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Westflische Wilhelms-Universitt Sommersemester 2010
Institut fr konomische Bildung Veranstaltungstyp: Spezielle Probleme der Wirtschafts- und Finanzpolitik:
konomische Theorie der Politik und EU-Integration Dozent: Prof. Dr. Thomas Apolte / Frau Nele Franz, M.A.
Die Theorie des Protektionismus Tobias Ehret Politik und Wirtschaft Kettelerstrae 1 48147 Mnster Tel. 0176/62007287 Bachelor of Arts E-Mail: [email protected] 4. Fachsemester Matikelnummer: 357375 Abgabedatum: 2.6.2010
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Gliederung
1. Einleitung .................................................................................................. 3
2. Historische Einordnung .......................................................................... 4 2.1 Vom absolutistischen Protektionismus zum Freihandel des 20. . Jahrhunderts ..................................................................................... 4 2.2 Freihandel in der Auenwirtschaftstheorie .................................... 5
3. Theorie des Protektionismus .................................................................. 6 3.1 Ursachen und Ziele protektionistischer Politik .............................. 7 3.2 Instrumente und Wirkungen des Protektionismus ........................ 10 3.2.1 Tarifre Handelshemmnisse ............................................... 10 3.2.2 Nicht-tarifre Handelshemmnisse ...................................... 14 3.3 Freihandelsargumente gegen Protektionismus ............................. 15
4. Fallbeispiel: Die Agrarpolitik der Europischen Union ........................ 16
5. Fazit ........................................................................................................... 17
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1. Einleitung
Der Protektionismus ist der kleine, schmuddelige Bruder des Freihandels, schreibt Thomas Hanke.
Er ist das verpnte Familienmitglied, an das niemand erinnert werden mchte. Doch wenn es dem
Clan mal schlecht geht, wird er diskret gebeten, die Dinge mit seinen brachialen Mitteln in Ordnung zu
bringen.1
Der schlechte Ruf des Protektionismus ist nicht zuletzt dank der umstrittenen Reaktionen und Ma-
nahmen der Politik auf die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise der letzten Jahre auch heute noch
allgegenwrtig. Schon alleine die Verwendung des Wortes Protektionismus oder gar der Vorwurf, mit
protektionistischen Gesetzesentwrfen zu liebugeln, kann ein berraschendes Ausma an gesell-
schaftlicher Bestrzung und medialer Emprung hervorrufen. Und trotzdem erscheinen vor dem
Hintergrund zahlreicher, durch die Krise angeschlagener Volkswirtschaften, Manahmen zum Schutz
und Erhalt nationaler Industriesektoren und groer Unternehmen bei den Regierungen der westlichen
Industrielnder so beliebt wie lange nicht mehr.
Doch was sind die Grnde fr diese oft widersprchliche Auseinandersetzung mit dem Begriff des
Protektionismus? Wieso erntet er in Zeiten stabilem Wirtschaftswachstums hauptschlich Kritik und
Abneigung, whrend er in wirtschaftlichen Schwchephasen mehr und mehr Befrworter und Sympa-
thisanten auf seine Seite zieht? Gibt es eine Erklrung fr die gegenstzlichen berzeugungen von
Wirtschaftwissenschaftlern und Politikern in Bezug auf die Effektivitt und Durchfhrung protektionisti-
scher Wirtschaftspolitik? Obwohl das Freihandelsprinzip im Laufe des letzten Jahrhunderts
nachweislich immens zur Steigerung der menschlichen Wohlfahrt beitrug, gibt es bis zum heutigen
Tag skeptische Stimmen, die im ungebremsten freien Markt eine langfristige Bedrohung fr die natio-
nale Wohlfahrt sehen. Wieso ist also der Geist des Protektionismus, welcher bei nherer Betrachtung
nach wie vor in vielen Bereichen der nationalen und internationalen Handelspolitik zu finden ist, immer
noch so aktuell?
In dieser Hausarbeit sollen ausgehend von einer ausfhrlichen konomischen Analyse protektionisti-
scher Manahmen und der Abgrenzung des Protektionismus vom Freihandelsprinzip all diese Fragen
bearbeitet und mglichst objektiv beantwortet werden.
Nach einer kurzen geschichtlichen Zusammenfassung der Entstehung und Entwicklung protektionisti-
scher Wirtschaftspolitik, sowie der weitgehenden Abkehr vom Protektionismus Mitte des 20.
Jahrhunderts, sollen die theoretischen Grundlagen des Freihandelsprinzips kurz erlutert werden. Die
dem entgegen gesetzten protektionistischen Theorien und deren Ziele, Ursachen und Wirkungen
sowie die angewandten politischen Instrumente werden im Hauptteil behandelt und beurteilt. Mit Hilfe
eines kurzen Fallbeispiels zur europischen Agrarpolitik soll abschlieend der Praxisbezug des pro-
tektionistischen Konzepts hergestellt und kritisch hinterfragt werden.
1Hanke,Thomas(2009):DerschmuddeligeBruder,erschienenin:BerlinerRepublik,Ausgabe3/2009:DieSchutzIllusion
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Entwicklung (OECD) oder der W
2. Historische Einordnung 2.1 Vom absolutistischen Protektionismus zum Freihandel des 20. Jahrhunderts
In Europa traten die ersten bedeutenden protektionistischen Tendenzen in der Handelspolitik der
absolutistischen Staaten im 16. Jahrhundert auf. Die weit verbreitete Lehre des Merkantilismus zielte
auf eine Sanierung der hochverschuldeten Staatshaushalte mit Hilfe einer aktiven Handelsbilanz ab.
