtsich das mit „kann helfen“ oder wirkenusw. ausdrücken, eleganter ist es aller-dings, wenn Sie einfach sagen, dass Sieeine bestimmte Methode z.B. bei Migrä-ne anwenden. Damit sagen Sie nicht,dass ein Erfolg erwartet werden kann.

Die wichtigste Neuerung ist sicher, dassSie nun ganz frei Bilder, Zeichnungenund andere Darstellungen zeigen dür-fen, auf denen Sie eine Behandlungdurchführen. Ebenso dürfen Sie Kran-kengeschichten erzählen und uneinge-schränkt Fremd- und Fachwörter benut-zen und brauchen nicht mehr darübernachzudenken, ob Sie Taijiquan, Qigongoder Tuina in deutscher Sprache erklärenmüssen.

In einigen Vorschriften des § 11 ist der Zu-satz eingefügt, dass dies und das nicht„in missbräuchlicher, abstoßender oderirreführender Weise“ erfolgen dürfe,Was bedeutet das nun? Eine Kommen-

tierung dieser Begriffe findet sich auchim Internet so gut wie nicht. Es bestehtwohl Einigkeit darüber, dass es schonsehr dick aufgetragen sein muss, damitvon abstoßend oder missbräuchlich dieRede sein kann, während eine Irrefüh-rung schon durch § 3 verboten ist. Neh-men wir mal die Nr. 11: Sie richten auf Ih-ren Webseiten ein „Gästebuch“ ein, indem Ihre PatientInnen Ihr Loblied singenoder Sie sonst wie bewerten dürfen. Daswar vorher untersagt. Ich kann mir vor-stellen, dass es als Missbrauch oder Irre-führung anzusehen sein könnte, wennSie diese Gästeeintragungen selberschreiben oder von guten Bekanntenschreiben ließen. Aber darüber werdenwir erst Gewissheit haben, wenn es Ge-richtsentscheidungen dazu gibt.

Noch ein Hinweis: § 12 HWG gilt unver-ändert weiter. Er verbietet die Nennungbestimmter Leiden in der Werbung au-ßerhalb von Heilbädern, Kurorten oderKuranstalten. Diese Leiden sind in derAnlage zu § 12 HWG aufgezählt und derVollständigkeit halber und weil dieswirklich wichtig ist, gebe ich Ihnen denText der Anlage hier wieder:

HWG Anlage (zu § 12) Krankheiten undLeiden, auf die sich die Werbung nichtbeziehen darf

A. Krankheiten und Leiden beim Menschen

1. Nach dem Infektionsschutzgesetzvom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045) meldepflichtige Krankheiten oderdurch meldepflichtige Krankheits-erreger verursachte Infektionen,

2. bösartige Neubildungen,3. Suchtkrankheiten,

ausgenommen Nikotinabhängigkeit,

4. krankhafte Komplikationen derSchwangerschaft, der Entbin-dung und des Wochenbetts.

Sie dürfen also, sofern Sie zur Zielgruppedes HWG gehören, in Ihrer Werbung we-der Krebs, noch Aids, noch Bulimie, nochdie postpartale Depression erwähnen.Sollten Sie sich gerade Menschen mit

dieser Problematik zuwenden wollen,müssen Sie andere Umschreibungen su-chen.

Insgesamt ermöglicht Ihnen die Reformdes HWG nun eine viel entspanntere Pla-nung Ihrer Werbung.

Quellennachweise:(1) Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in der

Fassung der Bekanntmachung vom 3. März 2010,BGBl. I S. 254 und Heilmittelwerbegesetz. S. auchwww.gesetze-im-Internet.de

(2) Alle Vorschriften, die sich um Werbung für Arz-neimittel drehen, habe ich hier weggelassen.

(3) BVerfG Beschlüsse vom 2.3.2004 und 3.6.2004

37Netzwerkmagazin · 2014

Wissenswertes zur Berufspraxis

der Heilkunde ohne Prüfungen. In ersterLinie gehören dazu alle, die eine geistigeoder spirituelle Heilmethode ausüben.Singen, Beten und Handauflegen warendie Verfahren, über die das BVerfG zuentscheiden hatte. Das Gericht hat ent-wickelt, dass ein Verfahren, das keinerleiGefahr für die Patienten birgt, ohne Ap-probation oder HP-Schein angewendetwerden darf. Der mittelbaren Gefahr,dass sich die Leute für geheilt hieltenund weder Arzt, Ärztin noch eine Heil-

praxis aufsuchten, könne durch einenschriftlichen Hinweis begegnet werden,der den KlientInnen zur Unterschrift vor-gelegt werden solle.

Den Grundgedanken dieser Entschei-dungen, dass es auf das Gefahrenpoten-tial einer Methode ankommt, hat dieRechtsprechung seitdem folgerichtigweiterentwickelt. Demnach sind alleHeilmethoden frei, die bei regelrechterAnwendung

• keinen Schaden bei den behandelten Personen anrichtenkönnen,

• für die es keine Kontraindikationen gibt,

• die kein Gefährdungspotential haben

• und für die ein ärztliches Fachwissen nicht erforderlich ist.

Wer diese Verfahren ausüben darf, darfauch dafür als Heilmethode werben undIndikationen nennen. Dazu mag bei-spielsweise medizinisches Qigong oderauch Tuinamassage gehören, die einigevon Ihnen anbieten. Tuina ist ja sowohlals Heilmethode denkbar, die auch Kont-raindikationen hat, als auch als Well-nessmethode. Das müssen Sie selbstentscheiden, indem Sie sich die oben ge-nannten Fragen stellen. Wenn Sie allemit „Nein“ beantworten, dürfen Sie in Ih-rer Werbung durchaus die heilende KraftIhrer Arbeit herausstellen. Wenn Sie miteiner ungefährlichen Heilmethode ar-beiten und werben, müssen Sie sich al-lerdings an das HWG halten!

Ein Beispiel soll das veranschaulichen:Sie geben eine Einzelstunde medizini-sches Qigong. Sie sind sich sicher, dassdies ungefährlich und ohne Kontraindi-kation ist, also bei Schlaflosigkeit, Burn-Out oder Arthrose keinen Schaden verur-sachen, wohl aber helfen kann. Danndürfen Sie diese Indikationen in IhrerWerbung auch angeben und müssen an-sonsten das HWG beachten. Wenn Siedagegen für einen Kurs „Push Hands“,für Entspannungsmassagen, für einenGesprächskreis oder für ein Seminarwerben, in dem Sie Menschen die achtBrokate zur Stressreduzierung zeigenwollen ohne Bezug zu Krankheiten oderLeiden, bewegen Sie sich außerhalb desHWG. Desgleichen können auch alle, dieHeilmittel erbringen, wie z.B. Physio- undErgotherapeutInnen oder LogopädInnenmit ihren Anwendungen im Bereich des§ 1 HWG liegen und müssen bei ihrerWerbung das Gesetz beachten.

Prüfen Sie also bitte immer zuerst mit § 1HWG, ob Ihre Werbung sich überhaupt

Netzwerkmagazin · 201436

Dr. Marie Sichtermann ist Juristin, Berufs-feministin, Buchautorin, Heilpraktikerinund Unternehmensberaterin. Ihr Schwer-punkt ist die Begleitung von Gründungund Aufbau selbständiger Tätigkeit in Gesundheitsberufen, von Freiberuflerinnenund Vereinsberatung.

Die Autorin

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§

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Wissenswertes zur Berufspraxis/Vereinsinternes

schluss mehrere zuvor positiv geprüfteKurse neben einander aufgelistet sind.Die kann man ggf. selbstständig löschen.Die Darstellung auf der Webseite derZentralen Prüfstelle und Zertifizierungdes zuvor positiv geprüften Kurses pas-siert automatisch, ohne das eine Neuzer-tifizierung notwendig ist. Ein Zertifikatist nur 3 Jahre gültig und muss im An-schluss neu geprüft werden.

Alle registrierten Kursanbieter der BKKvon Team Gesundheit können ihren al-ten Account weiterbenutzen. Alle ande-

ren müssen sich neu registrieren. Sollteein Kursanbieter eine Negativbescheini-gung von einer KK und eine Positivbe-scheinigung von einer anderen Kranken-kasse zum gleichen Kurs ausgestellt bekommen haben, so gilt ein Vorfahrts-recht für die Positivbescheinigung. DieNegativbescheinigung entfällt somit.

Geplantes Angebot des TQNIn der kommenden Zeit möchte das TQNauf ihrer Webseite eine Art Musteran-trag für die Netzwerkmitglieder veröf-fentlichen. Dies soll helfen, sich schneller

im Prüfprozess zurecht zu finden undeine Hilfestellung bieten. Wir würden essehr schätzen, wenn diejenigen, die be-reits geprüft sind, ihre Erfahrungen demVorstand/Geschäftsstelle zu berichtenund ihre eigenen Unterlagen dem Netz-werk zur Verfügung zu stellen. Mit eurerHilfe können wir den geplanten Muster-antrag schneller auf der Mitgliederseitezu veröffentlichen.

Kontakt: [email protected]

39Netzwerkmagazin · 2014

Wissenswertes zur Berufspraxis

Das bedeutet, dass nicht mehr jede Kran-kenkasse einzeln prüft, sondern die Un-terlagen nur einmal bei der ZentralenPrüfstelle eingereicht werden müssen.Dies ist wahrscheinlich der größte Vor-teil. Für alle Qigong-Anbieter besteht einweiterer Vorteil darin, dass das leidlicheThema DAK-Prüfkommission somit end-lich vom Tisch ist. Als weitere Vorteile werden vom TeamGesundheit genannt:➜ Die Prüfung erfolgt schnell und kos-

tenfrei!

