skript_dichtungstechnik

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  • 7/23/2019 skript_dichtungstechnik

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    GrundlehrgangDichtungstechnik

    von

    Professor Dr.-Ing. habil. W. Haas

    Institut fr MaschinenelementeBereich Dichtungstechnik

    Universitt Stuttgart

    Pfaffenwaldring 9

    70569 Stuttgart

    Tel.: 0711 / 685 - 66170

    Fax: 0711 / 685 66319

    E-Mail: [email protected]://www.ima.uni-stuttgart.de

    Der Inhalt entspricht der Vorlesung, die an der Uni Stuttgart im Rahmen des Grundstudiums alleStudenten der Fachrichtungen Maschinenbau, Fahrzeug- und Motorentechnik, Energie- und Anla-gentechnik und Technologiemanagement hren.

    http://www.ima.uni-stuttgart.de/http://www.ima.uni-stuttgart.de/http://www.ima.uni-stuttgart.de/
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    Prof. Dr.-Ing. habil. W. Haas

    Grundlehrgang Dichtungstechnik SEITE I

    UNI STUTTGART

    1 Aufgabe, Einteilung, Prinzip, Funktion ............................................................ 12 Statische Dichtstellen und Dichtelemente ...................................................... 4

    2.1 Nicht lsbare Dichtungen ....................................................................... 42.2 Lsbare Dichtungen .............................................................................. 52.2.1 Prinzipielle Auslegung ......................................................................... 52.2.2 Flachdichtungen .................................................................................. 72.2.3 Metallprofildichtung ............................................................................. 82.2.4 Druckaktivierte Metalldichtungen ......................................................... 92.2.5 Dichtung im Kraftfluss der druckabhngigen Belastung ....................... 92.2.6 Weichstoff-Profildichtungen ................................................................102.2.7 Dichtmassen ......................................................................................132.2.8 Membrandichtung ..............................................................................132.2.9 Balgdichtung ......................................................................................13

    3 Dynamische Dichtstellen und berhrende Dichtelemente ............................143.1 Rotatorische Abdichtung .......................................................................143.1.1 Berhrende Schutzdichtungen ...........................................................143.1.2 Radial-Wellendichtringe .....................................................................153.1.3 Gleitringdichtungen ............................................................................193.1.4 Stopfbuchsdichtung ............................................................................223.2 Translatorische Abdichtungen ..............................................................233.2.1 Stangendichtung ................................................................................243.2.2 Kolbendichtungen ..............................................................................263.2.3 Abstreifer ............................................................................................263.2.4 Fhrungen und Schleppdruck ............................................................273.2.5 Oberflchen........................................................................................273.2.6 Pneumatikdichtungen .........................................................................28

    4 Berhrungsfreie Dichtungen ...........................................................................294.1 Eigenschaften und Einteilung ...............................................................294.2 Berhrungsfreie Schutzdichtungen .......................................................304.2.1 Fanglabyrinth-Dichtung ......................................................................314.2.2 Sperrluftdichtung ................................................................................314.3 Drossel- und Sperrdichtungen ..............................................................334.3.1 Drosseldichtungen..............................................................................33 4.3.2 Sperrdichtungen .................................................................................35

    5 Literaturverzeichnis .........................................................................................36

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    Grundlehrgang Dichtungstechnik SEITE 1

    UNI STUTTGART

    Dichtungen sind eine weit differenzierte Klasse wichtiger Konstruktionselemente, fr praktisch alletechnischen Gebilde von Autos genauso wie von Kchenmaschinen, Flugzeugen, verfahrens-technischen Anlagen oder Kraftwerken. Es gibt praktisch kein technisches Produkt, das ohne dasElement Dichtung auskommt. Allein in der in Bild 1 dargestellten, einfachen Pumpe gibt es ber20 Dichtstellen.

    Bild 1: Querschnitt durch eine Chemie-Normpumpe. Die eingebauten Dichtungen sind ge-kennzeichnet

    1 Aufgabe, Einteilung, Prinzip, Funktion

    Eine Dichtung hat primr die Aufgabe, zwei funktionsmig verschiedene Rume so zu trennen,dass kein oder nur ein zulssiger Stoffaustausch zwischen ihnen stattfinden kann. Insbesonde-re dynamischen Dichtungen drfen Zusatzaufgaben wie fhren oder Kraft leiten nicht bertra-gen werden.

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    UNI STUTTGART

    Bild 1.1: Prinzipdarstellung Aufgabe einer Dichtung

    Dichtungen sind die wohl am meisten differenzierte Klasse von Maschinen- bzw. Konstruktions-elementen. Sie werden auf vielerlei Arten eingeteilt. Bild 1.2 zeigt eine einfache Einteilung, die

    ausgehend vom Aspekt der Bewegung auf das Funktionsprinzip und beispielhafte Ausfhrungs-formen hinfhrt.

    Bild 1.2: Einteilung von Dichtungen

    Absolute Dichtheit im physikalischen Sinne gibt es nicht. Man muss sich verstndigen, was man imkonkreten Fall unter dicht verstehen will (Molekle, Feuchtigkeit, Tropfen, ...). Diese Dichtheitbezeichnet man als technische Dichtheit.

    Wird die Fuge zwischen zwei abzudichtenden Teilen mit einem geeigneten Hilfsstoff (Dichtung)gefllt, Bild 1.3, und wird dieser Hilfsstoff so stark verpresst, dass sowohl seine internen Porenals auch die Mikrospalte zwischen Hilfsstoff und abzudichtenden Teilen so klein werden, dass derzurckzuhaltende Stoff nicht mehr durchdringen kann, ist eine berhrende Dichtung realisiert.

    Dichtungen, welche ohne mechanische Berhrung der beiden Teile und ohne einen festen Zwi-schenstoff auskommen, werden Berhrungsfreie Dichtungen genannt, Bild 1.4. Hier wird mitspeziellen Effekten der abzudichtende Stoff so gut wie irgend mglich zurckgehalten.

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    Bild 1.3: Realisierung einer berhrendenDichtung

    Bild 1.4: Prinzip einer berhrungsfreien Dich-tung

    Bei der berhrenden Abdichtung eines bewegten Maschinenteils, wird ein beweglicher, in sichdichter Dichtkrper durch eine Anlegekraft so an seine Gegendichtflchen angepresst, dass obigeForderung statisch erfllt ist, Bild 1.5. Die Anlegekraft muss mindestens so gro sein, dass diemittlere Flchenpressung pm gleich dem Druck des abzudichtenden Fluids ist und es muss einegeschlossene Linie am Umfang innerhalb der Dichtflche geben in der die Pressung p B p1 ist.Dies sind die notwendigen Bedingungen fr statische Dichtheit.

    Bewegt sich nun eine der Dichtflchen gengend schnell, so bildet sich zwischen den Dichtflchenein dynamischer, fluidgefllter Dichtspalt h < 1 m. Der Druck pF des Fluids im Dichtspalt ent-spricht der vorherigen Pressung pB. Dynamisch ist eine Dichtung nur dann dicht, wenn die Flssig-keit im Spalt aktiv zurckgehalten (zurckgefrdert) wird. Solche Dichtungen werden als aktiveDichtungen bezeichnet. Dichtungen die dies nicht tun als passive Dichtungen.

    Bild 1.5: Prinzip dynamischer, berhrender Dichtungen

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    UNI STUTTGART

    2 Statische Dichtstellen und Dichtelemente

    Statische Dichtstellen sind solche, bei welchen die Dichtflchen die Flchen zwischen welchendie Dichtfunktion erfllt wird keine fr die Funktion des technischen Systems notwendige Relativ-bewegung zueinander ausfhren. Bild 2.1 zeigt eine systematische Einteilung

    Bild 2.1: Systematische Einteilung statischer Dichtungen

    2.1 Nicht lsbare Dichtungen

    Schwei-, Lt-, Klebe- und Pressverbindungen, bei denen auch Krfte durchgeleitet werden, sindgleichzeitig Dichtverbindungen, obwohl dies meist gar nicht so aufgefasst wird. (Beispiele:Ltmuffe, Behlterschweinaht).

    Bild 2.2: Schweidichtung

    Sitzt die Schweinaht ohne Durchleitung von Bauteilkrften im Kraftnebenschluss und werdenspezielle Dichtelemente ein- und verschweit, so spricht man von Schweidichtungen, Bild 2.2.Typische Anwendungen sind heigehende Leitungen mit hohem Innendruck in der Kraftwerks-technik.

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    UNI STUTTGART

    2.2 Lsbare Dichtungen

    Die lsbaren Dichtungen sind das, was man gemeinhin unter Dichtung versteht.

    2.2.1 Prinzipielle Auslegung

    Nach einer Vorauswahl der Dichtungsart und des Werkstoffs die auf Grund der Anforderungen wiechemische und thermische Bestndigkeit, Druck, Sicherheit, Einbauraum, Dichtheit(Leckageklasse), Lebensdauer usw. getroffen wird, sind zwei Vorgnge zu unterscheiden:

    Bei der Montage ist die Dichtung mit einer bauartbedingten Mindest-Pressung pV bzw. Mindest-Kraft FV vorzupressen. Dadurch wird eine ausreichende elastische und plastische Anpassung derDichtflchen aneinander erreicht. Ebenso werden, z.B. bei faserverstrkten Flachdichtungen, in-terne Porositten des Materials verschlossen.

    Im Betrieb muss eine vom abzudichtenden Druck p abhngige Mindest-Pressung pB bzw. Min-dest-Kraft FB unter allen Betriebsbedingungen wie Temperatur, Verformung, uere und innereKrfte, Schwingungen usw. erhalten bleiben.