Durch vielseitige staatliche Eingriffe in die Binnenwirtschaft, wie die Abschaffung innerer Handels-
hemmnisse und die Privilegierung und Monopolsicherung, sowie die Frderung und Kontrolle des
Auenhandels durch Schutzzlle und Export- und Importregulierungen, sollten Auenhandelsber-
schsse generiert werden. Der Schutz der heimischen Wirtschaft galt als wesentliche Vorraussetzung
fr die Erzielung von Gewinnen auf dem internationalen Absatzmarkt und einer Steigerung der natio-
nalen Wohlfahrt, was zwangslufig einen verbesserten Staatshaushalt durch erhhte Steuer- und
Zolleinnahmen zur Folge haben musste.2
Eine erste Phase der Liberalisierung markierte der 1860 abgeschlossene Cobden-Chevalier-Vertrag
zwischen Grobritannien und Frankreich, in dem unter anderem der bilaterale Abbau von Zllen und
das Meistbegnstigtenprinzip vereinbart wurden. Dieses Abkommen diente vielen anderen europi-
schen Staaten in der Folge als Vorbild. Weitere bilaterale Handelsvertrge trugen bis zu Beginn der
20. Jahrhunderts zu einem europaweiten Abbau von Handelshemmnissen bei, welcher jedoch auf
Grund der sich zuspitzenden politischen Situation vor Beginn des ersten Weltkrieges unterbrochen
wurde.3
Die nach den Krieg in allen westlichen Industrienationen prosperierende Wirtschaft fand ein jhes
Ende in der Weltwirtschaftskrise 1929, welche einmal mehr handelspolitische Schutzmanahmen in
Form von erhhten Einfuhrzllen und -kontingenten nach sich zog. Letztendlich verstrkten diese
Schutzzlle und Autarkiebestrebungen der Industrienationen die Krise jedoch nur zustzlich und
trugen durch ihren massiv hemmenden Einfluss auf den Welthandel zu flchendeckender Arbeitslo-
sigkeit, Deflation und einer lang anhaltenden Rezession bei.4
Erst nach Beendigung des zweiten Weltkrieges lieen die politische Lage und wirtschaftswissen-
schaftlichen Erkenntnisse ernsthafte Liberalisierungsbestrebungen auf internationaler Ebene wieder
zu. Die Einsicht der Notwendigkeit multilateraler Wirtschaftszusammenarbeit, um den Wohlstand aller
Beteiligten zu mehren, veranlasste viele Staaten zu einem generellen und flchendeckenden Abbau
von Handelsbeschrnkungen.5 Besonders bedeutend waren hierbei die Schritt fr Schritt durchge-
fhrten Zollsenkungen im Rahmen des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT), die
Grndung von Freihandelszonen wie der Europischen Gemeinschaft, sowie die Erarbeitung und
Inkraftsetzung eines umfassenden Regelwerks zur Kontrolle des internationalen Handels. Die Schaf-
fung internationaler Organisationen wie der Organisation fr wirtschaftliche Zusammenarbeit und
elthandelsorganisation (WTO) festigte die fortschreitende Liberalisie-
2 ;vgl.DerBrockhausGeschichte:Merkantilismus,BibliographischesInstitutF.A.BrockhausAG,Mannheim2.,berarbeiteteundaktualisierteAuflage2005.3 enLiberalismusundProtektion,Seite510.vgl.Schmidt,Sebastian(2004):18601914EuropazwischGrinVerlag,Mnchen4vgl.DerBrockhausGeschichte:Weltwirtschaftskrise19295Bhagwati,Jagdish(1990):GeschtzteMrkte,Seite512.KeipVerlag,FrankfurtamMain
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politischen konomie und der B
rung des Welthandels nachhaltig und verfolgte unter anderem das Ziel der Institutionalisierung von
Sicherungsinstrumenten und stndigen Kontrollorganen gegen protektionistische Wirtschaftspolitik.6
Das Resultat ist beeindruckend. Zwischen den Jahren 1970 und 2000 stieg der internationale Handel
- gemessen am gesamten Exportvolumen der Staaten - um das 19-fache an.7
2.2 Freihandel in der Auenwirtschaftstheorie
Die grundlegende Idee der Freihandelslehre besteht in der Annahme, dass die Befreiung des inter-
nationalen Gteraustausches von Kontrollen und Regulierungen (z. B. Zlle, Kontingente,
Devisenbewirtschaftung) und die Durchsetzung des freien Wettbewerbs zu einer internationalen
Arbeitsteilung mit optimaler Produktion und grtmglichem Wohlstand8 fhrt. Freihandel steht
demzufolge in totalem Gegensatz zu protektionistischen Wirtschaftseingriffen.
Die theoretische Konzeption des Freihandelsprinzips geht im wesentlichen auf die Autoren des klas-
sischen Wirtschaftsliberalismus zurck. Wichtige Vertreter der liberalen Auenhandelstheorie waren
der britische Nationalkonom und Moralphilosoph Adam Smith und der ebenfalls aus England stam-
mende konom David Ricardo, die mit ihren Beitrgen zu absoluten und komparativen
Kostenvorteilen die Vorteilhaftigkeit von freiem Auenhandel theoretisch nachwiesen.