➜ Mit einem Kurseintrag werden über45.000.000 Versicherte erreicht, alsomehr als zwei Drittel der Versichertenin der gesetzlichen Krankenversiche-rung.

➜ Die Beantragung der Prüfung IhrerKursunterlagen erfolgt nur einmalund zentral für alle beteiligten Kran-kenkassen.

➜ Daten werden über das Internet ein-getragen und die Unterlagen bequemonline hochgeladen. Das spart Zeit,Kopier- und Portokosten!

➜ Kursanbieter können jederzeit weite-re Präventionskurse oder aktuelle Ter-mine eintragen.

➜ Versicherte wissen sofort, dass dieKosten für Ihren Präventionskurs beiregelmäßiger Teilnahme anteilig odersogar vollständig übernommen wer-den. Sie können zertifizierte Präventi-onskurse direkt über die Homepageihrer Krankenkasse schnell und ein-fach auswählen.

➜ Versicherte können über die Homepa-ge ihrer Krankenkasse die Kurstermi-ne einsehen und die Anbieter direktkontaktieren.

Die von dem Expertenteam der zentra-len Prüfstelle begutachteten Kurse er-halten künftig das Prüfsiegel ‚DeutscherStandard Prävention‘ – dadurch erkenntjeder Versicherte sofort, welche Kurseden geforderten Qualitätsstandard ein-halten. Die Höhe der Bezuschussung re-geln die Krankenkassen jedoch weiter-hin individuell.

Noch sind nicht alle Krankenkassen imBoot. Von den Allgemeinen Ortskranken-kassen (AOKen) ist bislang lediglich dieAOK Rheinland/Hamburg der Kooperati-onsgemeinschaft beigetreten. Es gebeaber auch AOKen, die sich zunächst ge-gen einen Beitritt entschieden haben. Sosetze die AOK Baden-Württemberg aufeigene Qualitätsverfahren vor Ort.Für die Verbraucher gilt jedoch bereits:Mehr als 47 Millionen Versicherte der be-teiligten 119 Krankenkassen können diequalitätsgeprüften Präventionskurseüber die jeweilige Internetseite ihrerKrankenkassen aufrufen. Die Datenbankenthält etwa 369 000 geprüfte Kursevon circa 116 000 Anbietern aus ganzDeutschland.

Wie funktioniert nun das Ganze für uns Anbieter?Im Moment werden nach internen Aus-sagen der TK alle Datenbanken der unter-schiedlichen Krankenkassen zusammen-geführt. In seinem eigenem Account aufder Webseite: http://www.zentrale-prue f -stelle-praevention.de kann man nunnachprüfen, ob durch den Zusammen-

Netzwerkmagazin · 201438

Die Zentrale Prüfstelleder Krankenkassen

Seit Januar 2014 werden Präventionskurse aus den Bereichen Bewegung, Ernährung,Stressbewältigung/Entspannung sowie Suchmittelkonsum zentral, bundesweit, kos-tenfrei und kassenartenübergreifend über die Zentrale Prüfstelle Prävention(www.zentrale-pruefstelle-praevention.de) auf Qualität überprüft. Die Zentrale Prüf-stelle Prävention wird betrieben durch die Team Gesundheit GmbH im Auftrag derKrankenkassen der Kooperationsgemeinschaft zur kassenartenübergreifenden Prü-fung nach § 20 Abs. 1 SGB V. Der Kooperationsgemeinschaft gehören derzeit die Er-satzkassen BARMER GEK, TK, DAK-Gesundheit, KKH, HEK, hkk, vertreten durch denVerband der Ersatzkassen, die Betriebskrankenkassen, vertreten durch den BKK Dach-verband, die IKK classic, die IKK Berlin und Brandenburg, die BIG direkt gesund, dieKnappschaft sowie die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Garten-bau (SVLFG) an. Die Deutsche Qigong Gesellschaft

Von Anja Streiter und Antje Schnessing-Schneeberg

Idee und Gründung1990 führte der Wunsch nach einer frei-en Gesellschaft, die sich dem Wesen, derWirkung und der Verbreitung des Qi-gong widmet, zu der Idee, einen Qigong-Verein zu gründen. Impulsgebend warenBegegnungen mit Professor Cong YongChun, Professor für Philosophie in Fu -zhou, China, der auch nach Deutschland

gekommen war. Er hatte Qigong in derZeit nach der chinesischen Kulturrevolu-tion von dem daoistischen Lehrer ShenYue Wu erlernt. Nachdem Professor Congvon einer schweren Krankheit genesenwar, erforschte er Qigong bis zu seinerEmeritierung an der Medizinischen Uni-versität und unterrichtete es in seinerHeimat.

Professor Cong ermöglichte einen tie-fen Einblick ins Qigong allgemein undim Besonderen in daoistische Qigong-Formen auf relativ „unchinesische“Weise: Seine herzliche Art und die hin-gebungsvolle Weise, seiner Übungs-gruppe das Qi in einem warmen Danti-an oder die sich ausdehnende Stille er-fahrbar zu machen, inspirierte dieÜbenden, ihre Qigong-Praxis zu vertie-fen und andere daran teilhaben zu las-sen. Diese intensiven Begegnungenmit Professor Cong trugen wesentlichzur Gründung unserer Gesellschaft bei.Engagement für Qigong, Ernsthaftig-keit und Mut ließen den Wunsch Wirk-lichkeit werden: Im Juni wurde dieDeutsche Qigong Gesellschaft (DQGG)gegründet und 1991 als Verein einge-tragen.

Forschende Vielfalt Von Beginn an war die Deutsche Qi-gong Gesellschaft offen für ein breitesSpektrum praktischer und theoreti-scher Qigong-Inhalte. Sie legte sich aufkeine ausgewählten Stile bzw. Lehren-de fest. Die Gesellschaft verbindet auchnoch heute Achtung gegenüber den al-ten Traditionslinien des Qigong mitmodernem Forschergeist und aktuel-lem Wissensstand. Die Lehrenden stre-

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Vereinsinternes

➜ Wir vernetzten uns mit internationalen Institutionen.

➜ Mit Anregungen und Aktionen z.B. „Qigong im Park“ beziehen wirunsere Mitglieder mit ein.

➜ Wir unterstützen Forschungen.

Unseren Mitgliedern bieten wir heuteumfangreiche aktuelle Nachrichten an-hand unserer Rundbriefe, einen dreimo-natigen Newsletter mit Hinweisen rundum Qigong und die chinesische Kultur,unsere Mitgliederzeitung Tiandiren, so-wie die Website der DQGG, die auchNichtmitglieder ausführlich informiertund zudem unsere KursleiterInnen sowie LehrerInnen mit ihren Übungsange-boten vorstellt. Gelegenheit zu fachli-chem Austausch über Themen wie bei-spielweise spezielle Qigong-Formen fin-det man auf den Austauschtreffen. Mitden gesellschaftsübergreifenden Arbeits-kreisen sowie unseren mannigfaltigenFortbildungsangeboten fördern wir dieWeiterentwicklung unserer Mitgliederund somit des Qigong in Deutschland.

Wir sind bis heute ein unkonventionellerVerein, der verschiedene Qigong-Strö-mungen pflegt und als große Gemein-schaft mit über 1000 Mitgliedern deutsch- landweit aktiv ist. Deshalb sehen wireine wichtige Herausforderung darin,die Tätigkeit unseres Vorstandsteamsnah an der Mitgliederbasis auszurichtenund dementsprechend zu organisieren.

Es gilt daher, den unterschiedlichen re-gional bedingten und individuell gefärb-ten Vorstellungen – sowohl inhaltlicherals auch organisatorischer Art – Freiraumzu gewähren und gleichzeitig den ge-meinsamen Geist und unsere Intentio-nen aufrecht zu erhalten und zu realisie-ren. Darum legen wir großen Wert aufeine kollegiale Atmosphäre, in der dieKommunikation über die Entwicklungder Gesellschaft genauso willkommenist wie die inhaltliche Auseinanderset-zung mit den vielschichtigen Themendes Qigong.

Wir sehen uns mit Freude in der Verant-wortung – entsprechend dem wachsen-

den Interesse der Menschen an Qigong –,eine umfassende, fundierte und vielsei-tige Auseinandersetzung im Rahmenunserer Vereinsarbeit allgemein und in-nerhalb der Aus- und Weiterbildung zuorganisieren und zu gestalten. Damitmöchten wir die Bewegung unterstüt-zen, die Qigong in die Gesellschaft wei-ter integriert, und sorgen dafür, dass Qi-gong eine adäquate und kontrollierteVerbreitung erfährt.

Wir sehen es auch als Teil unserer Ver-antwortung an, die Schätze dieser altenLehren weiter zu erforschen, ihre philo-sophischen, energetischen und medizi-nischen Hintergründe zu vertiefen, siemit unseren Erfahrungen zu ergänzenund in einer modernen Weise pädago-gisch zu vermitteln.

41Netzwerkmagazin · 2014

Vereinsinternes

ben danach, das Wesen des jeweiligen Qi-gong-Stils sinnlich erfahrbar zu machenund mit dem Bewusstsein unserer Kulturzu ergründen. Ein weiteres Forschungs-feld bildet die Frage, wie und wo anderenicht-chinesische, ganzheitliche Prakti-ken Qigong ergänzen bzw. erweitern.

Unser Motto lautet: „So viel Freiheit wiemöglich, so viele Regeln wie nötig.“ Dennwir wollen sowohl den individuellen Ent-faltungsmöglichkeiten unserer Mitgliederals auch dem Bedürfnis nach klaren Struk-turen und Vorgaben gerecht werden.