    V D VF A p (2.1)

    B D B DF A p (S ) (2.2)

    Mit: AD = charakteristische Berhrflche der DichtungSD = Sicherheitsfaktor (hufig wird hier bei der Auslegung SD = 1,3 gewhlt)

    Dabei darf jeweils eine maximal zulssige Pressung nicht berschritten werden, da sonst die Dich-tung zerstrt wird. Die Kennwerte pV und pB sind fr unterschiedliche Dichtungsarten, Materialienund Hersteller unterschiedlich und demzufolge den jeweiligen Herstellerpublikationen ltereeventuell auch Normen zu entnehmen. Gleichzeitig variieren Bezeichnung, Inhalt und Gre der

    Kennwerte je nach verwendeter Norm. Tabelle 2.1 gibt einen berblick.Tabelle 2.1: Vergleich der Kennwerte nach DIN 28090 (DIN 2505) und prEN 13555 (prEN 1591)

    Bedeutung

    AD-Merk-

    blatt B71984

    DIN V25051964

    DIN E25051986/1990

    DIN280901995

    PrEN135551999

    PrEN15911998

    ASME/ASTM

    Relations

    Minimale Dichtflchenpres-sung im Einbauzustand

    k0KD k0KD VU VU/L QMIN(L) Qmin Gb, Gs,a

    QMIN(L) = Qmin = VU/L = Gb(tpmin)3

    VU = k0KD/bD

    Minimale Dichtflchenpres-sung im Betriebszustand

    k1 k1 BUm

    BU/LmL

    QSMIN(L) Ql mL = (Gs/|p|)(Tpmin)

    (a log(Q0Gs))/(log(Q0Gb)

    Maximale Dichtflchenpres-sung im Einbauzustand

    VV0

    V0

    QCRIT,QTOP

    Qmax,ref Qmax

    =V0

    = 0,8 * QKRIT

    =0,8 * QTOP

    Maximale Dichtflchenpres-sung im Betriebszustand

    K2KDS B0 B0 QMASS Qmax Qmax = B0

    Rckfederung der Dichtung ED ED EDGV E0, K1 E0, K1 ED/ V = K1 * Q + E0

    Kriechfaktor gC GC

    Ausdehnungskoeffizient G G

    In den modernen Regelwerken beziehen sich die Kennwerte immer auf eine bestimmteLeckageklasse L. Es werden die Klassen L1, L0,1 und L0,01 unterschieden mit einer jeweiligen

    maximal zulssigen spezifischen Leckagerate von 1; 0,1; 0,01 mg/s m (Leckage in Milligrammpro Sekunde und Meter Dichtungslnge (Umfang)). Da diese Kennwerte teilweise auch noch vomDruck p, der Temperatur und dem Fluid abhngig sind, ist ihre Ermittlung mit einem immensenPrfaufwand verbunden. Die Darstellung erfolgt meist in Diagrammform; Beispiel siehe Bild 2.3.

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    Bild 2.3: BeispielhafteDarstellung von Dichtungskennwerten

    Da die Dichtkrfte FV und FB meist von Schrauben aufgebracht werden, ist, z.B. mittels Verspan-nungsschaubild, Bild 2.4, nachzuprfen, ob unter Einwirkung der Betriebskrfte FA die Restklemm-kraft FKR ausreichend ist (FKR FB).

    Bild 2.4: Verspannungsschaubild einer verschraubten Dichtverbindung

    Gleichzeitig ist darauf zu achten, dass durch Abstand, Krafteinleitung und Lage der Schrauben,Bild 2.5, eine mglichst gleichmige Pressung auf der gesamten Dichtlnge oder dem gesamtenDichtumfang erreicht wird. Ein Millimeter Berhrlnge auf der die notwendige Pressung pB nichterreicht wird lsst die Dichtverbindung versagen (Leckage), auch wenn die restlichen 10 Meterabsolut intakt sind!

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    UNI STUTTGART

    Bild 2.5: Einfluss der Lage der Schraubenkraftwirklinie zur Dichtungsmittellinie je mehr dunklePunkte umso gnstiger

    2.2.2 Flachdichtungen

    Flachdichtungen sind dnne Dichtungen fr ebene Flchen, die durch uere Krfte angepresstwerden, Bild 2.6. Sie sind nicht druckaktiviert und passen sich somit nicht automatisch dem abzu-

    dichtenden Druck an. Sie finden verbreitet Anwendung in allen Bereichen der Technik fr Flssig-keit und Gas, bei hoher und tiefer Temperatur sowie stationrem und pulsierendem Druck. Ent-sprechend vielgestaltig sind die Ausfhrungsformen, eingesetzte Werkstoffe und Werkstoff-kombinationen. Bild 2.7 zeigt einige Ausfhrungsformen. Es werden Hart-, Weich- undMehrstoffdichtungen unterschieden. Hartstoffe sind meist weiche Metalle wie Kupfer, Blei, Alumini-um usw. Zu den Weichstoffen zhlen Papier, Pappe, Gummi, Kunststoffe, expandierter Graphitund expandiertes PTFE. Mehrstoffdichtungen sind Kombinationen von Weichstoffen und Metalloder Fasergewebe. In Bild 2.7 sind: A eine Hart- oder Weichstoffdichtung, B-E ummantelte Dich-tungen, F eine Kammprofildichtung, G-I Dichtungen mit Metalleinlage und J eine Spiraldichtung.

    Bild 2.6: Dichtstelle mit Flachdichtung Bild 2.7: Ausfhrungsformen von Flachdich-tungen

    Flachdichtungen knnen im Krafthauptschluss oder -nebenschluss eingebaut werden, Bild 2.8. Beia gehen alle Krfte ber die Dichtung und diese kann zudem vom Druck p ausgepresst (ausgebla-sen) werden. Gegebenenfalls muss die Ausblassicherheit nachgewiesen werden. Dnne Dichtun-gen sind hier gnstiger als dicke.

    Bei b besteht diese Gefahr nicht mehr. Die Dichtung ist gekammert eingebaut. Bei c erfhrt dieDichtung bei richtiger Auslegung nichts von den Betriebskrften. Die Aufgaben Kraft leiten undabdichten sind sauber getrennt. Dichtungs- und Nutvolumen mssen aber sehr exakt aufeinanderabgestimmt sein und die Dichtkraft FB oder FV ist nicht berprfbar.

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    Bild 2.8: Einbauarten von Flanschdichtungena: Flansch mit ebener Dichtflche, Dichtung freiliegend im Hauptschluss

    b: Flansch mit Feder und Nut; Dichtung eingeschlossen im Hauptschlussc: Flansch mit Feder und Nut; Dichtung eingeschlossen im Nebenschluss

    2.2.3 Metallprofildichtung

    Metallprofildichtungen werden bei hohem Druck und/oder hoher Temperatur angewendet, Bild 2.9.Wegen des hohen E-Moduls bzw. der hohen Fliegrenzen mssen hier groe Flchenpressungenerzeugt werden, um die Unebenheiten der Dichtflchen auszugleichen. Dies wird mit relativ kleinenSchraubenkrften erreicht, indem man die Dichtflchen konstruktiv verkleinert.

    Bild 2.9: Metallprofildichtung Bild 2.10: Ausfhrungsformen fr Metallprofil-dichtungen

    Die Berhrung gekrmmter Dichtflchen oder scharfer Dichtkanten ergibt, nach anfnglicher Li-nienberhrung, beim Einwirken der Anpresskraft hohe Flchenpressungen bei sehr schmalenBerhrflchen. Bild 2.10 zeigt verschiedene Ausfhrungsformen. A und B sind Spiekantenringe,C eine Runddichtung, D eine Linsendichtung und E und F und das in Bild 2.9 dargestellte Dicht-element sind so genannte Ring-Joint-Dichtungen. Bei den in Bild 2.9 und Bild 2.10 dargestelltenmassiven Elementen wird die gesamte Dichtpressung extern aufgebracht. Ein weiteres Mittel zurErhhung der Dichtpressung bei moderater Schraubenkraft ist die Keilwirkung in konischen Dicht-flchen, Bild 2.11.

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    Bild 2.11: Schneidring-Rohrverschraubung (Keilwirkung + scharfe Dichtkante)

    2.2.4 Druckaktivierte Metalldichtungen

    Bei den druckaktivierten Metalldichtungen wird nur die Vorpressung pv fr die initiale Dichtheit ex-tern aufgebracht. Die Dichtpressung pB im Betrieb setzt sich dann aus der Vorpressung plus einemAnteil k, resultierend aus dem Systemdruck p, zusammen:

    pB = pv + k p (2.3)

    k ist von der Konstruktion (Form) des Dichtrings abhngig. So ist bei Element B in Bild 2.12 k = 1und bei Element E k 1. Die Bedeutung von k ist auf Seite 20 nher erlutert. Die Elemente A-Csind rhrenfrmige O-Ringe; A geschlossen ohne Druck im Rohr, C geschlossen und druckgas-gefllt, B mit ffnungen, damit der Systemdruck eindringen kann. Element D wird als V-Ring, Ele-

    ment E als C-Ring und Element F als Delta-Ring bezeichnet.

    Bild 2.12: Druckaktivierte Metalldichtungen

    2.2.5 Dichtung im Kraftfluss der druckabhngigen Belastung

    Die Dichtpressung eines leicht ballig ausgefhrten Dichtrings bzw. Behlterdeckels wird durch denInnendruck und durch Keilwirkung verstrkt. Der Axialschub wird ber einen segmentierten (geteil-ten) Sttzring am Behltermantel ohne Schrauben abgesttzt. Auf diese Weise knnen auch ext-rem hohe Krfte sicher aufgenommen werden. Die Hilfsschrauben fr Halterung und Vorpressungsind nur wenig belastet.