Adam Smith galt als einer der bedeutendsten Vordenker der liberalen Wirtschaftstheorie und Begrn-
der der klassischen Nationalkonomie. In seinem 1776 verffentlichten Hauptwerk Der Wohlstand
der Nationen argumentiert er, dass Freihandel aufgrund der Ausnutzung absoluter Kostenvorteile zu
einem vermehrtem Wohlstand aller Beteiligten fhre. Wenn eine bestimmte Volkswirtschaft, zum
Beispiel auf Grund gnstigerer Produktionsfaktoren, ein Gut zu absolut niedrigeren Kosten als eine
andere Volkswirtschaft produzieren kann, diese jedoch ein anderes Gut billiger produziert, dann
kommt es aus Grnden konomischer Rationalitt automatisch zu internationaler Arbeitsteilung. Da
sich Lnder auf die Produktion genau derjenigen Gter spezialisieren, welche sie kostengnstiger als
andere Lnder herstellen, knnen optimale Auenhandelsergebnisse erzielt werden. Die Folge dieser
Arbeitsteilung ist nmlich, dass ein Land Gter, welche es unter absolut niedrigeren Kosten als ande-
re Lnder fertigen kann, exportieren wird, und aus den daraus erwirtschafteten Gewinnen diejenigen
Gter importieren kann, welche im Ausland billiger hergestellt werden. Somit ist wegen der durch
Arbeitsteilung vergrerten Produktionseffizienz in einem Freihandelssystem mehr Wohlstand mg-
lich, da alle Beteiligten in die Lage versetzt werden, auch solche Gter zu konsumieren, welche sie
selbst nicht effizient produzieren knnten.9
David Ricardo hingegen erweiterte in seinem 1817 erschienenen Werk ber die Grundstze der
esteuerung Smiths Theorie, indem er auch fr den Fall, dass ein
6 leWirtschaft,Kapitel9.4.2Internationalevgl.Krugman,PaulR.&Obstfeld,Maurice(2009):InternationaH ss.Pearsonandelsabkommen:EingeschichtlicherAbri Verlag,Mnchen7InternationalMonetaryFund:WorldEconomicOutlook20078DerBrockhausin15Bnden(20022006):Freihandel.Leipzig,Mannheim:F.A.Brockhaus 9vgl.Smith,Adam(1974):DerWohlstandderNationen,Seite928.FinanzBuchVerlag,Mnchen
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Land kein einziges Gut absolut kostengnstiger produzieren kann als ein anderes, das Zustande-
kommen von Auenhandelsaktivitten nachwies. Auenhandel lohnt sich demnach nicht nur bei der
Existenz absoluter Kostenvorteile. Bei einem Vergleich der relativen Kosten zweier Lnder bei der
Produktion mehrerer Gter kann das Land mit den fr alle Gter absolut hheren Kosten trotzdem ein
gnstigeres Kostenverhltnis haben, den sogenannten komparativen Kostenvorteil, da es in der Lage
ist, bestimmte Gter mit geringeren Opportunittskosten bereitzustellen als das andere Land.10 Dass
heit, der Verzicht auf die Produktion eines Gutes, welches zwar mit absoluten, aber nicht mit relati-
ven Kostenvorteilen im Inland billiger hergestellt werden kann als im Ausland, ist aus konomischer
Sicht auf Grund der Zusatzproduktion des anderen Gutes und den daraus resultierenden erhhten
Exportgewinnen sinnvoll. Es ist fr ein Land dementsprechend lohnend, sich auf die Fertigung und
den Export derjenigen Gter zu konzentrieren, bei denen es komparative Kostenvorteile besitzt, und
Gter, die nur unter Einsatz relativ hherer Kosten produziert werden knnen, nicht selbst herzustel-
len, sondern aus dem Ausland einzufhren.11
3. Theorie des Protektionismus
Im Gegensatz zum Freihandelsprinzip steht die Theorie des Protektionismus, worunter man im
engeren Sinn alle staatlichen Eingriffe in den Auenhandel, die dem Schutz der inlndischen Produk-
tion oder einzelner Produzenten vor auslndischer Konkurrenz dienen12 verstehen kann. Die
handelshemmende Wirkung protektionistischer Manahmen stellt eine Beeintrchtigung des freien
Gter- und Dienstleistungsverkehrs sowie der internationalen Arbeitsteilung dar13, was, wie im
folgenden gezeigt werden soll, je nach Standpunkt positive oder negative Auswirkungen auf die
inlndische Wirtschaft haben kann.
Wenn von Protektionismus gesprochen wird, geht es in den allermeisten Fllen um die handelspoliti-
sche Form des Protektionismus, die in den wirtschaftswissenschaftlichen Disziplinen thematisiert wird
und auf welche sich diese Hausarbeit konzentriert.
Jedoch knnen protektionistische Manahmen auch in anderen Bereichen auftreten, wie beispiels-
weise in der Kultur- und Sozialpolitik. Die seit 1994 geltende Radioquote in Frankreich, welche per
Gesetz den Rundfunkstationen auferlegt, mindestens 40% des Gesamtprogramms mit Liedern fran-
zsischer Musiker auszufllen, ist ein klarer Fall von kulturpolitischem Protektionismus. Whrend
hierbei der Schutz nationaler Identitt und Kultur im Vordergrund steht, verfolgt der soziale Protektio-
nismus den Schutz vor Importgtern, deren Herstellung unter Missachtung gngiger Sozialstandards
durchgefhrt wurde, wie zum Beispiel ein gesetzliches Verbot gegen den Handel mit durch Kinderar-
beit produzierten Gtern. Letztlich kann sich ein Land durch Whrungsprotektionismus konomische
wirtschaftslehre1,Seite281285.SpringerVerlag,Berlin10vgl.Lachmann,Werner(2003):Volks ,
11 Grundstzeder rung,Seiten
vgl.Ricardo,David(2006):berdie politischenkonomieundderBesteue11 0.FinanzBuchVerlag,Mnche
rockhausWirtschaft(2008):Protektionismus.Leipzig,Mannheim:F.A.Brockhaus714
12DerB13ebd.
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Vorteile verschaffen, wie es beispielsweise China tut, indem es den Yuan-Wechselkurs knstlich
niedrig hlt, um seiner Exportindustrie Wettbewerbsvorteile zu sichern.14
3.1 Ursachen und Ziele protektionistischer Politik
Die Ursachen und Motive protektionistischer Eingriffe in den Marktmechanismus sind vielseitig und
reichen von rein konomischen Argumenten und Begebenheiten bis hin zu politischen und strategi-
schen berlegungen.
Das offensichtlichste Ziel protektionistischer Manahmen ist sicherlich die Erzielung von staatlichen
Einnahmen, was vor allem durch jegliche Form von Zollabgaben erreicht wird. Zlle stellen kurzfristig
eine ertragreiche Einnahmequelle fr den Staatshaushalt dar, ihre langfristig hemmende Wirkung auf
das Handelsvolumen wird jedoch mit der Zeit fast zwangslufig zu verminderten Steuereinnahmen
und negativen gesamtgesellschaftlichen Wohlfahrtseffekten fhren. Es gibt nichtsdestotrotz konomi-
sche Theorien, die aufzeigen, dass Handelsbeschrnkungen in Form von Zlle in bestimmter Hhe
die Wohlfahrt eines Landes in der Tat strker wachsen lassen, als dies bei Freihandel der Fall wre.
Demnach kann ein groes Land, welches gengend Marktmacht besitzt, um die Auslandsexportprei-
se zu beeinflussen, mit Hilfe der Auferlegung einer bestimmten Zollhhe, die Importpreise senken
und somit seine Terms of Trade verbessern.15 Auf das Optimalzollargument, welches die positiven
Auswirkungen des Abweichens von Freihandelspolitik und der Schaffung von Handelsbarrieren
hervorhebt, wird in Kapitel 3.2 nher eingegangen werden.