Erste Aufgaben und weiterführende neue ProjekteDie Deutsche Qigong Gesellschaft stelltesich zunächst folgende Aufgaben:➜ Qigong in Hinblick auf sein gesund-

heitliches Potential zu verbreiten➜ eigene Erfahrungen mit

Qigong zu dokumentieren➜ Strukturen und Richtlinien für

qualifizierte Aus- und Weiterbildun-gen zu entwickeln

➜ Studienreisen nach China zu organisieren

➜ das Qi und seine Phänomene zu erforschen.

Wechselnde Vorstände und Beiräte, einekontinuierlich und wundervoll arbeiten-

de Leiterin der Geschäftsstelle und unse-re vielen Mitglieder ermöglichten mit ih-rem Engagement, dass viel Kreatives undInnovatives in die Entfaltung dieser Ide-en strömte und strömt. Seit 1995 richtenMitgliedsvereine und -institute unsererGesellschaft regelmäßig die „Qigongta-ge“ aus – wie unter anderem 2001 einSymposium „Qigong für Kinder“ (BadWindsheim), 2003 und 2006 Qigongta-ge in Gunzenhausen und Augsburg. FürJuni 2015 ist ein Qigong-Kongress in Ell-wangen geplant.

Während der Entwicklung eines optima-len Ausbildungsmodells gab es standort-gebundene Ausbildungsgruppen, die denÜbe-Prozess für die Teilnehmenden un-tereinander transparent machen, undauch „Baukasten“-Ausbildungen, bei wel-chen sich die SchülerInnen ihre Kurse anunterschiedlichen Orten zusammenstel-len können. Heute überwiegt die ersteForm. Die ersten Ausbildungsgruppenentstanden 1995. Aktuell bieten wir an 16Standorten Ausbildungen an; seit einigenJahren auch eine spezielle Ausbildung zurKursleiterIn für Qigong mit Kindern undJugendlichen – ein europäisches Novum.

2005 verabschiedete die Mitgliederver-sammlung der Deutschen Qigong Ge-

sellschaft ihre Ausbildungsrichtlinien,die 2011 aktualisiert wurden. An ihnenorientierte sich der 2003 gegründeteDeutsche Dachverband für Qigong undTaijiquan e.V. (DDQT), und auch die Kran-kenkassen haben sie anerkannt.

Wandlung und WachstumEntwicklungen der letzten Jahre:➜ Wir änderten die präsidial-

hierarchische Vorstands-Struktur um in ein Gremium bestehend ausfünf gleichberechtigten Vorstand-mitgliedern. Diese arbeiten mit den Beiräten zusammen.

➜ Wir erweiterten die Ausbildungs-inhalte und die Struktur der Vermittlung.

➜ Ein Weiterbildungsbereich mit landesweitem Weiterbildungsange-bot wurde entwickelt.

➜ Der Umfang unserer Öffentlichkeits-arbeit wurde zeitgemäß ausgeweitet.

➜ Neue Broschüren und Informations-materialien (z.B. Lehr-DVDs) wurdenrealisiert und sorgen für große Transparenz.

Netzwerkmagazin · 201440

Anja Streiter, Dr. phil. ist Theater-und Filmwissenschaftlerin, Philosophin, Qigong-Lehrerin und Taiji-Kursleiterin. Sie veröffentlichte mehrere Bücher undAufsätze über das Autorenkino und Fragendes Filmschauspiels, über Theorien des Leibes sowie Konzepte der Gemeinschaft.Sie gehört zum Team der methodenüber-greifenden Somatischen Akademie Berlinund ist seit 2012 im Vorstand der DeutschenQigong Gesellschaft e.V..

Antje Schnessing-Schneeberg, Heilprakti-kerin, Physiotherapeutin und Ausbilderinder Deutschen Qigong Gesellschaft e.V.(DQGG). Sie arbeitet in ihrer Praxis für Chinesische Medizin und energetischeHeilweisen in Berlin. Für die DQGG bautsie die Stelle für Information und Vernet-zung auf.

Die Autorinnen

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Vereinsinternes

Um das umzusetzen schlägter vor, eine Aktivenbefragung durch-

zuführen und eine Kommission zu bil-den, die die Ergebnisse in einer Klausur-tagung zusammenzuführen.

Zurück zum Herbst letzten Jahres – imOktober 2013 trafen sich die Vorständeder Deutschen Qigong Gesellschaft unddes Netzwerkes am Rande des DDQT-Mitgliedertreffens in Göttingen mit demDDQT-Vorstand. Der Austausch mit demVorstand des DDQT war schwierig, führ-te letztendlich aber zu der Idee einer „Zukunftswerkstatt“ 2014. Als die Mit-gliederversammlung der Deutschen Qi-gong Gesellschaft mehrheitlich den Aus-tritt aus dem DDQT beschloss, war klar,dass von dieser Seite keine Unterstüt-zung für Reformprozesse zu erwarten ist.

Der Netzwerk-Vorstand wertete die Ge-schehnisse in seiner Sitzung am 15.11.2013

Menzel in Göttingen waren Sonja Blank,Annette Deinzer und Axel Dreyer. UnserZiel war klar: Wir wollten uns im Auftragder Netzwerk-Mitglieder für unseren An-trag einsetzen. Traditionsgemäß werdenam Freitag wichtige Themen im Plenumund Arbeitsgruppen diskutiert, um da-raus Beschlussvorlagen für die Mitglie-derversammlung heraus zu kristallisie-ren. Während diese Arbeit in einer kon-struktiven Atmosphäre verlief undeinige zukunftsträchtige Ideen entwi-ckelt wurden, verlief die Mitgliederver-sammlung am darauf folgenden Tagsehr zäh.

Nach langwierigen und auch emotionalaufgeladenen Gesprächen bekam derAntrag des Netzwerkes schließlich docheine eindeutige Mehrheit, so dass Kle-mens Speer jetzt die nächsten Schritteeinleiten kann. Auf der Tagesordnungstanden auch Neuwahlen des Vorstands.In Ermangelung von Kandidaten ent-schloss sich der alte Vorstand, vorerstweiter im Amt zu bleiben. Im Juni 2014 istdie o. g. Klausurtagung und eine Mit-gliederversammlung mit erneuten Vor-standswahlen geplant.

Wir hoffen jetzt, dass die Neuausrich-tung des DDQT zügig vorankommt undwerden das unsere dazu tun.

Weiterlesen über DDQT-Debatte? Taiji-quan & Qigong Journal Ausgabe 55 –1/2014

43Netzwerkmagazin · 2014

Vereinsinternes

Gegenstand der Beratung war auch dieUnzufriedenheit mit dem Dachverband.In den folgenden Punkten gab es zu die-sem Thema Übereinstimmung:

➜ Die Mitgliedsstruktur des DDQT, die Ausbildungsinstitute mit Unter-nehmerstruktur und Vereine mitmehreren hundert Mitgliedern mitdemokratischer Beschlussfassungnebeneinander stellt, ist für uns nichtzufriedenstellend.

➜ Unsere Initiativen wurden oft gebremst.

➜ Der DDQT setzt die Aufgaben einesDachverbandes nicht genügend umund leistet zu wenig Lobbyarbeit.

➜ Die Kommunikation mit dem DDQT ist beschwerlich.

➜ Der DDQT übernimmt zum Teil Aufgaben unserer Vereine und trittdadurch eher in Konkurrenz zu uns.(Beispielsweise können Mitgliederder Deutschen Qigong Gesellschafte.V. DQG Ausbildungen über denDachverband anbieten, die unter-halb der DQG Ausbildungsstandardsliegen)

➜ Ein Dachverband ist für uns nur dann sinnvoll, wenn er ausschließlichVereine als Mitglieder hat, die ihrer-seits dafür sorgen, dass Beschlüssedes Dachverbandes bei ihren Mitglie-dern ankommen.

➜ Eine Vermischung der Zuständigkeitfür Gütesiegelträger schafft viel Unklarheit und kostet Energie.

Diese Punkte kommunizierten wir in ei-nem gemeinsamen Brief der Vorständean den Vorstand des DDQT mit der Bitteum ein klärendes Gespräch. Wir teiltenauch mit, dass wir uns mit dem Gedan-ken tragen auszutreten. Über unseren

➜ Es soll eine neue DDQT-Struktur entstehen, die sich ineiner neu gedachten Satzung nieder-schlägt.

➜ Die neue Struktur sollte sich perso-nell im Vorstand, in den Ausschüssen,bis hin zur Mitgliederversammlungniederschlagen und könnte sich zumBeispiel auch in einer gemeinsamenWeiterbildungs-Akademie ausdrü-cken. Es sollten durch alle genanntenBereiche hindurch folgende Spartenvertreten und stimmberechtigt re-präsentiert sein: Qigong: DQGG, Qi-gong-Traditionen, Qigong-Institute -Taiji: Netzwerk, Taiji-Traditionen, Taiji-Insititute.

➜ Wenn alle Doppelarbeiten, die jetztin den großen Organisationen statt-finden, wegfallen, wird personelleKraft und Finanzkraft frei, um denDDQT so auszustatten, dass er seinezentralen Aufgaben umsetzen kann.

Netzwerkmagazin · 201442

Wie geht es weiter mitdem Dachverband?