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    Bild 2.13: Konstruktionsbeispiel: Behlterverschluss nach Uhde-Bredtschneider

    2.2.6 Weichstoff-Profildichtungen

    Weichstoff-Profildichtungen werden extern nur vorgepresst und beziehen ihre Dichtpressung ausdem Systemdruck p. Bei gummihnlichen Elastomeren ist infolge deren Elastizitt und Inkompres-

    sibilitt (Querkontraktionszahl 0,5) k = 1 und damit:

    pB = pv + p (2.4)

    Die Pressung im Betrieb ist also immer um die Vorpressung hher als der Systemdruck. Dies be-zeichnet man als automatischen Dichtmechanismus. Typischer Vertreter ist der Elastomer-O-Ring aus NBR, FPM oder PU. Tabelle 2.2 gibt einen berblick ber wichtige Dichtungswerkstoffeund deren Abkrzungen.

    Der O-Ring wird axial (x), radial (y) oder notfalls auch im Eck (z) in Nuten eingebaut, Bild 2.14.Gngige Varianten zum O-Ring A in Bild 2.15 sind der X-Ring B (Handelsname auch Quadring),der Rechteckring C und der Starring D. Jede andere Form ist mglich. Es gibt diese Weichstoff-

    dichtungen auch mit Antifriktions-Beschichtung oder Ummantelung z.B. mit PTFE.Tabelle 2.2: Einige gebruchliche Dichtungswerkstoffe

    Werkstoff Abkrzung

    Nitril-Butadien-Kautschuk NBR

    Fluor-Karbon-Kautschuk FPM

    Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk EPDM

    Acrylat-Kautschuk ACM

    Methyl-Vinyl-Silikon-Kautschuk MVQ

    Polyurethan PU

    Poly-Tetra-Fluor-Ethylen (Teflon) PTFE

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    Bild 2.14: Einbau von O-Ringen Bild 2.15: Varianten von Weichstoffdichtungen

    Weichstoff-Profildichtungen und hier insbesondere der O-Ring werden in der Technik wegen ihrersehr guten Dichtwirkung uerst hufig angewendet. Fr deren problemlose Funktion sind einigewichtige Konstruktionsregeln zu beachten, Bild 2.16.

    Ausreichend vorpressenDer O-Ring-Querschnitt ( d) wird um 10-20 % zusammengepresst, indem die Nuttiefe t ent-sprechend um d geringer gehalten wird.

    NutbreiteDie Nutbreite b betrgt 130-140 % vom d.

    OberflchenrauheitDie Oberflchenrauheit bei ruhender Abdichtung ist entsprechend Tabelle 2.3 auszufhren; beibewegter Abdichtung fr die Kontaktflche A mit der angegebenen Werte und die NutwndeB wie bei pulsierendem Druck.

    Extrusion vermeiden

    Bei hohem Druck p wird das O-Ring-Material in den niederdruckseitigen Gehusespalt s ge-presst und dort gegebenenfalls abgequetscht, Bild 2.18. Um dies zu vermeiden ist der Gehu-sespalt gengend eng und die Konstruktion ausreichend steif zu gestalten, damit der Spalt snicht durch den Druck aufgeweitet wird. Beispielsweise ist bei einem O-Ring der Hrte 70 ShAbis 8 MPa bei Raumtemperatur noch ein Gehusespalt von s = 0,2 mm zulssig. Kann derSpalt nicht gengend eng ausgefhrt werden sind zustzlich Sttzringe aus einem hrterenKunststoff zu verwenden.

    MontageschdenO-Ringe drfen nicht unter Pressung ber scharfe Kanten gezogen werden. Entsprechend sindbei radial (y in Bild 2.14) eingebauten O-Ringen Einfahrschrgen von ca. 15 vorzusehen undBohrungen in eine Nut zurckzusetzen, Bild 2.17.

    Dicke O-RingeWegen der Matoleranzen der Schnurdicke d und der Nuttiefe t und wegen der Vorspan-nungsnderung durch Relaxation des Elastomers sind die greren Schnurdicken zu bevorzu-gen.

    HaftreibungBei radial vorgepressten O-Ringen (y in Bild 2.14) muss bei der Demontage die Haftreibkraft Fyberwunden werden. Sie lsst sich nach der Beziehung (2.5) abschtzen. Wobei sich Fy inNewton ergibt wenn D und d in Millimeter eingesetzt werden.

    yF (1,5 3) D d (2.5)

    Geeignetes Elastomer verwendenDas Elastomer muss seine Elastizitt behalten und darf weder zuviel quellen noch schrumpfen.Deshalb muss fr das abzudichtende Fluid bzw. fr die auftretende Temperatur ein geeignetes

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    Elastomer verwendet werden. Dies ist extrem wichtig und wird trotzdem hufig missachtet.Beispielsweise ist NBR gegen Benzin bestndig nicht aber gegen Bremsflssigkeit. Dahinge-gen ist EPDM gegen Bremsflssigkeit nicht aber gegen Benzin bestndig. Dichtungen fr dieBremsanlage versagen also im Kraftstoffbereich und umgekehrt.Das Problem des bestndigen Materials stellt sich nicht nur bei O-Ringen, sondern bei allenDichtungen und anderen Bauteilen aus Elastomeren oder Kunststoffen. Die Hersteller fhrenBestndigkeitslisten (Datenbanken).

    Bild 2.16: Konstruktionshinweise

    Tabelle 2.3: Oberflchenrauheit ruhende Abdichtung

    Oberflche Druck

    Oberflchenrauheitin m, Traganteil

    tp > 50 %

    Ra RmaxA Kontaktflche nicht pulsierend 1,6 6,3

    pulsierend 0,8 3,2

    B Nutgrund und-Seiten

    nicht pulsierend 3,2 12,5

    pulsierend 1,6 6,3

    C Oberflche der Einfahrschrge 3,2 12,5

    Bild 2.17: Radial gepresste O-Ringe erfordern

    eine Einfahrschrge

    Bild 2.18: Extrusion und Abhilfe durch Sttz-

    ringe

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    2.2.7 Dichtmassen

    Zu den Dichtmassen, Bild 2.19, zhlen pastse oder flssige Dichtmittel, die sich der Mikro- undMakrostruktur der Dichtflchen wie Flansche oder Gewinde leicht anpassen und dann chemischoder physikalisch zu harten oder elastischen Dichtungen aushrten. Dichtmassen werden, da fle-xibel und leicht handhabbar, vielfach in allen Bereichen der Technik angewandt. Entsprechendvielfltig sind ihre Ausfhrungsformen. Leider verfhrt die leichte Anwend- und Verfgbarkeit auch

    dazu, in Konstruktion und Fertigung unsauber zu arbeiten.

    Bild 2.19: Dichtmasse als Flanschdichtung

    2.2.8 Membrandichtung

    Membrandichtungen, Bild 2.20, erlauben begrenzte, schmierungsfreie und reibungsarme Bewe-gungen ohne Stick-Slip (Ruckgleiten) bei maximal mglicher Dichtheit. Trotz relativ groer Bewe-gung der Bauteile zueinander wird, hnlich wie in der Natur, eine gleitende Abdichtung vermieden.Flachmembrane A in Bild 2.21 knnen aus Metall, Gummi oder Kunststoff bestehen. Andere For-men wie die Sickenmembran D oder die Rollmembran C, die grere Bewegungen als eineFlachmembran erlauben, mssen aus gummielastischen Materialien gefertigt sein. Um hherenDrcken zu widerstehen und eine lange Lebensdauer zu erreichen, sind die Membranwerkstoffe

    meist gewebeverstrkt. Um die chemische Bestndigkeit zu verbessern, wurden teflonbeschichteteMembrane entwickelt. Gummiblattdichtungen B erlauben wegen ihres kleinen Spalts bei geringemHub einen relativ hohen Druck.

    Bild 2.20: Membrandichtung Bild 2.21: Membranvarianten

    2.2.9 Balgdichtung

    Werden mehrere Flachmembrane hintereinandergeschaltet, erhlt man einen Balg. Er erlaubt da-mit grere Hub- und vor allem auch Lateral- und Angular- sowie Taumelbewegungen. Nebendem Gummibalg, Bild 2.22A, gibt es Blge aus Metall und Kunststoffen, vorzugsweise aus PTFE.Gewellte Metallfaltenblge B in Bild 2.22 werden gewalzt und erlauben hohen Druck bei, im Ver-hltnis zu ihrer Baugre, kleinen Bewegungen. Bei geschweiten Lamellenblgen C werden die

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    Lamellen geprgt und dann verschweit. Sie sind beweglich und kurzbauend. PTFE-Blge D wer-den aus PTFE-Rohr gestochen. Sie sind sehr beweglich und vor allem chemisch inert.

    Bild 2.22: Balgdichtung mit Varianten

    3 Dynamische Dichtstellen und berhrende Dichtelemente

    Sind die gegeneinander abzudichtenden Rume so durch ein bewegtes Teil miteinander verbun-den, dass eine funktionsbedingte Relativbewegung der Dichtflchen zueinander vorliegt, so wirddies als dynamische Dichtstelle bezeichnet. Ist die Bewegung rotatorisch, so werden die Dichtun-gen Wellendichtungen genannt. Ist die Bewegung translatorisch, so spricht man entweder vonStangendichtungen Dichtung sitzt innen im hohlen Auenteil oder von Kolbendichtungen Dichtung sitzt auen auf dem Innenteil.

    3.1 Rotatorische Abdichtung

    Die Vielfalt der Wellendichtungen lsst sich systematisch gliedern in Schutzdichtungen, Radialwel-lendichtungen, Gleitringdichtungen und Stopfbuchsen; wobei die Stopfbuchse schon ein Zwitter zuden Dichtungen fr translatorische Dichtstellen ist.