An die merkantilistische Lehre angelehnt ist das Motiv der Verbesserung der Handelsbilanz. Indem
fr auslndische Unternehmen der Zugang zum heimischen Markt durch Schutzmechanismen er-
schwert wird, kann die Anzahl der exportierten Gter im Vergleich zu den Importen knstlich erhht
werden. Die somit erwirtschafteten Auenhandelsberschsse ermglichen nun, zumindest auf kurze
Distanz gesehen, Mehreinnahmen fr die nationale Volkswirtschaft und den Staat.16
Auch die allgemeine berlegung, mit bestimmten protektionistischen Manahmen das Wirtschafts-
wachstum eines Landes anzukurbeln, ist auf den ersten Blick nachvollziehbar. Ein Beispiel wre das
sogenannte infant-industry Argument. Der Aufbau neuer, noch nicht wettbewerbsfhige Industrie-
zweige soll demnach durch staatliche Schutzmanahmen (z.B. zeitlich befristete Schutzzlle - sog.
Erziehungszlle) gegenber der hochentwickelten und effizienter produzierenden Konkurrenz auf
dem Weltmarkt abgeschirmt werden. Durch die erhoffte Ausnutzung von Lern- und Skaleneffekten
und die einhergehende Weiterentwicklung der Produktionsprozesse soll die infant-industry in die
Lage versetzt werden, ihre Gter mittelfristig zu konkurrenzfhigen Konditionen am Markt zu platzie-
14 rt,Daniel:DerYuanistChina
&Obstfeld(2009):Kapitel9.2.1DasTermsofTradeArgumentfreinenZollvgl.Ecke
15Krugman16vgl.ebd.
sschrfstesSchwert,erschieneninDieWeltam18.November2009
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ren.17 Kritisch zu beurteilen bleibt jedoch die Fhigkeit der Brokraten, einen relevanten, also langfris-
tig erfolgversprechenden Industriezweig und den optimalen Zeitraum fr derartige Schutzmanahmen
zu bestimmen, da diese bei unbedachtem Einsatz schnell wohlfahrtsmindernde Effekte nach sich
ziehen knnen und somit genau das Gegenteil vom angestrebten Wirtschaftswachstum bewirken
wrden.
Ein weiteres Ziel protektionistischer Politik kann die Internalisierung externer Effekte sein. Falls in
einem Produktionsprozess die sozialen von den privaten Kosten abweichen, kann die gesamtgesell-
schaftliche Wohlfahrt erhht werden, indem der Staat eine Zollpolitik oder Binnenmarktprotektion ber
den Einsatz von Steuern oder Subventionen durchsetzt, vorausgesetzt, es liegen bei der Produktion
externe Ertrge, beziehungsweise auf Verbraucherseite externe Verluste vor. Aufgrund der mangeln-
den Mglichkeit zur berprfung externer Erlse oder Verluste ist diese Protektionismusbegrndung
jedoch nahezu inhaltsleer.18
Neuere Auenhandelstheorien gehen im Gegensatz zur traditionellen Lehre von zunehmenden
Skalenertrgen und Marktunvollkommenheiten aufgrund unvollstndigen Wettbewerbs auf internatio-
naler Ebene aus. Ein Land kann somit komparative Vorteile knstlich, dass heit mit staatlicher
Frderung, erzeugen, indem es beispielsweise protektionistischen Eingriffen in den Auenhandel
vornimmt, um eine monopolistische Marktposition aufzubauen und diese strategisch auszunutzen.19
Es ergeben sich aber erhebliche Zweifel und Vorbehalte gegen dieses Argument, wenn man die
Komplexitt unvollstndiger Mrkte und die Ergebnisunsicherheit protektionistischer Eingriffe in den
Auenhandel in Betracht zieht.
Auch Marktversagen im Inland kann eine Ursache fr protektionistische Politik sein. Inlndisches
Marktversagen wird beispielsweise durch Defekte in den Kapital- und Arbeitsmrkten hervorgerufen.
In diesem Fall argumentieren konomen, dass die Kosten und Nutzen nun nicht mehr akkurat erfasst
werden knnen. Genauer gesagt verursacht der ineffiziente Markt die Entstehung eines gesellschaft-
lichen Grenznutzens, welcher in der Produzentenrente nicht erfasst wird. Somit kann der Einsatz von
Zllen rechtfertigt werden, da dieser trotz der entstehenden Produktions- und Konsumverzerrungen
die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt vergrern kann, weil er in einer bestimmten Hhe das Ange-
bot so ankurbelt, dass es den gesellschaftlichen Nutzen erhht. Angelehnt an das
Optimalzollargument rechtfertigt das Argument inlndischen Marktversagens den Einsatz handels-
hemmender Manahmen, indem es die Existenz eines Wohlfahrt maximierenden Zolls - in
hinreichend geringer Hhe - theoretisch nachweist.
Es lassen sich aber nicht nur rein konomische Motive fr den Einsatz protektionistischer Instrumente
anfhren, sondern ebenfalls Argumente wirtschafts-, auen- und sozialpolitischer Natur.
17 n,Hannelore(1992):PolitischekonomiedesProtektionismus,Seite24.Springer
Yorkvgl.WeckHanneman
Verlag,Frankfurt/New18vgl.ebd.Seite252619vgl.ebd.Seite2731
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Ein wesentliches wirtschaftspolitisches Motiv, welches gegenwrtig sehr hufig als Legitimations-
grundlage protektionistischer Politik eingeworfen wird, ist die Erhaltung oder der Schutz inlndischer
Produktionssektoren, die international nicht mehr wettbewerbsfhig sind.20 Unternehmen mssen, um
langfristig wettbewerbsfhig zu bleiben, auf strukturelle nderungen der internationalen oder inlndi-
schen Wirtschaft, wie beispielsweise Rohstoffpreiserhhungen, Wechselkursschwankungen oder
gesetzliche Mindestlohnbeschlsse, reagieren. Jedoch nicht dieser strukturelle Anpassungsbedarf,
sondern die unternehmerische Anpassungsfhigkeit und -bereitschaft sind fr die Aufrechterhaltung
eines hohen Wohlstandsniveaus eines Landes von zentraler Bedeutung. In vielen westlichen Indust-
rielndern beeintrchtigen aber sozialpolitische Gesetze, wie Kndigungsschutz, Sozialabgaben und
Lohnbestimmungen, sowie marktwirtschaftliche Regelungen, diese beiden Fhigkeiten. Staatliche
Protektionsmanahmen sind hierbei ein Mittel, anstatt durch weitsichtige Wirtschaftspolitik zu einer
selbststndigen Erhhung der Anpassungsfhigkeit und -bereitschaft beizutragen, den Anpassungs-
bedarf knstlich zu reduzieren.21
Ziele des sogenannten Erhaltungs- und Anpassungsschutzes sind in der Regel die Verhinderung
ansteigender Arbeitslosigkeit, sowie strukturpolitische Zielsetzungen. Passende Beispiele fr
Deutschland sind die anhaltende Braunkohlesubventionierung in Nordrhein-Westfalen und das Ret-
tungspaket fr den Automobilhersteller Opel.