Im Frühjahr vorigen Jahres hatten sich die Vorstände der Deutschen Qigong Gesell-schaft und des Taijiquan & Qigong Netzwerkes in Berlin getroffen und über eine künf-tige Kooperation beraten.

aus und entschloss sich zu einer Mitglie-der-Online-Umfrage zur zukünftigenMitgliedschaft im DDQT. Dabei stelltenwir drei Möglichkeiten zur Auswahl.Beteiligt haben sich 118 Mitglieder. Hierdas Ergebnis:

Entscheidungen vom Ergebnis der obengenannten Klausurtagung abhängig ma-chen (64%) 76 Mitglieder

Das Netzwerk soll nicht aus dem Dachver-band austreten (24%) 28 Mitglieder

Das Netzwerk soll aus dem Dachverbandaustreten (12%) 14 Mitglieder

Das war ein eindeutiges Votum von euch.Wir stellten fristgerecht einen Antragzur Tagesordnung der Jahreshauptver-sammlung des DDQT am 22.2.2014 mitdem folgenden Wortlaut:

Die Mitgliederversammlung möge imRahmen der Tagesordnung darüber disku-tieren und beschließen, ob der anhängen-de Vorschlag vom DDQT-Mitglied KlemensSpeer (Aktivenbefragung/Klausurtagung/Finanzierung Moderator/außerordentli-che MGV mit dem Ziel einer Satzungsän-derung) vom DDQT weiterverfolgt wirdund Klemens Speer den Auftrag erhältdiesen Prozess in Zusammenarbeit mit ei-ner Arbeitsgruppe zu koordinieren, oderob dieser Vorschlag fallen gelassen wird.

Auf der Jahreshauptversammlung desDDQT in der Taijiquan-Schule von Angela

64%

24%

12%

Brief und unsere Bauchschmerzen mitdem DDQT hatten wir in einem News let-ter im September 2013 informiert. Die-sen haben immerhin 50,6 % von euch ge-öffnet. Wir informierten darin auch überdie Initiative von Klemens Speer – Netz-werker seit vielen Jahren und DDQT-Gründungsmitglied – zur Erneuerungdes DDQT. Klemens Speer hatte vor gut 15Jahren die Mammutaufgabe übernom-men, gemeinsam mit Vereinen und Aus-bildungsinstituten in Deutschland allge-meingültige Ausbildungsleitlinien zuentwickeln. Dies war eine enorme Leis-tung, erforderte viele Gespräche und einkontinuierliches Zusammenfassen derErgebnisse. Dieser Prozess, der über denZeitraum von 1998 bis 2002 dauerte,wurde von Klemens übrigens ohne jegli-che Vergütung geleitet.

Klemens legte bereits im Juli 2013 einenVorschlag auf Erneuerung des DDQT vor,dem folgende Analyse zugrunde lag:➜ Der DDQT hat keine klare Struktur. ➜ Die Interessen der einzelnen Mit-

gliedsorganisationen sind sehr unter-schiedlich.

➜ Die Satzung entspricht nicht der ei-nes Dachverbandes, sondern eher dereines großen Vereins.

➜ Die personelle Ausstattung desDDQT ist zu schwach, sowohl haupt-amtlich, als auch ehrenamtlich, umdie geforderten Aufgaben erfüllen zukönnen.

➜ Die finanzielle Ausstattung des DDQTist zu schwach, so dass keine kraftvol-le Arbeit nach vorn möglich war.

Als studierter Betriebswirt mit der Spe-zialisierung auf Organisations- und Visi-onsentwicklung unterbreitet er den folgenden Vorschlag:

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Vereinsinternes

45Netzwerkmagazin · 2014

Vereinsinternes

Seit Anfang des neuen Jahres haben unsere Zertifikate ein et-was verändertes Gesicht. Eurer Anregung aufgreifend stellenwir diese jetzt politisch korrekt aus: nämlich auch in der weib-lichen Form für Netzwerkerinnen.

Neu ist der Aufdruck des Netzwerk Qualitätssiegels, das wir aufder letzten Mitgliederversammlung vorstellten. Dieses Siegelwollen wir demnächst auch als Stempel für euch anbieten. Umden Bedarf zu ermitteln, bringen wir Musterstempel auf unse-re Mitgliederversammlung am 16. Mai 2014 mit. Wenn sie voneuch für gut befunden werden, lassen wir sie anfertigen undstellen sie euch gegen Entgelt zur Verfügung.

Kursleiter und LehrerDie Zertifizierung als Kursleiter

oder Lehrer bieten wir nur für un-sere Mitglieder an. Vereine undSchulen, die im Netzwerk Mit-glied sind, können jeweils eine

Person kostenlos zertifizieren las-sen. Weitere Mitglieder der Schule

oder des Vereins können sich gegen Ent-gelt zertifizieren lassen. Das zur Zertifizierung nötige Antrags-formular findet ihr auf unserer Webseite. Die Ausbildungs-nachweise bitten wir in digitaler Form als Datei einzureichen.Diejenigen, die keinen Scanner haben, können die Digitalisie-rung in fast jedem Kopierladen machen lassen. Antrag undNachweise sind bei unserer Geschäftsstelle einzureichen. DerEingang wird bestätigt. Die Bearbeitung der Anträge erfolgt inehrenamtlichen Arbeitsgremien und dauert in der Regel maxi-mal acht Wochen. Meist geht es jedoch schneller.

AusbilderFür die Ausbilder-Zertifizierung istdas Verfahren ähnlich. Zusätzlichzu den Ausbildungsnachweisenwerden hier Nachweise über dieUnterrichtspraxis und das Curri-culum der geplanten bzw. bereitsstattfindenden Ausbildung ver-langt. Das Prüfungsverfahren istumfangreicher und dauert in der Regeldrei Monate.

VerlängerungDie Zertifikate für Kursleiter und Lehrer sind drei Jahre gültig,die für Ausbilder fünf Jahre. Für die Verlängerung müssen vor

Ablauf des Zertifikates pro Jahr 12 Stunden Fortbildung nach-gewiesen werden. Für alle Nachweise gilt: Inhalte und Dauerder Aus- oder Fortbildung müssen bescheinigt werden. Diekonkrete Anzahl der Aus- oder Fortbildungsstunden ist in Zif-fern zu benennen. Die Nachweise müssen vom Veranstalteroder Leiter der Aus- oder Weiterbildung unterschreiben sein.Quittungen werden nicht anerkannt.

Wichtige Neuerungen➜ Jedes Mitglied erhält einen Zugang zum Mitgliederbereich

der Webseite. Bitte melde Dich bei der Geschäftsstelle,wenn Du noch keinen Benutzernamen erhalten hast.

➜ Umfragen, Abstimmungen und Wahlen können online durchgeführt werden

➜ Besitzer eines gültigen TQN-Zertifikats erhalten ein Qualitätssiegel

➜ Nach der Anmeldung wird man auf seiner persönlichen Willkommensseite begrüßt und erhält einen Überblick über seinen Status und die Funktionen für angemeldete Mitglieder.

➜ Vollmitglieder haben die Berechtigung, die Veröffentli-chung ihres Benutzerprofils ein- bzw. auszuschalten.

Was ist in Planung?➜ Bekanntgabe, wenn die Erneuerung

eines Zertifikates fällig wird➜ Weitere Videos zum Erstellen eines Kalendereintrags,

Bedienung des Umfragemoduls, was tun wenn das Passwort nicht mehr geht, etc.

➜ Onlineformulare für Zertifikat-Anträge, Anmeldung für Neumitglieder, Vertragsänderungen etc.

➜ Komplett überarbeitetes, modernes Layout der gesamten Seite. Sie wird auch auf Tablet Computern und Smartphones gut lesbar sein.

Mitarbeit gefragtWenn Du Vorschläge zur Verbesserung der Webseite hast oderetwas nicht wie erwartet funktioniert, dann melde Dich beimWebmaster unter (http://www.taijiquan-qigong.de/kontakt).

Netzwerkmagazin · 201444

Ausbau der Webseite geht voran

Von Stephan Kölzow

Zertifizierung –Neue Zertifikate mit

Qualitätssiegel

Im Zuge des Webseitenausbaus ist in den letzten Monaten vie-les im Hintergrund verbessert worden. Die erste Onlineab-stimmung vom Januar hat gezeigt, dass im Mitgliederbereichder Webseite Erklärungsbedarf entstanden ist. Viele Funktio-nen sind selbsterklärend, wenn man sich regelmäßig auf derSeite umsieht. Aber gerade für Neueinsteiger sind die erstenSchritte mit Lernaufwand verbunden. Um diesen zu minimie-ren, arbeiten wir daran, mehr Hilfe in Form von kurzen Video-anleitungen zur Verfügung zu stellen. An dieser Stelle vielenDank an Thomas Huber für sein Engagement.

Die Videos findest Du unter http://www.taijiquan-qigong.de/faq

Die Willkommensseite

Eigenes Profil veröffentlichen

Umfragen

Stephan Kölzow arbeitet als freiberuflicher Informatiker und Lehrerfür Taijiquan in Mühlhausen im Kraichgau. Er betreut seit 2012 dieWebseiten des Netzwerks.

Der Autor

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Netzwerker in Aktion

Der Ort, in unserem Fall das Stift Reichersberg, bot günstig Räu-me und Unterbringungsmöglichkeiten an. Die Dozenten hät-ten ohne Gewinn gearbeitet. Für die Werbung konnten wir un-sere Kontakte nutzen. Wenn alleine jeder Dozent aus seinemUmfeld zwei Personen für die Veranstaltung mitgebracht hät-te, wäre ein schönes Treffen zustande gekommen.

Ich habe den Eindruck, dass wir Netzwerker, nicht mehr Netz-werken wollen. Viele sind im Netzwerk um sich ein Label zu ge-ben, oder weil sie die Zertifizierung brauchen. Die die schon lan-ge dabei sind, haben viel zu tun und ihre Schulen laufen. Unddann ist da wohl noch die Angst, dass wenn man bei seinenSchülern für ein Netzwerktreffen wirbt, könnte man den Schü-ler verlieren. Vor Jahren, als ich das erste mal ein Treffen für dasNetzwerk organisiert habe, war das noch anders. Ich habe mitFreunden, die selbst Qigong praktizieren darüber gesprochen.