    3.1.1 Berhrende Schutzdichtungen

    Unter dem Begriff Schutzdichtungen wird alles zusammengefasst, was in aller Regel Rotationsla-ger vor Schmierstoffaustrag und Schmutzeintrag schtzt und keiner anderen greren Gruppezugeordnet wird. Bild 3.1 zeigt einen Filzring A als berhrende Schutzdichtung.

    In Bild 3.2 sind die wesentlichen Schutzdichtungen dargestellt. Als lteste und einfachste berh-rende Schutzdichtung gilt der Filzring A, als modernste und schmlste die ins Lager integrierteDichtscheibe M. Kolbenringe B, Lamellenringe C und federnde Deckscheiben D-F sind einfachemetallische Dichtelemente, wobei B und C auch berhrungsfrei laufen knnen. Sie sind wie alleanderen dargestellten Elemente geeignet, Fett im Lager und Schmutz drauen zu halten. Flssig-keitsdicht sind sie nicht.

    Die Dichtelemente aus Elastomer (vorzugsweise aus NBR oder FPM), wie der V-Ring G, derGammaring H der Axial-Wellendichtring K und die Dichtscheibe M, knnen auch flssigkeitsdichtgegen anspritzende und drucklos berflutende Fluide sein. In aller Regel sind sie es nur in eineRichtung in den Darstellungen G, H und M gegen von auen (rechts) anstehende Flssigkeit.Soll in zwei Richtungen Flssigkeit abgedichtet werden, sind entsprechend zwei Elemente wie in Idargestellt anzuordnen.

    Eine Sonderstellung nimmt die Laufwerksdichtung L ein. Sie ist geeignet, starker Schmutzbeauf-schlagung zu widerstehen, z.B. in Kettenfahrwerken von Planierraupen, und kann Fluide unterDruck bis zu 0,2 MPa abdichten. Ihre Gleitringe sind aus einem speziellen Hartguss und werdendurch zwei O-Ringe elastisch abgedichtet und angepresst. Laufwerksdichtungen gehren syste-matisch zu den spter dargestellten Gleitringdichtungen, wohingegen der Axial-Wellendichtringprinzipiell den nachfolgend beschriebenen Radial-Wellendichtringen hnelt. BerhrungsfreieSchutzdichtungen sind in Kap. 4.2 dargestellt.

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    Bild 3.1: Filzring A als Schutzdichtung Bild 3.2: Schutzdichtungen

    Einsatzgrenzen:

    Die Einsatzgrenzen der einzelnen Elemente hinsichtlich der zulssigen Gleitgeschwindigkeit sindsehr unterschiedlich und zudem stark von den Einsatzbedingungen abhngig. So knnen FilzringeA bis etwa 5 m/s eingesetzt werden, wohingegen Axialwellenringe K bei optimaler lschmierung30 m/s ertragen. Die Dichtlippe des V-Rings G, I hebt bei ca. 15 m/s infolge Fliehkraft von ihrerGegenlaufflche ab, whrend fr die metallischen Elemente wie D und L wiederum bei 5 m/sSchluss ist. Fllt die Schmierung aus (weg) sinkt die ertragbare Gleitgeschwindigkeit bei allen (be-rhrenden) Elementen drastisch.

    3.1.2 Radial-Wellendichtringe

    Radial-Wellendichtringe werden in der Technik uerst hufig eingesetzt. Sie werden deshalb hier

    etwas ausfhrlicher behandelt.Radial-Wellendichtringe sind Lippendichtungen, wobei die Primrdichtlippe radial an einem dre-henden Teil anliegt. Das klassische, bekannteste und sehr hufig eingesetzte Element dieser

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    Gruppe ist der Elastomer-Radial-Wellendichtring RWDR, landlufig auch Simmerring genannt, Bild3.3. Bei gut schmierender Flssigkeit, optimaler Umsplung und geeignetem Werkstoff sindRWDR bis 35 m/s Gleitgeschwindigkeit einsetzbar. Die Dichtwirkung des RWDR basiert auf einemelasto-hydrodynamischen Rckfrdereffekt. Dieser beruht auf den beiden unterschiedlichen Dicht-kantenwinkeln und und einem charakteristischen Berhrflchenverschlei. Die abzudichtendeFlssigkeit muss immer auf der Seite mit dem greren Dichtkantenwinkel sein. Wird auf der

    Seite mit dem kleineren Dichtkantenwinkel Flssigkeit angeboten, so wird diese auf die Seite mitdem groen Dichtkantenwinkel gepumpt. Radial-Wellendichtringe sind also aktive Dichtelementeund knnen deshalb leckagefrei abdichten.

    Bild 3.3: Elastomer-Radialwellendichtring(RWDR) und wichtige Bezeichnun-gen

    Bild 3.4: Bauformen nach DIN 3760/3761

    Bild 3.4 zeigt einige Bauformen von RWDR nach DIN. In Bild 3.3 ist die Grundbauform B darge-stellt. Form A mit gummiertem Versteifungsring bringt bessere Sekundrdichtheit und geringereToleranzempfindlichkeit. Form AS und Form D haben so genannte Schutzlippen (AS berhrungs-frei, D flachgestellt mit geringer Anpressung). Schutzlippen mindern den Flssigkeits- undSchmutzanfall von der Bodenseite her.

    Alle RWDR-Bauformen gibt es auch mit Drall. Drall sind makroskopische Rckfrderstrukturen aufder Bodenseite der Dichtkante (Winkel ). Sie verbessern das Dichtvermgen von RWDR wesent-lich.

    RWDR nach DIN 3760/3761 und hnliche Elemente sind nur zur Abdichtung nahezu druckloserFlssigkeiten geeignet. Sind mehr als ca. 0,02 MPa abzudichten, kommen Radial-Wellendichtring-Bauformen wie in Bild 3.5 gezeigt zum Einsatz. Typ A ist ein RWDR mit verkrzter und verstrkter

    Membran, Typ B ein Sonderring aus Elastomer ohne Federanpressung und Typ C eine Manschet-tendichtung mit einer Manschette aus PTFE-Compound. Diese Ringe sind deshalb druckbelastbar,weil sie eine kleine druckbelastete Wirkflche (gegeben durch Abstand x zwischen Dichtkanteund niederdruckseitiger Wand) und eine grere Stabilitt haben. Mit diesen Dichtelementen sindDrcke bis 1 MPa bei relativ geringer Gleitgeschwindigkeit beherrschbar. Mit Dichtsystemen wie Dund E mit Dichtringen aus PTFE sind auf Grund ihrer besonderen Gestaltung (kleiner Wert x) Dr-cke bis 3 MPa bei Gleitgeschwindigkeiten bis 12 m/s (gleichzeitig) abdichtbar.

    PTFE-Manschettendichtungen kommen immer dann zum Einsatz, wenn die Temperaturstabilittoder die chemische Bestndigkeit elastomerer Werkstoffe nicht mehr ausreichen oder wennschlecht schmierende Fluide abzudichten sind. Neben den glatten Manschetten nach Bild 3.5 Cdie keinen aktiven Rckfrdermechanismus haben kommen fr drucklose Abdichtungen vor-

    zugsweise PTFE-Manschetten mit Spiralrille zum Einsatz, Bild 3.6A. Die Spiralrille wirkt als Rck-frderpumpe und verbessert das Dichtvermgen wesentlich. Solche dynamischen Dichtringe kn-nen allerdings nur in eine Drehrichtung betrieben werden und ihre statische Dichtheit istungnstiger.

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    Bild 3.5: Druckbelastbare Radialwellendich-tungen

    Bild 3.6: PTFE-Manschettendichtung undDichtungskassette

    Bild 3.6 B zeigt eine Kassettendichtung. Hier wird das komplette dynamische Dichtsystem Ge-genlaufflche und Dichtring von einem Hersteller einbaufertig geliefert.

    Bild 3.7 gibt einen Eindruck von der Vielfalt der Ausfhrungsformen von Radialwellendichtringen.

    Bild 3.7: Radial-Wellendichtring-Varianten

    Bild 3.8 zeigt die Einsatzgrenzen von RWDR in Abhngigkeit vom Werkstoff, dem Wellendurch-messer und der Umfangsgeschwindigkeit. Bei grerem Wellendurchmesser sind hhere Gleitge-schwindigkeiten zulssig weil die Wrmeableitung gnstiger ist.

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    Bild 3.8: Einsatzgrenzen von RWDR nach

    DIN 3760

    Bild 3.9: Reibungszahlbereich von RWDR

    Reibleistung und Reibmoment

    Bild 3.9 zeigt den Reibungszahlbereich von RWDR abhngig von der Gmpelzahl G. Mit Hilfe die-ses Diagramms kann die Reibleistung P bzw. das Reibmoment M eines RWDR abgeschtzt wer-den.

    mP f p b d u (3.1)

    2

    mM 0,5 f p b d

    (3.2)

    Mit: pm = mittlere Flchenpressungb = Berhrbreited = Abdichtdurchmesser

    u = Gleitgeschwindigkeit= Winkelgeschwindigkeit= dynamische Viskositt im Dichtspalt

    Fr eine erste Abschtzung kann von einer mittleren Flchenpressung pm = 1 N/mm2 bei einer

    Berhrbreite von b = 0,15 mm ausgegangen werden.

    Beispiel: d = 100 mm, n = 3000 min-1, f = 0,3-0,5

    M = 0,7-1,2 Nm und P = 220-380 W

    Konstruktive Gesichtspunkte

    Der Dichtring allein macht noch keine Dichtung aus. Er muss gnstig in sein Umfeld integriert wer-den und vor allem seinem Dichtpartner, der Wellenoberflche (Gegenlaufflche), ist besondereBeachtung zu schenken. Dafr ist in der Regel nicht der Dichtringhersteller sondern der Anwender(Konstrukteur) verantwortlich. In Bild 3.10 ist gezeigt auf was es im Wesentlichen ankommt.