Des weiteren knnen die Demonstration nationaler Strke und Autarkiebestrebungen ein Ansporn fr
den Einsatz protektionistischer Manahmen sein. Mit dem Abbau internationaler Abhngigkeit soll
eine Absicherung ausgewhlter Wirtschaftssektoren erwirkt werden, deren Fortbestehen fr das
nationale berleben von existenzieller Bedeutung ist, oder zumindest als derartig angesehen wird.22
Beispiele fr eine solche Abschottung politisch angestrebter autarker Bereiche sind die Rstungsin-
dustrie, sowie die nationale Energie- und Rohstoffindustrie.
Auch die Beeinflussung der gesellschaftlichen Einkommensverteilung kann in einer von Interessen-
gruppen beeinflussten Politik als Ziel protektionistischer Tendenzen betrachtet werden. So stellt etwa
die Bevorzugung oder Benachteiligung bestimmter Industriesektoren oder einzelner Unternehmen
einen wettbewerbshemmenden Eingriff in den Marktmechanismus dar, welcher zu erheblichen Um-
verteilungsprozessen des gesamtgesellschaftlichen Einkommens fhren kann.
Dies kann jedoch aus politischem Kalkl, vor allem in Wahlkampfperioden, fr bestimmte Entschei-
dungstrger vorteilhaft sein. Angelehnt an Anthony Downs Medianwhlertheorem23 ist es sinnvoll fr
Politiker, im Wahlkampf fr das vom Medianwhler, beziehungsweise von der Whlermehrheit, prfe-
rierte Ma an protektionistischer Politik einzutreten, um die eigenen Stimmenanteile zu maximieren.
In Deutschland konnte man diese wahlkampfstrategische Intention innerhalb der letzten Jahren bei
der Diskussion um Schutzmanahmen fr Opel bei fast allen Parteien beobachten. Andererseits
knnten aus strategischen berlegungen heraus auch unpopulre Wahlversprechen, also beispiels-
Protektionsmanahmen, im Interesse der Politiker liegen, um durch se der Einsatz nicht gewollter
eite43643720vgl.Lachmann(2004):S
21vgl.ebd.Seite43743822vgl.ebd.Seite43643723sieheDowns,Anthony(1957):AnEconomicTheoryofDemocracy.HarperVerlag,WashingtonD.C.
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derartige Klientelpolitik ausgewhlten Industriesektoren Schutzmanahmen in Aussicht zu stellen, um
als Gegenleistung finanzielle Zuwendungen zu erhalten.24 Derartige Klientelpolitik wurde beispiels-
weise erst krzlich der FDP in Zusammenhang mit den von der schwarz-gelben Regierungskoalition
beschlossenen Steuervergnstigungen fr die Hotelbranche vorgeworfen.
Schlielich ist es mglich, dass ein Land mit dem Einsatz protektionistischer Instrumente keine
nachweisbaren wohlfahrtstheoretischen Vorteile verfolgt, sondern lediglich aus Vergeltungszwecken
oder strategischen berlegungen auf Schutzmanahmen anderer Lnder reagiert. Solche Retorsi-
onsmanahmen sind zwar keinesfalls rational nachvollziehbar, dienen jedoch der Abschreckung und
Bestrafung protektionistischer Wirtschaftspolitik und sollen zum Einlenken der anderen Staaten
beitragen, also die Einsicht erwirken, dass es fr alle Marktteilnehmer gnstiger wre, die beschlos-
senen Handelsschranken wieder abzubauen.25 Regierungen knnen zudem mit protektionistische
Manahmen auch rein auenpolitische Motive verfolgen, zum Beispiel die Ausbung von internatio-
nalem Druck auf autoritre Regime oder diktatorische Staaten.
3.2 Instrumente und Wirkungen des Protektionismus 3.2.1 Tarifre Handelhemmnisse Unter tarifren Handelshemmnissen versteht man alle auftretenden Zollarten. Laut Definition sind
Zlle alle vom Staat auferlegten Abgaben auf Gter, sobald diese die Grenzen des Staats- oder
Zollgebiets berschreiten.26 Demnach gilt es zu unterscheiden zwischen Import-, Export- und Durch-
fuhrzllen, wobei den Zollerhebungen auf Importe die grte Bedeutung zukommt. Es gibt zwei
Formen von Zllen, nmlich Mengen- und Wertzlle. Mengenzlle, die oft auch spezifische Zlle
genannt werden, nehmen die Mengen-, beziehungsweise die Maeinheit eines Guts als Bemes-
sungsgrundlage der Zollhhe, wohingegen bei Wertzllen die Hhe der Zollerhebung anteilig auf den
Wert eines Gutes erfolgt. In der Praxis existieren, auf Grund der Nachteile beider Reinformen, oft
Kombinationen der zwei Varianten in Form von so genannten Misch- und Gleitzllen.27
Eine konomische Analyse der Zollauswirkungen auf den Inlands-, als auch den Auslandsmarkt, zeigt
die, je nach Standpunkt und Auffassung, positiven oder negativen Effekte von Zllen auf. Die folgen-
de Grafik soll dies veranschaulichen.
24 Obstfeld(2009):Kapite
(2004):Seite436&437vgl.Krugman&
25 mannl9.3.1WahlenundWahlkmpfe
vgl.Lach26ebd.Seite44027vgl.ebd.