Es ist der Satz gefallen: „Alles Meister.“ Haben wir wirklichnichts mehr zu lernen? Oder können wir von Kollegen nichtmehr lernen, weil wir ja selbst schon so gut sind? Bei früherenTreffen scheint mir gab es noch mehr Lernende. Vielleicht soll-ten wir uns bewusst werden, dass wir auch durch fachlichenAustausch im Rahmen des Netzwerks dort hin gekommen sind,wo wir heute stehen. Wenn wir diesen Gedanken weiter prak-tizieren, können wir uns doch auch auf diese Art noch weiterentwickeln. Zumindest könnten wir unseren Schülern und Be-kannten diesen Weg öffnen, denn im Austausch mit Anderensteckt ein großes Potential.

Neulich hörte ich ein Interview mit dem Nobelpreisträger HansPeter Dürr, dass mich begeisterte. In Bereichen, in denen bereitsein gewisser Grad an Erkenntnis geschaffen wurde, kann manmit den alten Methoden nur schwer weiterkommen. Die neue-ren Naturwissenschaften, wie zum Beispiel die Quantenphysik,begannen ganz neue Wege zu beschreiten. Das wünsche ichmir für unser Netzwerk.

47Netzwerkmagazin · 2014

Netzwerker in Aktion

In der Weihnachtszeit hat sich ein kurzes gemütliches Treffenentwickelt, bei dem sich Qigong- und Taiji-Lehrer auf dem Hei-delberger Weihnachtsmarkt treffen. Nach einem Glühwein,kurzem Bummel über den Weihnachtsmarkt und oft auch einerlustigen Karussellfahrt besichtigen wir ein oder zwei histori-sche Sehenswürdigkeiten, wie z.B. den Hörsaal der alten Uni-versität, den Studentenkarzer, steigenauf den Turm der Heiliggeistkirche oderfahren mit der Bergbahn zur Schloss-weihnacht. Meist treffen wir uns gegen11h, sodass wir nach den Besichtigun-gen zu einem gemeinsamen Mittages-sen einkehren und aufwärmen und ge-mütlich unterhalten können. Der Ter-min entwickelt sich nach Absprache imNovember, weitere Teilnehmer sindherzlich willkommen.

Wie kann man sich so einen Taijitagvorstellen? Im letzten Jahr trafen sichbei hochsommerlichen TemperaturenAktive, Neugierige und Zuschauer. ZumAuftakt hielt ich einen Vortrag über„Chinesische Tiersymbolik“. Nach demchinesischen Sprichwort: „Hinter Wor-ten stecken Worte“ erklärte ich die Ent-stehung der Vielschichtigkeit in derasiatischen Kommunikation aus Bilder-

schrift, Wortschatz, Philosophie und Lebensumständen undihre allgegenwärtige Bedeutung im chinesischen Alltag.

Drache und Phönix standen früher stellvertretend für Kaiser,Kaiserin, Macht und Tugend, Affe und Karpfen für die chinesi-sche Sagenwelt und ihre Helden sowie Symbolik aufgrund vonLautgleichheit, z.B. klingen Fisch und Wohlstand im Chinesi-schen gleich und werden daher doppeldeutig verwendet.

„Der Fisch springt über das Drachentor“ galt früher als Glück-wunsch für das Bestehen der schweren Beamtenprüfung. Inheutiger Zeit wird er bei besonderen Anlässen oder Anforde-rungen wie beispielsweise bei der Olympiade in China gern ver-wendet.

Im schattigen Kurpark wurde im Anschluss an den Vortrag Qi-gong und Taijiquan unter der wechselnden Anleitung von Bri-gitte Ittensohn, Stephan Kölzow und Sabina Woll – alle Mit-glieder im Netzwerk – geübt. Übungen aus dem Qigong wie z.B.„Der goldene Drache bewegt den Schwanz“ oder „Fliegen wieder Sagenvogel“ und das katzengleiche Bewegen mit „Sinken“,„Erden“ und Wachsamkeit/Achtsamkeit im Taijiquan stelltenden Bezug zum Tagesthema Tiersymbolik her.

Wie in jedem Jahr bildeten die Aufführungen von Kursgruppenund Lehrerformationen vor dem Springbrunnen im Kurparkden Höhepunkt der Veranstaltung. Verschiedenen Taijiquan-Stile in Hand- und Waffen-Formen wie z.B. die Peking-Form, dieLange-Form, Schwert-, Spazierstock und Langstock-Form, dieKombination Doppelfächer und Schwert sowie die Qigong-Dar-bietung „Der Tageslauf der Krähe“ boten dem begeisterten Pu-blikum ein buntes Programm.

Netzwerkmagazin · 201446

RegionalarbeitBaden-Württemberg

Mein Gedanke für regionale Tref-fen ist, es aus sich heraus entste-hen zu lassen. Meine Angebotedazu sind der Taiji-Tag, der jähr-lich am letzten Sonntag im Juli inBad Schönborn stattfindet undein Treffen auf dem HeidelbergerWeihnachtsmarkt. Der Taiji-Tagsoll informieren, zum Ausprobie-ren einladen und ein Podiumzum Auftreten bieten. Bisher or-ganisierten es Netzwerker ausder näheren Umgebung von Bad

Schönborn, gern haben wir aber auch Gäste, wie z.B. aus Frank-reich, die sich mit ihrem Können einbringen - wir freuen unsaber über jeden, der mitmachen oder mitgestalten möchte.2014 findet der Taiji-Tag am 27. Juli, nun zum 9. Mal statt.

Um es gleich vorweg zu nehmen,ich kann die Frage nicht beant-worten. Für den Herbst 2013 hat-ten wir in einem grenznahen Ortin Österreich ein Netzwerk-Tref-fen anberaumt. Erfreulicherwei-se hatten sich viele Interessen-ten gemeldet. So konnten wir inZusammenarbeit mit unserenösterreichischen Kollegen (IQTÖ)ein schönes Programm zusam-menstellen. Als es danach darumging zahlende Teilnehmer zu

finden, war die Enttäuschung groß. Es hatten sich gerade malzwei Teilnehmer angemeldet. Dabei brauchte es für ein Non-Profit-Treffen eigentlich nicht viel.

Nach falschen An schul di-gungen eines Mit glie desund unglücklicher E-Mail-Korrespondenz waren wirEnde Dezember 2012 alsRegionalvertreter zurück-getreten. Nachdem wirvom Vorstand rehabili-tiert wurden, gab es am14.02.14 (Valentinstag) ein erneutes Treffen 2014 in den Räu-men von Divyam.

Nach dieser Geschichte von Unterstellung und einseitigerKommunikation haben wir uns als Regionalvertreter Hamburgzwar schwer getan, unser niedergelegtes Amt wieder aufzu-nehmen; aber nach dem Engagement vom Vorstand, extranach Hamburg zu kommen (04. April 2013) um den Konflikt zuklären und in eine positive Richtung zu lenken, haben wir unsentschieden, nach vorn zu blicken und daraus zu lernen.

Wir denken, dass es nicht immer günstig ist nur über Mails zukommunizieren. So manches kann sich im persönlichen Ge-spräch einfacher klären – besonders wenn Emotion dabei ist.Auch sollten wir uns alle mit einem gewissen Wohlwollen be-gegnen und nicht blind spekulieren. Das bringt nur Missver-ständnisse mit sich. Als Netzwerker habe wir alle etwas ge-meinsam, dass uns verbinden und stark machen kann – Taiji-

Von Sabina Woll

Bayern – Wo hakt es denn?

Von Thomas Huber

Hamburg

Von Jan Leminsky und Divyam de Martin-Sommerfeldt

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Netzwerker in Aktion

Ebenso will ich den Aufbau einer regionalen Netzwerk-Websei-te (wie in Brandenburg oder Hamburg) als wichtigen Schritt derÖffentlichkeitsarbeit vorantreiben. Das Internet halte ich hierinzwischen für unentbehrlich – wenn ihr noch keine eigene Sei-te besitzt, ermuntere ich euch, endlich den ersten Schritt zu ma-chen. Bei Bedarf helfe ich euch gern beim Start. Meist ist es garnicht so schlimm, wie erwartet – auch die Technik (und Benut-zerfreundlichkeit) entwickeln sich weiter.

Und wie ist es mit eurem beruflichen Netzwerk vor Ort? Wir haben bisher sehr positive Erfahrungen mit artverwandten Ak-teuren aus dem Dunstkreis der chinesischen Kultur, wie etwadem Konfuzius-Institut, dem deutsch-chinesischen Freund-schaftsverein oder authentischen Chinesen (z.B. mit TCM oderTuina im Angebot) gemacht. Aber auch mit Ärzten und ande-ren Dienstleistern im Gesundheitssystem lassen sich evtl. guteund nützliche Kontakte aufbauen: In Kooperation mit den frei-en Gesundheitsberufen läuft gerade eine Umfrage zur Be-kanntheit und Akzeptanz unserer Künste. Nehmt doch ein paarder Fragebögen mit zu Ärzten in eurer direkten Umgebung. DasFeedback auf diese Fragebögen (oder ein persönliches Ge-spräch?) könntet ihr z.B. nutzen, um euer Netzwerk gezielt mitbesonders offenen und engagierten Ärzten zu erweitern.

Hier Leipzig führen wir gerade eine kleine Studie zu verschie-denen Aspekten des Taijiquan und Qigong durch – unter ande-rem auch zur Motivation der Kursteilnehmer. Fast schon er-schreckend häufig tauchen neben dem bekannten chronischenStress immer wieder verschiedene Arten von Depression undSymptome von Burnout auf. Ich kann mir vorstellen, dass auf-grund dessen auch Psychologen und Psychotherapeuten po-tentielle Netzwerkpartner sein könnten. Auch Ärzte sindmanchmal froh, wenn sie weitere, begleitende Therapieoptio

nen für ihre Patienten anbieten können ... Sicher kennt ihr alledie verschiedenen themenbezogenen Qigong-Arbeitsgruppen.Was mir im TQN bisher ein wenig fehlt, ist eine AG nur zum Tai-jiquan. Sehr am Herzen liegt mir auch die Thematik „Methodikund Didaktik“ in Unterricht, Aus- und Weiterbildung. Wenn IhrLust auf Ähnliches habt, meldet euch doch einmal bei mir.