    D: Montagefase: 15-20

    F: Aufnahmebohrung: H8; Ra = 1,6-6,3 m

    A: Gegenlaufflche: A gegen Lagerinnendurchmesser B absetzen (mindestens 0,2 mm),wegen Kratzern bei der Lagermontage; h11, Ra = 0,2-0,8 m, drallfrei bearbeitet

    C: Einfahrschrge: 15-25, Kanten gerundet

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    E: Welle: E kleiner als A mglichst so, dass Dichtring bei Montage nicht streift. Sonstwenn E strukturiert (Gewinde, Verzahnung, Nut....) Montagehlse verwenden

    - drei Abdrckbohrungen am Umfang zur Demontage des Dichtrings anbringen

    - Sekundrabdichtung nicht vergessen

    Bild 3.10: Konstruktive Randbedingungen

    Die Gegenlaufflche

    Der zweite wichtige Partner im Dichtsystem Radial-Wellendichtung ist neben dem Dichtring dieWellenoberflche (Gegenlaufflche) im Berhrbereich, A in Bild 3.10. Sie darf weder zu glatt (ge-fhrdet Schmierung und Dichtfunktion) noch zu rau (erzeugt groen Verschlei) sein.

    Optimaler Bereich: Ra = 0,2-0,8 m, Rz = 1-4 m und Rmax = 6,3 m.

    Auerdem soll die Hrte > 45 HRC, bei verschmutzten Fluiden > 60 HRC sein. Darber hinausund das ist besonders wichtig muss die Oberflche drallfrei sein. Drallfrei bedeutet, dass sichauf der Oberflche keine mikroskopisch kleinen Strukturen befinden drfen, die einen achsparalle-len Fluidstrom unter der Dichtkante erzeugen. Diese Bedingung ist schwierig einzuhalten undmesstechnisch praktisch nicht zu verifizieren, aber eine der Hauptausfallursachen (Frhausflle)von RWDR. Geeignete Bearbeitungsverfahren sind:

    Schleifen im Einstich (gngig)

    Hartdrehen (im Kommen)

    Glattwalzen und Kugelstrahlen (eher selten).

    3.1.3 Gleitringdichtungen

    Gleitringdichtungen GLRD, Bild 3.11, konnten sich im Laufe der Zeit vor allem wegen ihrer ver-gleichsweise geringen Leckage und Reibung als druckbelastbare Wellendichtungen fr Flssig-keiten durchsetzen. Sie bestehen im Wesentlichen aus einem Gleit- und einem Gegenring, dieaxial durch eine Feder aneinander gepresst werden und zwischen denen sich durch hydrostatischeund hydrodynamische Effekte ein Dichtspalt mit einer Hhe unter 1 m bildet. Der Verschlei derGleitflchen wird durch Nachrcken automatisch ausgeglichen. GLRD sind somit wartungsfrei. AlsGleitwerkstoffe kommen in modernen Gleitringdichtungen Siliziumcarbid SiC gegen antimonim-prgnierte Kunstkohle C(Sb) zum Einsatz. Gnstig ist, wenn der hhere Druck auen ist. Schmale

    Gleitflchen (2-3 mm) sind anzustreben.

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    Bild 3.11: Gleitringdichtungen mit Bezeichnun-gen

    Bild 3.12: Gleitringdichtungsvarianten mit rotie-rendem Gleitring

    GLRD werden in allen Bereichen der Technik angewendet. In groen Stckzahlen in den Khl-wasserpumpen der Automobile und in Haushaltsgerten. Die meisten Prozesspumpen der chemi-schen der petrochemischen und der Papier-Industrie sind mit GLRD ausgerstet. Im Maschinen-bau werden sie in Werkzeugmaschinen, Kompressoren, Mischern und Rhrwerken verwendet. Frhchste Dichtheits- und Sicherheitsanforderungen in Prozess- und Kernkraftwerks-Pumpen wur-den komplexe Gleitring-Dichtsysteme entwickelt, die in manchen Fllen teurer als die Pumpe sind.

    Mit speziell ausgelegten Gleitringdichtungen sind Drcke bis zu etlichen zehn MPa oder Gleitge-schwindigkeiten bis zu mehreren 100 m/s beherrschbar allerdings nicht gleichzeitig. Es werdenpv-Werte (Produkt aus abzudichtendem Druck und Gleitgeschwindigkeit) bis zu mehreren 100MPam/s erreicht. Bild 3.12 zeigt Ausfhrungsformen von Standard-GLRD und konstruktive De-tails.

    Man unterscheidet GLRD mit rotierendem Gleitring und solche mit rotierendem Gegenring. Auer-dem wird zwischen unentlasteten und entlasteten GLRD unterschieden. Bei entlasteten GLRD istdas Flchenverhltnis k = A1 / A kleiner als 1 bei unentlasteten grer oder gleich 1.A = Dichtflche (Gleitflche) / A1 = nicht druckausgeglichene Flche, siehe Bild 3.12A.Nur mit entlasteten GLRD, bei denen mit steigendem Druck die Anpressung der Gleitflchen nichtzu schnell ansteigt, sind hhere pv-Werte erreichbar.

    Variante A ist eine einfache unentlastete GLRD fr Pumpenwellen. Reibmomentbertragung undAnpressung werden durch eine kegelige Schraubenfeder, die sich selbsthemmend auf der Wellefestzieht, realisiert. Diese einfache Anordnung ist deshalb nur fr stets gleich bleibende Drehrich-tung geeignet.

    Variante B, ebenfalls unentlastet, hat eine drehrichtungsunabhngige Reibmomentbertragung

    durch bergreifende Klauen, die in Lngsschlitze auf der Auenseite des keramischen Gleitringseingreifen. Dieser wird Platz sparend durch eine Doppel-Wellfeder angepresst.

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    Variante C ist eine entlastete GLRD. Die zur Entlastung ntige Stufe wird durch eine wellenfesteHlse realisiert. Die Dichtringe werden durch mehrere am Umfang verteilte kleine Schraubenfe-dern (Gruppenfeder) angepresst. Die besonders gestaltete O-Ring-Nut zwischen Gleitring undWellenhlse macht diese Variante fr wechselnde Druckbeaufschlagung (innen/auen) geeignet.

    Bei den Varianten D und E erfolgt die Anpressung, die Reibkraftbertragung und die Nebenabdich-tung durch einen Balg. D ist eine Einfachstdichtung mit Gummibalg und zustzlicher Feder.

    Die Varianten F und G in Bild 3.13 stellen zwei besonders kurz bauende GLRD dar. Hier ist derGleitring stationr und der Gegenring rotiert. Eine solche Anordnung hat Vorteile bei hoher Um-fangsgeschwindigkeit.

    Bild 3.14 zeigt eine vom Hersteller einbaufertig vormontierte Cartridgeeinheit. Damit werden Mon-tagefehler vermieden. Durch die Zirkulation wird aktiv frisches, sauberes und khles abzudic h-tendes Fluid in den Bereich der hoch belasteten Gleitflchen im abzudichtenden Raum einge-speist. Mit Quench (to quench = lschen) wird alles bezeichnet, was hinter der Primrdichtungund vor einer Sekundrdichtung (Quenchdichtung) zu- oder abgefhrt wird. Quench kann zumkhlen, splen, schmieren, abfhren usw. dienen.

    Zur leckagearmen und trockenen Abdichtung von Gasen werden gasgeschmierte GLRD einge-

    setzt. Durch aerodynamische wirksame Strukturen in den Gleitdichtflchen wird fr eine stabileTrennung der beiden Gleitdichtflchen gesorgt.

    Bild 3.13: Kleinbauende GLRD mitstationrem Gleitring

    Bild 3.14: Cartridge-Gleitringdichtung mit Zir-kulation zur Khlung und Quenchzur Leckageaussplung

    Berechnung von Gleitringdichtungen

    Whrend die zu erwartende Leckage aufgrund der vielfltigen Einflsse nur schwer zu berechnenist, lsst sich die Reibleistung P zwischen den Gleitflchen von Standard GLRD und damit dasMoment mittels der Beziehung

    P f p v A (3.3)

    und

    fpkp

    (3.4)

    sowie dem Diagramm in Bild 3.15 abschtzen.

    f = Reibungszahl A = Gleitflche= Belastungsfaktor pf = Federpressung (Federkraft/Flche A)

    p = Druckdifferenz k = Flchenverhltnisv = Gleitgeschwindigkeit

    , pf, A und k sind Kenngren der Gleitringdichtung.

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    Die Beziehungen (3.3) und (3.4) machen klar, dass schmale Gleitflchen (kleines A) und entlasteteGleitringdichtungen (Flchenverhltnis k < 1) zu hheren Leistungsgrenzen (pv-Wert) fhren.Deshalb kommen fr Drcke ber 1,5 MPa praktisch nur entlastete GLRD zum Einsatz.

    Bild 3.15: Bereich der Reibungszahlen von Standard-Gleitringdichtungen

    3.1.4 Stopfbuchsdichtung

    Die Stopfbuchsdichtung ist die klassische Wellen- und Stangendichtung schon des frhen Maschi-nenbaus. Sie ist sehr einfach aufgebaut. In einem Gehuseringraum wird Packungsmaterial einge-legt und ber die Stopfbuchsbrille axial gepresst. Durch Querdehnung legt sich dasPackungsmaterial an die Ringraumwand und die Welle/Stange an. Die Stopfbuchsdichtung ist fer-tig, Bild 3.16. Das verfgbare Packungsmaterial ist uerst vielfltig und deckt praktisch alle Ein-satzbedingungen ab.