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Abbildung 1:
Quelle: eigene Darstellung nach Lachmann & Krugman
Fr die Darstellung der Auswirkungen einer Zollerhebung sollen vereinfachte Annahmen gelten.
Handel getrieben wird ausschlielich mit einem homogenen Gut, dass im Inland, sowie im Ausland
hergestellt wird, und es dort dementsprechend Anbieter und Nachfrager fr dieses Gut gibt. Es exis-
tiert auerdem ein konstanter Wechselkurs, wodurch die Preisangaben auf den Ordinaten in
derselben Whrungseinheit ausgedrckt werden knnen. Abbildung 1 zeigt die jeweiligen Nachfrage-
kurven der Mrkte im Inland, Ausland und der Welt D, D* und MD, sowie die dazugehrigen
Angebotskurven S, S* und XS. Da auf beiden Mrkten vollstndiger Wettbewerb herrscht, sind die
Kurven Funktionen des Marktpreises.
Vor einer ffnung der Mrkte sind die Gterpreise der beiden Lnder in der Regel unterschiedlich. In
unserem Beispiel nehmen wir an, dass der Preis fr das Gut im Inland hher ist als im Ausland. Bei
der vereinfachten Annahme vernachlssigbarer Transportkosten macht in solch einer Situation die
Einfhrung von Auenhandel Sinn, da hierdurch internationale Kostenvorteile ausgenutzt werden
knnen. Die ffnung der Mrkte fhrt nun einerseits, wegen der Bevorzugung billigerer Importware
aus dem Ausland, zu einer Senkung des Inlandspreises, andererseits bewirkt sie einen Preisanstieg
im Ausland, da die auslndischen Produzenten ihre Ware auf dem Inlandsmarkt teurer absetzen
knnen. Der inlndische Preisrckgang verursacht einen Nachfrageberhang BE (Nachfrage AE Angebot AB), welcher auch Importnachfrage des Inlands genannt wird, da diese Menge nicht mehr
von inlndischen Produzenten bedient werden kann. Der Preisanstieg im Ausland bedingt gleichzeitig
einen Angebotsberhang NR (Angebot LR Nachfrage LN). Diese berschssig produzierte Menge wird nicht im Ausland selbst nachgefragt und steht entsprechend fr das Exportangebot des Aus-
lands. Die Preisniveaus der beiden Lnder gleichen sich nun so lange an, bis sich ein
Marktgleichgewicht eingestellt hat. Der Weltmarktpreis Pn entspricht demjenigen Gterpreisniveau,
bei dem die Importnachfrage von Inland MD gleich dem Exportangebot von Ausland XS ist (Punkt J),
11
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marktanteile an einem gehand
A
bei dem sich also die Strecken BE und NR decken.28 Der Preismechanismus im Freihandelsfall sorgt
fr einen konstanten Weltmarktpreis, solange keine nderungen anderer Produktions- oder Marktfak-
toren auftreten, wie beispielsweise hhere Rohstoffkosten oder Steuergesetze.
Die Einfhrung eines Zolls jedoch ist ein Faktor, der nicht nur erhebliche Auswirkungen auf die G-
terpreise hat, sondern auch eine Vielzahl anderer konomischer Effekte nach sich zieht. Nehmen wir
nun an, dass die inlndische Regierung einen Zoll der Hhe t auf importierte Ware erhebt.
Der ersichtlichste Effekt einer Zollerhebung ist sicherlich die Auswirkungen auf den inlndischen und
auslndischen Marktpreis des betroffenen Guts. Auf Grund der zustzlich anfallenden Importabgaben
erhht sich zunchst der Gterpreis im Inland, da ein Teil der Zollzahlungen an die Konsumenten
weitergereicht wird. Die inlndischen Produzenten erhhen daraufhin ihre angebotene Menge zu
einem erhhten Preis, da sie ihre Gter zollfrei absetzen knnen, was die Importnachfrage verringert.
Jedoch senken auch die auslndischen Exporteure ihre Preise, um den inlndischen Nachfragerck-
gang auszugleichen, und bedingen somit eine Nachfragesteigerung im Ausland und folglich eine
Senkung des Exportangebots. Der inlndische Anstieg des Gterpreises auf Pt entspricht also nicht
exakt der Zollhhe t, da ein Teil des Zolls durch gesunkene Exportpreise des Auslands kompensiert
wird, welche zu einer Senkung des Auslandspreises auf Pt* fhrt. Letztlich verursacht der Zoll eine
Verringerung des Gterhandelsvolumens QN im Freihandelszustand auf QT im Zollzustand, in wel-
chem die neue inlndische Importnachfrage GH dem neuen auslndischen Exportangebot ST
entspricht und Pt Pt* = t gilt.29
Oft steckt auch der wirtschaftspolitische Gedanke des Schutzes nationaler Industriesektoren vor
billiger Importkonkurrenz aus dem Ausland hinter der Entscheidung fr Importzlle, da Auenhandel,
wie oben besprochen, zu einer Verminderung der Gterpreise fhrt und ineffiziente Wirtschaftszweige
hierdurch potentiell gefhrdet werden. Durch die zollverursacht erhhten Gterpreise auf dem In-
landsmarkt nimmt die inlndische Produktion um die Strecke BC zu, whrend der inlndische
Verbrauch um die Strecke ED zurck geht. Dies bezeichnet man als Produktions-, beziehungsweise
Konsumeffekt des Zolls.30 Der Produktionseffekt, also die Ausweitung der inlndischen Produktion
und die damit einhergehende Beschftigungs- und Einkommenserhhung im geschtzten Sektor,
sind wesentliche Ursachen fr die Forderung nach Zollschutz. Die Gefahr hierin besteht in der Tatsa-
che, dass derartigen Wohlfahrtsgewinnen massive Wohlfahrtsverluste in anderen, ungeschtzten
Wirtschaftssektoren gegenberstehen, da protektionistische Eingriffe wettbewerbshemmende Effekte
verursachen. Zum Beispiel kann der Produktionsprozess eines Gutes, in dem geschtzte Unterneh-
men beteiligt sind, auf internationaler Ebene ineffizient ablaufen, da Produktionsfaktoren durch die
Zollauswirkungen knstlich verteuert wurden. In dem Falle, dass ein relativ groes Land hohe Welt-
elten Gut besitzt, knnen Importzlle letztlich eine erhebliche
mfall sich s nkender Preise fr uswirkung auf die Auslandsexportpreise haben, bis zu dem Extre e28 442&Krugm
Kapitel8.1.1vgl.Lachmann(2004):Seite441
9vgl.Krugman&Obstfeld(2009):0vgl.Lachmann(2004):Seite443
an&Obstfeld(2009):Kapitel8.1.12
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inlndische Produzenten.31 Der Schutzintention eines Importzolls wrde hierbei offensichtlich die
exakt gegenteilige Wirkung, wie die von der Politik beabsichtigte, haben.