Der persönliche Austausch bleibt natürlich nach wie vor dasWichtigste: das nächste regionale Netzwerktreffen ist für Mit-te April in Leipzig geplant. Ihr seid herzlich dazu eingeladen!Den vollständigen Artikel mit weiteren Gedanken und Ideengibt es auf der Webseite von Wujian-Leipzig oder per Mail.

Andreas Gran studierte Sportwissenschaften und Pädagogik inDeutschland, Brasilien und China. Nach dem Abschluss kehrteer nach China zurück, wo er weitere anderthalb Jahre mit demStudium der chinesischen Bewegungs- und Kampfkünste, chi-nesischen Medizin und Gesundheitspflege (Yangsheng) ver-brachte. Inzwischen lebt er in Leipzig, wo er gemeinsam mit sei-nem Lehrer Meister Xiao Peng unterrichtet. Beruflich und pri-vat pendelt er regelmäßig zwischen China und Deutschland. Kontakt: WuJian-Leipzi, Tel: 0176/5670 494, [email protected], www.wujian-leipzig.de

49Netzwerkmagazin · 2014

Netzwerker in Aktion

quan und Qigong. Gerade weil wir aus unterschiedlichen Rich-tungen, Schulen und Herangehensweisen kommen, könnenwir gemeinsam etwas für unsere Künste bewirken.

Mit acht anwesenden Netzwerkern, von denen einige mit Freu-de nochmals bekräftigt haben, dass es jetzt endlich mit der Re-gionalarbeit in Hamburg wieder weiter geht, hatten wir einenguten Neustart. Die Anwesenden wünschten sich einen regenAustausch sowie Kennenlernen von Taijiquan- und Qigong-Übenden durch die Regionaltreffen. Auch wurde begrüßt, dassder Informationsfluss zwischen Vorstand und Geschäftsleitungund den Regionalvertretern verbessert und dadurch die Netz-werkarbeit auf Bundesebene transparenter wurde. Dies gilt esbeizubehalten.Dann haben wir die Aktionen für 2014 bespro-chen. Beim Hamburger Qigong-Kongress im Mai werden wir dasNetzwerk mit einem Info-Stand vertreten. Im November wird inHamburg wieder die Themenveranstaltung China-Time stattfin-den, bei der auch dieses Mal in bewährter Weise die Aktionen vonuns koordiniert werden. Das ist eine sehr gute Chance für die Au-ßendarstellung des Netzwerkes. Ferner wurde der Vorschlag ein-gebracht, dass das Netzwerk einen eigenen Facebook-Auftritthaben sollte. Das vorschlagende Netzwerkmitglied, Stefan Wah-le, ist glücklicherweise auch gleich bereit mit dem Vorstand undder Geschäftsleitung dieses Thema zu vertiefen.

Um den persönlichen Austausch voranzubringen, schlug Divy-am noch ein Treffen vor, bei dem gemeinsam geübt wird. Hie-raus entwickelte sich dann die Idee eines Treffens, bei dem je-der Netzwerker Schüler von sich mitbringt und diese dann beiden anderen anwesenden Netzwerker-Unterrichtenden malreinschnuppern können. Diese Idee ist noch nicht ganz ausge-reift, wird aber weiter verfolgt. Wir sind glücklich, dass der Blicknach vorne klappt und wünschen uns eine gemeinsame und in-spirierende Zeit mit allen Netzwerkern.

Seit 2013 gibt es für Niedersachsen ein Regionalvertreter-Trio:Daniela Guddas-Klapp, Ulla Riecke und Daniela Rohde. Für un-sere große Region streben wir eine bessere Vernetzung derMitglieder an, um der Netzwerkarbeit neue Impulse zu geben.Zur Umsetzung unseres Ziels planen wir als ersten Schritt einFest im Oktober 2014 zum Kennenlernen und Austauschen.

Wir möchten mit den niedersächsischen Netzwerkmitgliedernin Kontakt kommen, ihre Wünsche und Bedürfnisse aufspürenund herausfinden, wie wir uns gegenseitig unterstützen kön-nen. Dabei ist ein wesentliches Ziel, Taiji und Qigong ins öf-fentliche Bewusstsein zu tragen, um eine breitere Akzeptanzdieser Methoden zu erreichen. Wir sind gespannt auf unser ers-tes Treffen in Hannover, zu dem noch eine gesonderte Einla-dung erfolgt.

Daniela Guddas-Klapp, TQN Regional-vertreterin Niedersachsen. MeineGroßmutter nahm in den 60er Jahrenein chinesisches Paar bei sich auf. Sobegann die Geschichte einer langenFreundschaft, die noch heute die Fami-lien verbindet und mir von Kindheit andie chinesische Kultur nahe brachte.Ich übe und unterrichte den Yang Stilnach Prof. Cheng Man Ching nun seit25 Jahren. Und meine Begeisterung für

diese Bewegungskunst wächst und wächst… Ich freue mich da-rauf, sie mit Euch im Netzwerk zu teilen!

Ulla Riecke. Als Musikerin beschäfti-gen mich zeitlebens Phänomene wieKlang, Stille, Schwingung und Energie.Seit meiner ersten Begegnung mit Qi-gong bin ich fasziniert von dieserKunst. Nach ca. 10 Jahren Praxis im He-aling Dao und speziellem Qigong fürFrauen lernte ich 2006 Tian Gong ken-nen und unterrichte dies seit 2007.

Daniela Rohde ist gelernte Chemiela-borantin, beschäftigt sich seit vielenJahren Qigong. Derzeit ist sie Mutterund Hausfrau und bereitet sich aufihre Heilpraktikerprüfung vor.

Netzwerkmagazin · 201448

Freitag, 25.04.2014. 19 UhrOrt: Qigong & Massage Praxis in der Schanze *–Divyam de Martin-Sommerfeldtim Elisabeth Altenheim der Freimaurer Nebeneingang Kleiner Schäferkamp 43/Hamburg Bitte meldet Euch an, damit wir einen Überblick haben, wie vieleSitzgelegenheiten benötigt werden.

Nächstes Treffen der Hamburger Regional Gruppe:

Hessen

In Hessen bereiten einige Netzwerker das Festival anlässlichunseres 25 jährigen Bestehens vor. Das hat uns das letzte Jahrbeschäftigt. Beteiligt sind Gabi Bührer, Stefan Frey, Gudrun Gei-big (Rand Hessen, eigentlich Bayern) und Annette Deinzer (auchBayern).Markus Wagner und Karin Lühr veranstalten regelmäßige PushHands Treffen. Bei diesen Treffen wird natürlich kräftig gefach-simpelt.

Niedersachsen

Seit meiner Rückkehr aus Chinahabe ich das Netzwerk, seine Ar-beit und den Austausch mitGleichgesinnten und Mitstreiternmehr und mehr schätzen gelernt.Ich möchte vor allem gern denpersönlichen Austausch von Leh-renden in der Region ausbauen –kann mir aber auch vorstellen,solche Treffen durch Lehrer art-verwandter oder ergänzenderDisziplinen einzuladen, um deneigenen Horizont zu erweitern.

Auch eine gemeinsame Kultur- und Bildungsreise, nur für unsLehrende, habe ich schon seit längerem im Kopf ...

Sachsen/Sachsen-Anhalt

Von Andreas Gran

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Netzwerker in Aktion

2. Fasse deine Idee in eine lockere Gliederung

Lege deine Gliederung so an, dass du Ka-pitel umsortieren und nachträglich ein-fügen kannst.

3. Fülle deine Gliederung mit Inhalt.Oft passen Gedanken in mehrere Kapitel.Entscheide dich für das Kapitel, das demGedanken am deutlichsten entspricht.Mache dir kleine Notizen dazu. Dennnach ein paar Monaten (in denen du annichts anderes als an das Manuskript ge-dacht hast) kann es sein, dass du nichtmehr genau weißt, was du schon einge-arbeitet hast.

4. Suche dir „Kontrollleser“.Stelle ihnen konkrete Aufgaben. Frageden Fachmann nach dem Inhalt und dieLeseratte nach der Lesbarkeit. Auf dieFrage: „Wie findest Du mein Buch?“, be-kommst du ein paar Nettigkeiten aberkeine konstruktive Hilfe.

5. Lass es irgendwann gut sein.Du wirst mit jedem Lesen neue verbes-serungswürdige Passagen finden. Ganzabgesehen davon, dass so ein Buch Zeitbraucht und du dich während des Schrei-bens weiter entwickelst.

6. Suche einen kompetenten Lektor.Es kann sein, dass du hier ein paar Euroinvestieren musst.

7. Entscheide dich für den Selbstdruck oder die Zusammenarbeitmit einem Verlag

Das ist unter anderem von der geplantenAuflage abhängig. Wenn dein Themasehr speziell ist, wird die Auflage demzu-folge eher gering bleiben.

8. Kontrolliere jede neue Entwicklungs-stufe deines Buches persönlich.

Das Gesicht des Buches entspricht demGesicht des Autors. Er sollte sich in jederEinzelheit damit identifizieren können.

Abschließend möchte ich darauf hinwei-sen, dass ein Buch immer ein öffentli-ches Echo nach sich zieht. Es gilt genauabzuwägen, ob dieses Echo erwünschtist. Ein Buch besteht aus Worten undWorte sind Pfeile. Einmal vom Bogen,kann man sie nicht zurück holen.