    Durch einen Laternenring, Bild 3.17, kann Leckage abgefhrt oder Schmier-, Sperr- und Khlfls-sigkeit zugefhrt werden. Stopfbuchsdichtungen mssen, sofern sie nicht federvorgespannt sind,von Zeit zu Zeit nachgestellt werden. Dynamisch dichtende Stopfbuchsdichtungen mssen, umnicht zu verbrennen, auf tropfende Leckage eingestellt sein. Diese ist bei gleichen Bedingungenviel hher als die einer GLRD. Kurze Stopfbuchsen sind hier wesentlich gnstiger als lange.

    Bild 3.16: Elemente einer Stopfbuchspackung Bild 3.17: Stopfbuchsdichtungen

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    Stopfbuchsdichtungen werden heute noch eingesetzt bei Abdichtaufgaben mit hoher Temperaturund hohem Druck, bei kleiner Gleitgeschwindigkeit und chemisch hochaggressiven Fluiden sowiewenn spontanes Versagen auf einfache Weise vermieden werden muss. Richtig eingestellteStopfbuchsen fallen kontrolliert aus.

    Als Rotationsabdichtung von schnell drehenden Wellen wurde die Stopfbuchsdichtung von derGleitringdichtung verdrngt. Als Spindelabdichtung an Armaturen und als Translationsabdichtung

    von Hochdruck-Plungerpumpen ist sie heute noch Standard.

    3.2 Translatorische Abdichtungen

    Die Abdichtung translatorisch bewegter Bauteile ist eine hufige Aufgabe in der Pneumatik- undHydrauliktechnik, aber auch das Abdichten von Fhrungen, beispielsweise an Werkzeugmaschi-nen, zhlen hierzu.

    Bild 3.18 zeigt bereits die wesentlichen Elemente zur Abdichtung des Kolbens und der Stange,sowie zu deren Sauberhaltung und Fhrung anhand eines Hydraulikzylinders. Eingetragen ist hierauch noch, ob es sich systemtechnisch betrachtet um einteilige Maschinen- oder mehrteiligeKonstruktionselemente oder aber um Technische Teilsysteme TTS handelt. Entscheidend fr de-

    ren Reibung, Verschlei und damit Lebensdauer ist, dass sich bei Bewegung ein schmierenderFlssigkeitsfilm zwischen Dichtelement und Stange oder Zylinderwand bildet. Ist der Verlauf derFlchenpressung unter der Dichtung in axialer Richtung bekannt, so kann mittels der Reynolds-Gleichung fr die eindimensionale Schlepp-Druck-Strmung der Spalthhenverlauf und damit letzt-lich die durchgeschleppte Schmierfilmdicke h bestimmt werden, Bild 3.19.

    Bild 3.18: Ein Hydraulikzylinder als technisches System Dichtungen und Fhrungen(TTS Technisches Teilsystem [Baugruppe, Funktionseinheit],KE Konstruktionselement, ME - Maschinenelement)

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    Bild 3.19: Spaltbildung und Schmierfilmdicke bei Hydraulikdichtungen

    Die Dicke des Schmierfilms ist von der Viskositt , der Gleitgeschwindigkeit u und von der Pres-sungsverteilung in der Dichtflche in Bewegungsrichtung abhngig. Flacher Pressungsanstiegwmax bedeutet dicker Schmierfilm h, steiler Pressungsanstieg bedeutet dnner Schmierfilm. DiePressungsverteilung ist abhngig von der geometrischen Form der Dichtelemente und von derenVerformung infolge der wirkenden Krfte, Bild 3.20. Verschlei beeinflusst die geometrische Formwesentlich.

    Hinweis: Die Schmierfilmdicke und damit eventuelle Leckage ist nicht primr vom abzudichtendenDruck abhngig. Der Druck beeinflusst die Schmierfilmdicke nur sekundr durch Verformung derDichtelemente.

    3.2.1 Stangendichtung

    Ist der Schmierfilm ha, den die Dichtung beim Ausfahren einer Stange aus dem Druckraum aufderen Oberflche zurcklsst, dnner als der potentiell mgliche Schmierfilm he beim Einfahren,so ist die Dichtung dicht. Stangendichtungen werden deshalb mit asymmetrischer Pressungsvertei-lung ausgelegt, steil auf der Flssigkeitsseite und flach auf der Luftseite, Bild 3.20 B, C, D.

    In der modernen Dichtungstechnik werden noch drei prinzipiell unterschiedliche Bauformen vonStangendichtungen verwendet, Bild 3.21; Nutringe A, Kompaktringe B und vor allem Dichtkanten-ringe CK. Element D ist eine Variante von B mit einem O-Ring als Spannring, E und F sind Varian-ten von A mit verstrktem Rcken zur Vermeidung von Spaltextrusion. Die Elemente A-F bestehenaus Elastomeren (NBR, PU) unterschiedlicher Hrte. Die Nutringvarianten G-I bestehen ausPTFE-Compounds mit einer Spannfeder aus Edelstahl.

    Der heute fr hochwertige Abdichtungen meist eingesetzte Dichtkantenring CK besteht vorzugs-weise ebenfalls aus PTFE-Compound und hat einen Elastomer-Spannring C. Es gibt auch Dicht-kantenringe aus hornartigem Polyurethan PU. Sie sind preisgnstiger, unempfindlicher, verschlei-en weniger und lassen sich, weil sie elastisch sind, einfacher in geschlossene Nuten montieren.

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    Dafr haben sie eine wesentlich hhere Reibung und neigen zum Ruckgleiten (Stick-Slip). Dicht-kantenringe widerstehen Drcken bis ca. 20 MPa. Sind hhere Drcke abzudichten, werden Mehr-fachanordnungen (Tandem) eingesetzt, Bild 3.18. Der Druck wird dann kaskadenfrmig abgebaut.

    Bild 3.22 vermittelt einen Eindruck ber die Profilvielfalt von Hydraulikstangendichtungen, die aufden Grundformen A, B, CK und D in Bild 3.21 beruhen.

    Bild 3.20: Pressungsverteilung abhngig vonGeometrie und einwirkenden Krften

    Bild 3.21: Stangendichtung zur Abdichtungvon Fluiden

    Bild 3.22: Profilvielfalt von Stangendichtungen eines Herstellers

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    3.2.2 Kolbendichtungen

    Nur einseitig druckbeaufschlagte Kolben werden wie Stangen abgedichtet. Kolbendichtungen frbeidseitig druckbeaufschlagte Kolben werden mit symmetrischer Pressungsverteilung und flachemPressungsgradient ausgelegt. Dies bewirkt einen dicken Schmierfilm und damit geringe Reibung.Eventuelle Leckage spielt keine Rolle, sie bleibt im System. Neben einer Vielzahl mehr oder min-der gnstiger Dichtsysteme werden in der modernen Dichtungstechnik nur noch zwei prinzipiell

    verschiedene Dichtsysteme verwendet, Bild 3.23; Kompaktdichtungen hnlich Variante A, undSysteme mit PTFE-Rechteckring B.

    Bild 3.23: Moderne Kolbendichtungen

    Kompaktdichtungen beinhalten maximal Fhrungs-, Sttz- und Dichtelemente. Fr einfachere An-wendungen kann auf den Sttzring verzichtet werden. Der Elastomerdichtring gewhrleistet einehohe Dichtqualitt.

    PTFE-Rechteckringe mit Elastomer-Spann- und Nebenabdichtring sind einfache, kleine, preiswer-te, reibungs- und verschleiarme Kolbendichtungen. Wird gute statische Dichtheit verlangt (Halte-

    funktion) werden Elastomer-Formdichtungen, z.B. ein X-Ring (Variante C in Bild 3.23) in denPTFE-Compound-Rechteckring eingelegt. Ein vielfach verwendetes PTFE-Compound in der Mine-rall-Hydraulik ist mit ca. 35% Bronzepulver geflltes PTFE.

    3.2.3 Abstreifer

    Abstreifer, Bild 3.24, haben eine schwierige Aufgabe. Sie sollen Schmutz, Eis, Wasser usw. ab-streifen, den lfilm aber durchlassen. Dazu darf der Pressungsanstieg nicht zu steil sein. ExpliziteGren dafr sind nicht bekannt. Es gibt Elastomerabstreifer mit einer Lippe A und doppellippigeB. Die nach innen gekehrte Lippe streift den von der Primrdichtung durchgelassenen lfilm zu-stzlich ab. Variante C, ein Abstreifer aus PTFE-Compound, hat sogar zwei labstreifkanten.

    Bild 3.24: Abstreifer

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    3.2.4 Fhrungen und Schleppdruck

    Kolben und Stangen mssen durch separate Elemente gefhrt werden, damit die Dichtelementeihre Aufgabe abdichten erfllen knnen. Sie werden bezglich Festigkeit ausgelegt wie Gleitlager(mittlere Flchenpressung, Gl. 18.38). Besondere Beachtung ist der Vermeidung von Schlepp-druck zu widmen. Im Raum zwischen Fhrung und Dichtung baut sich durch die Bewegung einhydrodynamischer Druck ps auf, der ein Vielfaches des Systemdrucks p1 betragen kann. Ursache

    ist die hydrodynamische Schleppstrmung, Bild 3.25. Die Druckerhhung berechnet sich zu

    s 1 2

    6 u lp p p

    h (3.5)

    Um dies zu vermeiden, mssen bei metallischen Fhrungen Rcklaufkanle fr Druckausgleichsorgen. Vorzugsweise werden die Rcklaufkanle als Spiralnut mit einem drei mal greren Quer-schnitt als die Spaltringflche ausgefhrt, Bild 3.25. Axiale Druckausgleichsbohrungen sollten ver-mieden werden. Beim Einsatz von Fhrungsbndern aus Kunststoff sind Rcklaufkanle in Formder Stospalte bereits vorhanden, Bild 3.18. Sie mssen gengend gro gestaltet werden.