Der Produktions- und Konsumeffekt, also die Verringerung der inlndischer Nachfrage bei gleichzeiti-
ger Erhhung des Angebots nationaler Produzenten, bedingen auerdem eine Senkung der
inlndischen Importnachfrage MD von Punkt I zu Punkt J des mittleren Graphen (alternativ: von
Importnachfrage BE auf GH), was als Handelseffekt des Zolls bezeichnet wird.32
Nicht zu vergessen ist natrlich der Einnahmeeffekt eines Zolls, da Handelsabgaben auf Importe in
der Regel direkt dem Fiskus zuflieen. Die Einnahmensumme der ffentlicher Haushalte des Inlands
lsst sich errechnen, indem man das Importvolumen ST mit dem Zollsatz t multipliziert, was gra-
phisch den Flchen GCDH und OSTP entspricht. Wie man sieht, wird also ein Zoll nicht nur von den
inlndischen Marktteilnehmern getragen, sondern ebenso von den auslndischen.33
Doch was sind die gesamtgesellschaftlichen Folgen einer Zolleinfhrung? Kann man die konomi-
schen Wohlfahrtsverluste oder -zuwchse eindeutig bestimmen? Eine gesamtgesellschaftliche
Kosten-Nutzen Analyse kann Lsungsanstze fr diese wesentlichen Fragen nach Sinn und Berech-
tigung von Zllen bieten.
Von einem Zoll auf Importe profitieren, auf Grund der verursachten Preiserhhung und Produktions-
ausweitung, die inlndischen Anbieter. Die Produzentenrente vergrert sich um die Flche FABG.
Demgegenber steht eine Schdigung der inlndischen Nachfrager durch die erhhten Gterpreise,
was zu einer Verminderung der Konsumentenrente um die Flche FAEH fhrt. Es erfolgt also eine
Umverteilung eines Teils der nationalen Wohlfahrt zugunsten der Produzenten. Schlielich mssen
auch die Staatseinnahmen in Betracht gezogen werden. Wie schon besprochen, steigen diese im
Zuge einer Zolleinfhrung um die Flchen GCDH und OSTP. Wiegen nun die gesamtgesellschaftli-
chen Gewinne, also die zustzlichen Staatseinnahmen und der Zuwachs an Produzentenrente, den
Verlust an Konsumentenrente auf? Ein groer Teil der verlorenen Konsumentenrente FAEH wird auf
Staatseinnahmen GCDH und Produzentenrente FABG umverteilt. Es verbleiben einerseits die Dreie-
cke BCG und DEH, welche als Produktions- und Konsumverzerrung gesamtgesellschaftliche
Effizienzverluste darstellen, und andererseits die Flche OSTP, welche den Terms-of-Trade-Gewinn
aus der sich ergebenden Verminderung der Auslandsexportpreise angibt. Fr eine abschlieende
Analyse der Zolleffekte auf die nationale Wohlfahrt ist nun eine Gegenberstellung der konkreten, oft
schwer zu ermittelnden Werte dieser Gewinne und Verluste notwendig. Grundstzlich kann ein Zoll
demzufolge sowohl positive, als auch negative Auswirkungen auf die gesamtgesellschaftliche Wohl-
fahrt haben, was unter anderem von Faktoren wie des Weltmarktanteils eines Landes und dessen
Angebots- und Nachfrageelastizitt abhngig ist.34
31 nteMetzlerParadoxdassogenan32
on,sieheauchKrugman&Obstfeld(2009):Seite257vgl.Lachmann(2004):Seite442
33vgl.ebd.34vgl.ebd.Seite442443&Krugman&Obstfeld(2009):Seite258263
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heimischer Herstellung stammen
3.2.2 Nicht-tarifre Handelshemmnisse
Neben Zllen nehmen heutzutage die meisten protektionistischen Eingriffe in den Auenhandel nicht-
tarifre Formen an. Im Groben lassen sich diese in quantitative und administrative Restriktionen,
sowie wirtschaftspolitische Manahmen unterteilen.35 Parallel zu den Zielen tarifrer Handelshemm-
nisse, sollen diese ebenso in erster Linie die inlndischen Anbieter vor der effizienter produzierenden
Auslandskonkurrenz schtzen, beziehungsweise ihre internationale Konkurrenzfhigkeit verbessern.
Die grte Bedeutung aller nicht-tarifren Handelshemmnisse kommt den quantitativen Restriktionen
zu, welche hauptschlich in Form von Handelskontingenten und -quoten, Lizenzen, Verboten oder
Selbstbeschrnkungsabkommen auftreten.
Die Intention quantitativer Restriktionen ist die Beschrnkung des Handelsvolumens bestimmter
Gter, beispielsweise durch die Festlegung von Mengen- und Wertkontingenten. Hierbei werden
bestimmte Hchstwerte fr Importe oder Exporte eines Guts beschlossen, die sich im Extremfall bis
zu kompletten Handelsverboten ausweiten knnen. Derartige vollstndige Import- und Exportverbote
nennt man auch Embargo. Um bei diesen nicht-tarifren Handelshemmnissen zustzliche Einnahmen
fr den Staatshaushalt zu generieren, erfolgt die Umsetzung der Handelsquoten durch die staatliche
Vergabe von Lizenzen. Einfuhr- oder Ausfuhrlizenzen mssen von den betroffenen, Auenhandel
betreibenden Unternehmen erst von den Behrden erworben werden, bevor sie ihre Waren ber die
Grenze bewegen knnen. Eine negative Folge von Importbeschrnkungen ist jedoch die mit der
gestiegenen Nachfrage einhergehende Erhhung der Binnengterpreise. Selbstbeschrnkungen
hingegen sind freiwillige Manahmen, die ein Staat sich gewhnlich auferlegt, um schrferen Han-
delsrestriktionen anderer Staaten vorzubeugen. Aus konomischer Sicht ist aber beispielsweise eine
freiwillige Exportbeschrnkung des Auslands nichts anderes als eine inlndische Importquote.36
Weiterhin spielen administrative Restriktionen eine nicht zu vernachlssigende Rolle im Instrumen-
tenkasten des Protektionismus, von denen wegen ihrer nicht immer eindeutigen Absicht, sei sie
konomisch oder politisch, eine Gefahr fr den internationalen Freihandel ausgehen kann.