Nun bleibt mir nur noch, allen zukünfti-gen Autoren viel Erfolg zu wünschen!

51Netzwerkmagazin · 2014

Netzwerker in Aktion

In meiner Schule gehen derzeit mehrereSchüler den Weg zum Lehrer für Taiji-quan nach den AALL. Die Besonderheitunserer Ausbildung ist, dass sie den As-pekt der Selbstverteidigung als grundle-gendes Übungsgut enthält. Dazu exis-tierte bisher keine deutschsprachige Li-teratur. Also entschloss ich mich, meinWissen zu diesem Gebiet zu ordnen undübersichtlich und anfängergerecht dar-zustellen.

Auf der Suche nach einem Verlag, fandich zwei, die bereit waren, das Buch zu

drucken. Bei beiden waren die Rahmen-bedingungen aber so unannehmbar,dass ich mich zum Eigendruck bei einemInternet-Verlag entschloss. Da es sich jaursprünglich um eine schulinterne Mini-Ausgabe handelte, war das Preis-Leis-tungsverhältnis akzeptabel.

Wie fast alle „historischen“ Taiji-Ab-handlungen schrieb ich es nur für dieStudenten meiner Schule. Die gaben esweiter an Taiji-Freunde und ermutigtenmich bald, damit an die Öffentlichkeit zugehen. So legte ich das Manuskript dem

„Taijiquan & Qigong Journal“ zur Rezen-sion vor. Dieser Schritt fiel mir nichtleicht. Ich hatte das Gefühl, mich irgend-wie auszuliefern und so ganz falsch istder Gedanke ja auch nicht. Aber das Buchfand Gefallen und erhielt eine sehr guteRezension im TQJ Heft 3/2013.

Lediglich ein besseres Lektorat wurdemir angeraten. Schriftsatz und Recht-schreibung wiesen Mängel auf. Das tuterst mal weh, denn gemeinhin glaubtein Mensch, der beschließt ein Buch zuschreiben, der deutschen Sprache mäch-tig zu sein. Als Lektor hatte ich mich ei-nem pensionierten Gymnasiallehrer an-vertraut, der fast all meine Kommatastrich und offenbar ein paar Fehler über-sah.

Sei es wie es sei, das Buch bekam eine sa-genhafte Eigendynamik. Ich erhielt eineAnfrage von einem Fachkatalog, der dasBuch anbieten wollte. Von da an war derEigendruck keine passende Option mehr.Allerdings findet sich für ein Manuskript,mit einer derartigen Vorgeschichte, we-sentlich leichter ein interessierter Verlag.Schon bald fand ich einen geeignetenund kompetenten Partner. Der Verlagübernahm auch das Lektorat und korri-gierte die Mängel. Das Buch bekam einneues äußeres Erscheinungsbild, eineISBN und ist nun über den Buchhandelerhältlich.

Das neue Layout entspricht in den Text-passagen nicht in allen Einzelheiten mei-nen Vorstellungen. Auf Grund der drän-genden Käufernachfragen war die Zeitjedoch viel zu kurz, um jede einzelneTextstelle abzusprechen. Diese „Ab-schlusskontrolle“ werde ich bei eventu-ellen zukünftigen Auflagen oder neuenArbeiten keinesfalls vernachlässigen.Abschließend möchte ich meine Erfah-rungen in acht Empfehlungen zusam-menfassen:

1. Du hast eine IdeeÜberlege, ob es Menschen gibt, die andeinen Erkenntnissen interessiert sind.Im Idealfall sollte es sich um ein in gro-ßen Teilen neues Thema handeln.

Netzwerkmagazin · 201450

Wie schreibe ich ein Buch?

Von Ulf Angerer

In den Jahren 2012 und 2013 habe ich ein Buch zum Thema „Tai Chi Ch’uan als effek-tive Selbstverteidigung“ geschrieben. Mein Buch entwickelte ein echtes Eigenleben(es hat sich sozusagen selbst veröffentlicht) und ich konnte eine Menge Erfahrungensammeln. Wie kam es dazu?

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Ulf Angerer, Jahrgang 1963, Taijiquan seit 1989, hauptberuflich seit 2006. Ausbildung im Yang Stil nach Yang LuChanbei Thierry Alibert, jetzt Partnerschule derT.A.O. ecolé / Gourdon als Ausbilder fürTaijiquan zertifiziert vom Netzwerk &DDQT. Die Keqi-Schule ist anerkanntesAusbildungsinstitut des DDQT. Hauptarbeit am kleinen Rahmen des Taijiquan im Sinn einer funktionierendenSelbstverteidigung.

Der Autor

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Netzwerker in Aktion

che: So nahm ich beispielsweise im Juni2012 an der Taiji-Europameisterschaft inParis teil und lernte dort einen leiden-schaftlichen Vertreter des Yang-Familien-Taijiquan aus Rumänien kennen. Es folgteeine Einladung nach Rumänien beimnächsten Besuch von Yang Jun auch mit-zumachen, der ich gerne folgte. Mittler-weile entstand eine gute Taijiquan-Freundschaft, obwohl wir bei dem Turnierin Paris gegeneinander angetreten waren.

So ermöglichen es Turniere, viele Kontak-te zwischen den unterschiedlichen Stilenzu pflegen und den eigenen Horizont zuerweitern. Hierbei ist es besonders för-derlich, dass alle bei einem Turnier teil-nehmenden Praktiker ein gemeinsamesZiel haben: Die eigene Persönlichkeitdurch den Einsatz von Taijiquan zu för-dern. Zwar geht diese Entwicklung un-terschiedliche Wege und es gibt ver-schiedene Auffassungen, doch die Tole-ranz füreinander wird durch dieRegelwerke auf Turnieren in einen Rah-men gesetzt, so dass sich fruchtbare Be-gegnungen leichter ergeben können.

Natürlich erlebte ich auf Turnieren auchDinge, die nicht so nett waren. Da wurdebeispielsweise im Formenbereich aufunwürdige Weise mit den Schiedsrich-tern diskutiert und anschließend verlie-ßen einfach alle Starter dieser Schule das

53Netzwerkmagazin · 2014

Netzwerker in Aktion

Nun sind es bei mir gerade Turniere, beidenen ich die meisten Taijiquan-Stileund Menschen kennengelernt habe. Vol-ler Begeisterung und Freude sehe ichdort Präsentationen von Formen in einerEleganz und Kraft, wie es mir Videos oderVorführungen in Shows nicht bieten.

Wie bereits im Netzwerkheft 2011 im Ar-tikel Familien-Taiji beschrieben, war ich

mit meinem Sohn im Dezember 2010 aufder TCFE-Europameisterschaft. Dort habeich beispielsweise das Team Longfei ausEngland kennengelernt, die mir seitdemauf vielen Turnieren immer wieder be-gegnet sind. Auf diese Weise hat sicheine schöne Freundschaft entwickelt, diewir unter anderem über Emails pflegen.Und auch Thierry Alibert aus Frankreichhabe ich dort zum ersten Mal getroffen

und gesprochen. Es ist schon etwas ganzanderes, wenn man die KollegInnen undihre Stile „in echt“ sieht. Lustigerweiselernte ich auf Turnieren im Ausland aberauch viele Deutsche kennen, die Stile wieChen, Zheng Manqing oder Lee gezeigthaben. Aber gerade, wenn man aus demgleichen Land kommt, rückt man auf soeiner Veranstaltung unwillkürlich mehrzusammen und das kann dann ebenauch danach weiter gehen. Besonderswegen der Vielfalt haben es mir ver-bandsoffene Turniere angetan, da sie kei-nem Stil oder Meister verpflichtet sind.Wer sich für die große Bandbreite vonTaijiquan interessiert oder einmal überden eigenen Tellerrand schauen möchte,findet auf diesen Turnieren eine sehrgute Möglichkeit in direkten Kontakt mitanderen Taijiquan-Praktikern zu treten.

Doch auch im von mir praktiziertenYang-Stil bereicherten mich Turnierbesu-

Netzwerkmagazin · 201452

Netzwerken durch Turniere

Von Jan Leminsky

Die Blüten von Taijiquan sind mannigfaltig: In meiner persönlichen Entwicklungschätze ich die Philosophenfaust für ihre vielen Ausprägungen und die unterschied-lichen Menschen, die ich durch den Besuch von Veranstaltungen im Taijiquan kennengelernt habe.

Turnier. Es kam auch vor, dass es beimKämpfen zu schlimmen Verletzungenkam und durch unsachgemäße FührungWaffen aus den Händen glitten und an-dere dadurch gefährdet wurden. AberStreit unter den Teilnehmern habe ichnie mitbekommen. So lernte ich diemeisten Menschen im Taijiquan durchTurniere kennen.

Und noch einen weiteren Gedankentransportieren Turniere: Werbung fürTaijiquan! Viele Menschen kennen Taiji-quan nicht und haben Vorurteile durchNichtwissen. Hier ist das Format „Turnier“hilfreich, da es aus dem Tanzsport undBallsport bekannt ist und somit ideal,um Menschen anzusprechen, die sich fürTaijiquan interessieren.

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Poetisches

uf einem Berg am Ostrand des Ozeans befruchtete derWind ein Ei, aus dem ein Affe schlüpfte. Der Jade-Kaiserselber stattete ihn mit magischen Fähigkeiten aus. Eintaoistischer Weiser lehrte ihn, sich zu verwandeln unddurch die Luft zu fliegen. Schon bald gelang es ihm, alle

Affen zu einem Königreich zu vereinen. Aber er brauchte auch nocheine starke Waffe. Und so reiste er zum Drachenkönig am Grund desÖstlichen Meeres. Mit einem Trick gelang es ihm, dem König einenZauberstab zu entwenden, der die Größe seines Besitzers verändernkonnte.