    Bild 3.25: Schleppdruck

    3.2.5 Oberflchen

    Die Gleitflchen in hydraulischen Systemen sind meist hartverchromt und gehont. Die Rauheitkann Tabelle 3.1 entnommen werden.

    Tabelle 3.1: Oberflchenrauheit in m von Gegenlaufflchen in der Hydraulik

    KennwertGegenlaufflche

    Nutober-flchePTFE-

    CompoundsPolyurethanElastomere

    Rmax 0,63 2,50 1,00 4,00 < 16,0

    Rz DIN 0,40 1,60 0,63 2,50 < 10,0

    Ra 0,05 0,20 0,10 0,40 < 1,6

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    Wichtig: Der Materialanteil Mr sollte ca. 50 bis 70 % betragen, gemessen in einer Schnitttiefe

    Zc 0, 25 R , ausgehend von einer Bezugslinie von Cref5 %.

    3.2.6 Pneumatikdichtungen

    Abstreifer und Fhrungen in der Pneumatiktechnik haben die gleichen Aufgaben wie die in Hyd-

    raulikzylindern. Kolben- und vor allem Stangendichtungen haben eine besondere Aufgabe. Nebender Abdichtung von Luft mssen sie den meist nur initial aufgebrachten Schmierfilm mglichst lan-ge erhalten. Deshalb sind die Dichtflchen mit f lachen symmetrischen Pressungsverteilungen kon-struiert, damit die Dichtung ber den Schmierfilm hinweggleitet, ihn aber nicht abstreift. Zudemmuss die Reibung gering gehalten werden. Dazu werden die Dichtungen nur wenig angepresstund spezielle Werkstoffe und Oberflchenbeschichtungen, z.B. Fliee, eingesetzt. Ist beispiels-weise die Haftreibung zu gro fahren Pneumatikzylinder erst gar nicht los (so genannte Montags-krankheit). Durch das kompressible Druckfluid Luft kommt es zu ungleichfrmiger Bewegung undes steigt die Gefahr des Stick-Slip extrem an.

    Bild 3.26: Elastomer-Pneumatikdichtungen

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    4 Berhrungsfreie Dichtungen

    Definition: Eine Dichtung wird dann als Berhrungsfreie Dichtung bezeichnet, wenn die beidendichtspaltbildenden Teile mit und ohne Bewegung und ohne Hilfsenergie dauerhaft durch einenendlichen Spalt voneinander getrennt sind.

    Dies unterscheidet die Berhrungsfreien Dichtungen von den Berhrungsdichtungen, die entwe-

    der durch hydrodynamische Spaltbildung bei hherer Gleitgeschwindigkeit oder durch hydrostati-schen Druck ebenfalls berhrungsfrei laufen z.B. Gleitringdichtungen oder Radialwellendichtrin-ge oder bei denen durch Fliehkraftwirkung die Berhrung der Gleitdichtflchen bei hhererUmfangsgeschwindigkeit aufgehoben wird (Beispiel: V-Ring Bild 3.3).

    4.1 Eigenschaften und Einteilung

    Bei berhrungsfreien Dichtungen gibt es keine Berhrung und keine Reibung zwischen festenKrpern.

    Vorteile:

    keine Reibung oder nur Flssigkeitsreibung bei relativ groer Spalthhe

    keine Schmierung notwendig, dadurch keine Einschrnkung bezglich Schmierstoff und zu-lssiger Schmierstofftemperatur, keine Schmierungskosten, keine Verunreinigung des Be-triebsmittels und keine Wartung

    kein Heilaufen

    kein Verschlei

    keine Vernderung der Dichtwirkung

    kein Nachstellen notwendig

    kein Wrmeaustausch durch Wrmeleitung zwischen den Teilen

    keine Temperaturbeschrnkung

    keine Beschrnkung der Relativgeschwindigkeit

    keine Werkstoffeinschrnkung

    Nachteile:

    meist nicht vollstndig dicht

    selten als handelsbliches Element erhltlich

    In Bild 4.1 sind berhrungsfreie Dichtungen systematisch eingeteilt. Sonderstellungen nehmen dieFanglabyrinthdichtung die zu den Schutzdichtungen gezhlt wird, aber eigentlich sind Schutz-dichtungen Untermengen der Fanglabyrinthdichtung und die Sperrluftdichtung die ebenfalls zuden Schutzdichtungen gezhlt wird, obwohl sie systematisch zu den Sperrdichtungen gehrt ein.

    Bild 4.1: SystematischeEinteilung berh-rungsfreier Dich-

    tungen

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    4.2 Berhrungsfreie Schutzdichtungen

    Berhrungsfreie Schutzdichtungen haben dieselben Aufgaben wie die in Kap. 3.1.1 beschriebenenberhrenden Schutzdichtungen. Es sind definitionsgem Wellendichtungen und sollen Lagerstel-len vor Umwelteinflssen (Schmutz, Spritzwasser) schtzen sowie den Schmierstoff (Fett, l) imLager halten.

    Bild 4.2 zeigt die vier klassischen Arten von Schutzdichtungen A-C. A und B eignen sich zur Rck-haltung von Fett und fettgefllt zum Schutz des Lagers gegen Staub und leichten Schmutzanfall, Dausschlielich zur Fettrckhaltung und abweisen von grobem Schmutz. Mit Fliehkraftdichtungen Cist es auch mglich, wenig mit geringer Energie anspritzende Flssigkeit abzudichten. Richtig ge-staltete und vorteilhaft kombinierte Fliehkraftdichtungen hneln Fanglabyrinthdichtungen mit denenauch Lagerstellen mit sehr starker Flssigkeitsbespritzung abdichtbar sind.

    Bild 4.2: Prinzipielle Darstellung der Schutz-dichtungen

    Bild 4.3: Einige handelsbliche berhrungs-freie Wellendichtelemente

    Die in Bild 4.3 dargestellten handelsblichen Schutzdichtungen eignen sich wie Fliehkraftdichtun-gen je nach Ausprgung fr mehr oder weniger mige Flssigkeitsbespritzung. Dichtungen mitinternem Flssigkeitsrcklauf wie beispielsweise das Element D funktionieren generell viel besserals solche ohne.

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    4.2.1 Fanglabyrinth-Dichtung

    Bild 4.4: Gestaltung einer Fanglabyrinth-Dichtung. Realisierung der Gesamtfunktion ansprit-zende Flssigkeit berhrungsfrei abdichten durch Integrieren von acht Wirkprinzipien(Grundfunktionen)

    Sind flssigkeitsbespritzte oder schwallartig berflutete Dichtstellen sowohl statisch als auch dy-namisch bis zu hchster Umfangsgeschwindigkeit optimal berhrungsfrei abzudichten, so sind imwesentlichen acht Wirkprinzipien (Grundfunktionen) Abweisen, Abspritzen, Abschirmen, Umlen-ken, Drosseln, Rckfrdern, Auffangen, Abfhren in das Dichtsystem zu integrieren, Bild 4.4.Eine problemgerecht gestaltete Fanglabyrinth-Dichtung ist technisch dicht, solange sie nicht an-dauernd berflutet ist. Technische Dichtheit bedeutet hier, dass am Ausgangsspalt der Dichtungkeine Flssigkeit abtropft oder gar ausstrmt. Bild 4.4 zeigt als Praxisausfhrung die Abdichtungeiner fettgeschmierten Werkzeugmaschinenspindel gegen eindringenden Khlschmierstoff. ZurFettrckhaltung gengt eine gnstig gestaltete Stauscheibe. Fanglabyrinth-Dichtungen sind selbstzu konstruieren und in das Gesamtsystem zu integrieren.

    4.2.2 Sperrluftdichtung

    Bei Sperrluftdichtungen ist Luft unter Druck das Dichtmittel. Zwischen zwei enge Spalte L 1 und L2wird ber eine Ringnut Luft oder ein anderes Gas unter Druck eingeleitet, Bild 4.5. An der Einlei-tungsstelle baut sich ein Druck p0 auf und die Luft strmt durch die Spalte ab. Dabei sinkt der stati-

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    sche Druck der Luft im Spalt auf den Umgebungsdruck am Spaltende. Wird nun ein Spaltende mitFlssigkeit beaufschlagt und damit fr die durchstrmende Luft zumindest teilweise verschlossen,so dringt die Flssigkeit nur so weit in den Spalt vor, bis der jeweilige rtliche Luftdruck im Spaltgleich dem dortigen Flssigkeitsdruck ist.

    Bild 4.5: Sperrluftdichtung Prinzip

    Sperrluftdichtungen eignen sich auch ausgezeichnet um Stube zurckzuhalten. Der durch einenParallelspalt flieende Sperrluftstrom kann nach Gleichung (4.4) berechnet werden. Geringen not-

    wendigen Sperrluftdruck und damit auch verbrauch erreicht man durch niedrigen Flssigkeits-druck pF, geringe Staub- oder Flssigkeitsgeschwindigkeit v und niedrige Spalthhen h, da diesemit h3 den Durchfluss beeinflussen. Bild 4.6 zeigt einen dafr gnstig gestalteten Eingangsbereich.Dieser verhindert zuverlssig, dass schnelle Flssigkeitsstrahlen oder Staubteilchen die Sperrluft-dichtung direkt treffen knnen. Die Spalthhe h in Sperrluftdichtungen sollte im Bereich0,03...0,06...0,1 mm liegen, der Druck p0 im Bereich 20...50 hPa.

    Bild 4.6: Sperrluftdichtsystem

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    4.3 Drossel- und Sperrdichtungen

    Fluide, also Flssigkeiten und Gase, die die Dichtstelle berfluten und unter berdruck stehen,knnen durch spezielle berhrungsfreie Dichtungen, nmlich den Drossel- und Sperrdichtungen,abgedichtet werden. Bei Drosseldichtungen wird in Strmungsrichtung (Spaltlngsrichtung) vor-handene gerichtete kinetische Energie mittels viskoser Reibung und/oder Verwirbelung in Wrme-energie umgewandelt. Bei den Sperrdichtungen hingegen wird gegen den abzudichtenden Druck

    ein Gegendruck aufgebaut.