Bitterlich beklagte sich der Drachenkönig beim Herrn der Hölle überden frechen Diebstahl. Dieser schickte seine Wächter aus, die den Affenkönig sturzbetrunken bei einem Festmahl ihm zu Ehren fest-nehmen konnten. Doch wiederum mit einer List gelang es ihm, ausden Kerkern der Hölle zu entkommen. Doch nicht nur dass, er strichaus dem Sündenregister der Lebenden und Toten seinen Namen so-wie die Namen all seiner Untertanen heraus.

Diese Frechheit kam auch dem Jade-Kaiser zu Ohrenund so zitierte er den Affenkönig zu sich in denHimmel. Damit der Unruhestifter nun endlichFrieden geben sollte, ernannte er ihn zumGroßmeister der Himmlischen Stallungen.Der Affe war zunächst geschmeichelt.Doch bald durchschaute er das Spieldes Jade-Kaisers und richtete Zerstö-rungen im Himmel selber an. Dann zoger sich auf den Berg Hua-Kuo zurückund rief sich zum Großen Weisen aus.Den Kriegern des Jade-Kaisers gelanges nicht, ihn gefangen zu nehmen. Undso wurde er schließlich zum Großen Ober-aufseher des Himmlischen Pfirsichhains,der Quelle der Unsterblichkeit, ernannt.

Daraufhin gelobte der Affe Besserung. Als man ihn je-doch nicht zum Pfirsichfest einlud, tobte er vor Wut. Darauf-hin aß und trank er alle Speisen und Getränke, die für das Festmahlvorbereitet waren, und schluckte die Unsterblichkeitspillen aus demPalast des Lao Chun. So floh der doppelt unsterblich gewordene Affeaus dem Himmel.

Grenzenlos war der Zorn des Jade-Kaisers und er schickte alle himm-lischen Krieger aus, um den frechen Affen zu ergreifen. Trotz all sei-ner magischen Künste gelang es den Kriegern, den Affen festzuneh-men. Der Jade-Kaiser ordnete sofort seine Hinrichtung an. Doch alleSchwerter und Äxte konnten dem unsterblichen Affen nichts anha-ben. Dann übergab man ihn Lao Chun, damit er ihn in seinem Alchi-mistenofen verbrennen würde. Neunundvierzig Tage schürte LaoChun das Feuer unter dem Ofen, doch der Affe lebte immer noch.

In seiner Verzweiflung fragte der Jade-Kaiser Buddha um Rat. Dieserfragte schließlich den Affen, warum er denn den Himmel besitzenmöchte. Da prahlte der Affe, dass er mächtig genug für diese Würde

wäre. Denn er wäre unverwundbar, unsterblich, könnte sich in 72 Ge-stalten verwandeln und 108 000 Meilen fliegen. Da verlangteBuddha ein Beweis dafür zu liefern und forderte ihn auf, aus seinerHandfläche zu springen. Gelänge dies dem Affen, so sollte er überden Himmel regieren. So nahm der Affe all seine Kraft zusammenund sprang bis ans Ende der Welt, wo er an einen großen Baumes urinierte. Dann machte er sich auf den Rückweg. Doch Buddha lach-te nur und zeigte ihm, dass er an der Stelle, wo er Wasser gelassenhatte, sich die Wurzel eines seiner Finger befunden hatte. Damit wares ihm noch nicht einmal gelungen, seine Handfläche zu verlassen.Buddha schuf einen magischen Berg, in dem er den Affenkönig ein-sperrte.

Tausende von Jahren schmachtete er in seinem Gefängnis bis dieGöttin der Barmherzigkeit Guan Yin für ihn sprach. So wurde er un-ter der Bedingung freigelassen, dass er den Mönch Xuanzang nachIndien begleiten sollte, um die buddhistischen Heiligen Schriftennach China zu holen. Zur Sicherheit wurde ihm aber ein eiserner

Helm auf den Kopf geschnürt, der sich verengte sobald derAffe eine übermütige Tat begehen sollte.

Auf ihrer Reise trafen der Mönch und der Affeauf zwei seltsame Gestalten, die ihre Reise-

gefährten werden sollten. Einer war einMann namens Schweinekopf. Weil er die Tochter des Jade-Kaisers entführthatte, war er als Monster mit dem Kör-per eines Menschen und dem Gesichteines Schweins wiedergeboren wor-den. Der andere war Bruder Sand, ein

gestürzter Beamte des Himmels, dernun als Mörder und Wegelagerer lebte.

Beide bekamen die Möglichkeit für ihreTaten zu sühnen, in dem sie sich der Sache

des Mönches anschlossen.

Nicht weniger als achtzig Abenteuer bestand das un-gleiche Quartett auf ihrer Reise nach dem Westen. Schließ-

lich erreichten sie nach vierzehn Jahren ihr Ziel. Dort überreichte Tat-hagata dem Mönch die Heiligen Schriften. Sicher gelangten sie anden kaiserlichen Hof zurück und wurden vom Volk und Kaiser herz-lich begrüßt. Buddha selbst verkündete ihnen, welches Schicksalfortan für sie bestimmt war. Schweinekopf wurde zum OberstenHimmlischen Altarputzer ernannt und Bruder Sand wurde zum Hei-ligen des Himmels. Der Mönch und der Affe aber wurden zu Er-leuchteten. Mit dieser neuen Würde ausgestattet bat der Affe da-rum, den Helm wieder absetzen zu können. Da sagte Xuanzang zuihm, dass der Helm sich von alleine verflüchtigen würde, wenn erwirklich erleuchtet sei. Als der Affe sich an den Kopf fasste, stellte erin der Tat fest, dass der Helm nicht mehr da war.

Diese Geschichte ist eine der wichtigsten Erzählungen Chinas und weitüber die Grenzen des Landes hinaus bekannt. Sie ist die Grundlagezahlloser Filme, Bücher, Comics und Computerspiele. Quelle: http://www.mythentor.de/osten/china12.htm

55Netzwerkmagazin · 2014

Netzwerker in Aktion

Es geht schon mit der Verwunderung los,dass es im Taijiquan Turniere gibt. Sowerden Interessenten neugierig.

Netzwerkmagazin · 201454

Taijiquan und Qigong auf der Internationalen Gartenschau

Vom 26. April bis zum 13. Oktober 2013 fand in Hamburg aufdem Gelände des Wilhelmsburger Inselparks die Internatio-nale Gartenschau Hamburg (IGS) statt. Mit rund 1,2 MillionenBesuchern sind zwar nicht einmal halb so viele gekommenwie erwartet. Dennoch ist die Schau bei den Besuchern gutangekommen. Die sogenannte Welt der Bewegung mit ihrenSpiel- und Sportangeboten sei bei Jüngeren und Familien sehrgut angekommen.

Dank der guten Kontakte von Dietlind Zimmermann hattedas Netzwerk ein ständiges Angebot auf der IGS mit einemwöchentlichen Mitmachangebot von jeweils anderthalbStunden. Unsere Regionalvertreter Jan Leminsky und Divyamde Martin-Sommerfeldt zimmerten mit der Leitung der IGSeinen Vertrag und Ruth Arens übernahm die Koordination desEinsatzes und sorgte dafür, dass immer jemand da war zu je-

dem Termin. Das Wetter spielte meistens mit und die Ange-bote wurden gut angenommen. Resümierend stellte FrauWagner-Hauthal von der IGS-Leitung fest, dass es eine glück-liche Kooperation gewesen sei.Es habe immer funktioniert, dass sowohl Kursleiter als auchTeilnehmer da waren. Teilweise seien pro Termin bis zu 30 Leu-te erreicht worden und zwar solche, die sonst noch keinenKontakt mit Taijiquan und Qigong hatten. Mit der Qualifikati-on der Anbietenden sei sie durchweg bis auf eine Einschrän-kung zufrieden gewesen. Besonders gut sei Ruth Arens an-gekommen. Unter ihrer Anleitung hätten die Teilnehmendeneinen schnellen Zugang gefunden.Insgesamt war dies an eine sehr erfolgreiche Aktion, die durchgute regionale Vernetzung gelungen ist. Allen Beteiligten seian dieser Stelle herzlich gedankt.

Für Taijiquan bietet sich somit auch dieMöglichkeit, sich der Öffentlichkeit inseiner Bandbreite zu präsentieren. Inte-ressierte Menschen können für sich un-verbindlich von der Tribüne aus einenersten Eindruck erhalten. Und wenndann noch die volle Breite an TaijiquanStilen geboten wird, ist ein weiterer Nut-zen von Turnieren gegeben, da die Zu-schauer sehen, wie viele Ausprägungendiese tolle Kampfkunst bietet.

Wenn Teilnehmer und Publikum nichtvoneinander getrennt werden und es dieMöglichkeit zu einem Austausch gibt,spielt ein Turnier seine volle Werbestärkefür das Taijiquan aus, denn die Zuschau-er können mit den Startern sprechen.Das passierte mir schon viele Male undauch aus diesen Gesprächen haben sich

im Anschluss Kontakte ergeben. So konnte ein Zuschauer endlich das Schwert kaufen, das er schon immer haben woll-te und bei mir gesehen hatte.

Es war mir ein Anliegen diese verschie-denen Netzwerkgedanken eines Turnie-res einmal darzulegen und ich hoffe,dass bei einigen Aktiven jetzt auch Neu-gierde geweckt wurde, auf einem Taiji-quan-Turnier vielleicht mal als Zaungastdabei zu sein.

Jan Leminsky, Schulinhaber, Ausbilder für Taijiquan, Schiedsrichterausbilder fürdas TQN, Buchautor, Turnierveranstalter,DDQT-Ausschussmitglied Taijiquan, Regio-nalvertreter Hamburg Bereich Taijiquan

Der Autor

Die Reise in den Westen

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