    4.3.1 Drosseldichtungen

    Drosseldichtungen weisen vergleichsweise groe Leckstrme auf. Dies ist z.B. bei industriellenGas-, Dampf- oder Wasserkraftmaschinen unproblematisch, solange nicht der Wirkungsgrad er-heblich beeinflusst wird. Bild 4.7 zeigt die wesentlichsten Ausfhrungsformen und deren vorzugs-weise Eignung fr bestimmte Einsatzparameter.

    Spaltdichtungen Bild 4.7 1 bis 6 sind berhrungsfreie Dichtungen mit glattem Durchgangsspalt.Vorzugsweise werden Spaltdichtungen zur Abdichtung inkompressibler Fluide, also von Flssigkei-ten, bei laminarer Spaltstrmung verwendet. Bei gegebener Lnge des Strmungskanals (Spalt-

    lnge) hat der enge, laminar durchstrmte Spalt den grten Strmungswiderstand und damit beigegebener Druckdifferenz den geringsten Leckstrom.

    Labyrinthdichtungen Bild 4.7 9, 12 und Labyrinthspaltdichtungen 7, 8, 10, 11, 13 werdenvorzugsweise angewendet, um Gasstrme bei turbulenter Strmung zu drosseln. In den engenDrosselstellen wird das Fluid polytrop beschleunigt. Dadurch fllt der Druck ab. Anschlieend wirdin der weiten Kammer die gerichtete Strmungsenergie durch Verwirbelung bei konstantem Druckin ungerichtete Bewegung also Wrme umgewandelt. Je mehr Drosselstellen umso besser dieDichtwirkung. Der Massenstrom m wird immer geringer, da der Druckabfall p an jeder Drossel-stelle immer geringer wird. Konvergente Spalte (2, 3, 15 in Bild 4.7) oder Druckeinspeisung (6)fhrt bei beweglichen Dichtringen zu einer Selbsteinstellung der Spalte. Bei hohen Drcken wirdder Druckabbau auf mehrere kurze schwimmende Drosseln (3) aufgeteilt.

    Berechnung:

    Bei der Berechnung des Leckagestroms einer Drosseldichtung ist zwischen laminarer und turbu-lenter Strmung sowie zwischen kompressiblem und inkompressiblem Fluid zu unterscheiden. Sovielfltig die Formen der Spalte, Labyrinthe, Labyrinthspalte und die Betriebsbedingungen sind, sovielfltig sind die in der Literatur beschriebenen speziellen Berechnungsgnge.

    Es werden folgende allgemeine Berechnungsanstze verwendet:

    Fr inkompressibles Fluid: m A 2 p (4.1)

    Fr kompressibles Fluid: 11pAm (4.2)

    Dabei ist, Bild 4.8, m der Durchfluss bzw. Massenstrom durch die Drosseldichtung, p = p1-p2 dieDruckdifferenz, die Dichte der Flssigkeit, p1 der Absolutdruck und 1 die Dichte des Gases imabzudichtenden Raum, p2 der Absolutdruck nach der Drosseldichtung, A der freieDurchstrmquerschnitt und die meist empirisch zu ermittelnde Labyrinthkennzahl.

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    Bild 4.7: Schematische Darstellung berhrungsfreier Drosseldichtungen

    Bild 4.8: Bezeichnungen am Drosselspalt

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    In der Labyrinthkennzahl , auch Ausflusszahl genannt, sind alle den Massenstrom beeinflussen-den Gren zusammengefasst. Das sind z.B. das Druckverhltnis p1/p2, die Rohrreibungszahl ,die Spaltlnge L, die Spaltweite h, der Polytropen- oder Isentropenexponent , die Kammerzahl z,Formparameter bei der Labyrinth- und Labyrinthspaltdichtung, die Betriebsbewegungen (Rotati-on/Translation) und andere mehr. Fr einfache Flle lsst sich errechnen. Meist ist man jedochauf empirisch gewonnene Werte angewiesen.

    Bei engen, glatten, zentrischen Parallelspalten und laminarer Strmung kann der Durchfluss mit-tels der physikalisch begrndeten Formeln nach Reynolds Reynoldsgleichungen relativ genauabgeschtzt werden, Bild 4.8.

    Fr inkompressibles Fluid: 3hL12

    pDV (4.3)

    Fr kompressibles Fluid:2

    213

    p2

    pph

    L12

    pDV (4.4)

    Beispiel:

    Fr einen luftabdichtenden Spalt mit D = 100 mm, L = 10 mm, h = 0,1 mm, p1 = 0,11 MPa,p2 = 0,1 MPa und Luft = 18,310

    -6 Pas betrgt nach Gleichung (4.4) der Durchfluss l/min90,1V .

    Wre der Spalt nur halb so hoch (h = 0,05 mm) betrge der Durchfluss 1/8 also l/min11,27V

    und wre bei h = 0,1 mm Wasser ( = 110-3 Pas) anstatt Luft abzudichten betrge der Durchfluss

    nach Gleichung (4.3) l/min1,57V und bei h = 0,05 mm gerade noch l/min0,20V .

    4.3.2 Sperrdichtungen

    Charakteristisch fr diese Gruppe, Bild 4.9, ist ein Sperrfluid. Das Sperrfluid kann das abzudich-

    tende Fluid selbst oder ein Fremdfluid sein. Meist ist das Sperrfluid eine Flssigkeit, seltener einGas. Da Sperrdichtungen in ihrem Auslegungsbereich meist vollkommen abdichten (abgesehenvon Diffusionsverlusten), eignen sie sich besonders gut fr den Einsatz in Maschinen, die mit gifti-gen Betriebsmitteln oder mit Vakuum arbeiten.

    In flssigkeitsgesperrten Drosseldichtungen, Bild 4.9 1 bis 3, wird die Sperrflssigkeit aktiv vonauen in den Dichtspalt gedrckt und verwehrt somit dem abzudichtenden Fluid den Durchtritt. Esgibt auch gasgesperrte Drosseldichtungen. Sie funktionieren genauso. Prinzipiell gehrt die vorherausfhrlich beschriebene Sperrluftdichtung auch zu den gasgesperrten Drosseldichtungen.

    Bei Zentrifugal-Wellendichtungen wird der Sperrdruck durch die Fliehkraft in der Dichtung selbsterzeugt. Die Flssigkeit wird durch Reibung mitgenommen. Im rotierenden Flssigkeitsring ent-steht durch Fliehkraft eine Druckbarriere gegen den Druck des abzudichtenden Fluids. Die Sperr-

    flssigkeit kann das abzudichtende Fluid selbst sein, Bild 4.9 6. Zur Abdichtung von Gasen, Bild4.9 4 und 5, wird eine separate Sperrflssigkeit eingefllt. Ausgefhrte Spalthhen liegen zwi-schen einigen zehntel Millimetern und einigen Millimetern.

    In derGewindewellendichtung wird der Sperrdruck an der Dichtstelle durch den axialen Frder-effekt eines Gewindes, also durch Rckfrdern, erzeugt. Das Gewinde kann sich auf der Welleoder im Gehuse befinden. Auch eine beidseitige Anordnung gegenlufiger Gewinde ist mglich,Bild 4.9 7 bis 9. Je zher das Fluid und je enger der Spalt, umso besser die Dichtwirkung. Gns-tige Spalthhen betragen h = 0,02...0,05...0,15 mm. Die Gewindetiefe betrgt dabei 0,05...0,15mm. Um gnstig zu wirken muss die Tiefe von Frderstrukturen in Spalten in der Grenordnungder Spalthhe liegen.

    Sowohl Zentrifugal als auch Gewindewellendichtungen sind erst bei hherer Drehzahl dicht. Sie

    bentigen also eine zustzliche Stillstandsdichtung die gegebenenfalls bei hherer Drehzahl ab-hebt. In der Pumpe in Bild 1 ist dies durch eine abhebende Gleitringdichtung (8) realisiert. Da-nach bernimmt die sich hinter dem Laufrad befindliche Zentrifugal-Wellendichtung (6) die Abdich-tung.

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    Bild 4.9: Schematische Darstellung berhrungsfreier Sperrdichtungen

    5 Literaturverzeichnis

    /1/ Haas, W.: Berhrungsfreies Abdichten im Maschinenbau unter besonderer Bercksichtigungder Fanglabyrinthe, Habilitationsschrift, Stuttgart 1997.

    /2/ Mller, H.K.: Dichtungstechnik, Abdichtung bewegter Maschinenteile, Kurzfassung, Medien-verlag U. Mller, Waiblingen 1995. Vorlesungsmanuskript zur Vorlesung Dichtungstech-

    nik von Prof. Dr.-Ing. habil. Werner Haas./3/ Mller, H.K.: Abdichtung bewegter Maschinenteile, Medienverlag U. Mller, Waiblingen 1995

    - vergriffen.

    /4/ Mller, H.K.; Nau, B.S.: Fluid sealing technology principles and applications, Marcel Dekker,Inc., New York 1998.

    /5/ Schmid, E.: Handbuch der Dichtungstechnik, Expert Verlag Grafenau 1981.

    /6/ Tietze, W.: Handbuch Dichtungspraxis, Vulkan-Verlag Essen 2003.

    /7/ Trutnovsky, K.; Komotori, K.: Berhrungsfreie Dichtungen, VDI-Verlag GmbH Dsseldorf1981.

    http://www.fachwissen-dichtungstechnik.de/http://www.fachwissen-dichtungstechnik.de/