Zu nennen wren hier etwa Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften, Umweltschutzauflagen oder
Industrienormen. Ganz abgesehen von der Frage, inwiefern derartige Vorschriften in politischer
Hinsicht legitim und zweckmig sind, verkrpern sie stets mgliche Handelshemmnisse. Ebenso
knnen brokratische Schikanen bei der Zoll- und Grenzabwicklung verschleierte protektionistische
Eingriffe darstellen, die in der Lage sind, Import- und Exportbewegungen wirksam einzugrenzen.37
Die staatliche Beeinflussung von Vergabeverfahren ffentlicher Auftrge, die Prferenz nationaler
Vorprodukte, sowie gesetzliche Produktionsvorschriften fallen ebenfalls in die Kategorie administrati-
ver Restriktionen. Ein beliebtes Instrument sind beispielsweise so genannte Local-Content-Klauseln,
welche Unternehmen vorschreiben, dass ein gewisser Prozentsatz des importierten Endprodukts aus
muss. All diese Manahmen verfolgen das Ziel des aktiven Eingrei-
35
446&Krugman&Obstfeld(2009):Seite264270vgl.Lachmann(2004):Seite444
36vgl.Lachmann(2004):Seite44537vgl.Lachmann(2004):Seite444
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Konku
fens in den freien Wettbewerb, um nationalen Unternehmen Vorteile gegenber der internationalen
Konkurrenz zu verschaffen.38
Ebenso wie administrative Restriktionen knnen auch wirtschaftspolitische Manahmen einen protek-
tionistischen Charakter einnehmen, obwohl dieser erstens nicht in jeder Situation beabsichtigt und
zweitens oft nicht auf den ersten Blick zu erkennen ist.
So haben etwa Exportsubventionen, eine mengen- oder wertabhngige staatliche Zahlung an expor-
tierende Produzenten, genau die umgekehrte konomische Wirkung wie ein Zoll, da sie die
Gterpreise im Exportland erhhen und die im Importland senken.39 Schlielich zhlen auch wirt-
schaftspolitische Manahmen wie Steuererleichterungen, Investitionshilfen oder
Forschungszuwendungen zu potentiellen nicht-tarifren protektionistischen Instrumenten.
3.3 Freihandelsargumente gegen Protektionismus
In Abgrenzung zur Lehre des Protektionismus gibt es einige Argumente, die aus konomischer und
wirtschaftspolitischer Sicht fr das Freihandelsprinzip sprechen und zeigen, dass freier Handel zur
Vermeidung der mit protektionistischen Manahmen einhergehenden Wohlfahrtsverluste beitrgt.
Das Effizienzargument fr Freihandel zeigt, dass die durch protektionistische Manahmen hervorge-
rufenen Effizienzverluste durch freien Handel vermieden werden knnen. Handelshemmende
Instrumente wie Einfuhrzlle oder Exportsubventionen verursachen eine Verzerrung der wirtschaftli-
chen Anreize von Produzenten und Konsumenten. Der durch Zlle erhhte Weltmarktpreis bewirkt
ein vergrertes Angebot bei gleichzeitiger verringerter Nachfrage, was eine Produktions- und Kon-
sumverzerrung zur Folge hat, die in konomischer Ineffizienz und Wohlfahrtsverlusten resultieren.
Eine dem Ideal des Freihandels folgende Wirtschaftspolitik ist jedoch in der Lage, durch den Abbau
von Handelshemmnisse derartige Verzerrungen zu beseitigen und somit durch ein effizientes Markt-
gleichgewicht die nationale Wohlfahrt zu optimieren.40 Da der oben angesprochene Terms-of-Trade-
Gewinn eines Zolls in der Regel geringer ausfllt als die Verluste durch Produktions- und Konsum-
verzerrung, wird aus wohlfahrtstheoretischer Sicht das Freihandelsprinzip gegenber dem
Protektionismus bevorzugt.
Das Argument der dynamischen Gewinne zielt auf die positive Wirkung von gesteigerter Konkurrenz
und Innovation ab. Protektionistische Manahmen verursachen durch die entstandenen Marktzu-
gangsbeschrnkungen auslndischer Unternehmen reduzierten Wettbewerb und erhhte
Erfolgsaussichten fr die nationalen Marktteilnehmer, was zu bermigem Markteintritt und Innova-
tionstrgheit fhrt. Ein staatlich geschtzter Wirtschaftssektor begnstigt durch die abgeschwchte
zu einem ineffizienten Produktionsniveau, was langfristig negative rrenzsituation die Tendenz
38 447&Kr
Seite264vgl.Lachmann(2004):Seite446
9vgl.Krugman&Obstfeld(2009):0vgl.Krugman&Obstfeld(2009):Kapitel9.1.1DasEffizienzargumentfrFreihandel
ugman&Obstfeld(2009):Seite2712733
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Europa ab. In manchen Bereic
gesamtgesellschaftliche Wohlfahrtswirkungen nach sich zieht. Freihandel schafft hingegen eine
Situation, die Unternehmen Anreize bietet, neue Exportmglichkeiten auszunutzen und in einen
direkten Konkurrenzzustand zu rivalisierenden Importeuren zu treten. Aus dieser Konkurrenzsituation
und der einhergehenden Mglichkeit zu internationalem Technologietransfer entsteht ein gewaltiges
Lern- und Innovationspotential, welches die Marktteilnehmer zu der Entwicklung effizienterer Produk-
tionsverfahren nutzen knnen, beziehungsweise sogar mssen, um konkurrenzfhig zu bleiben.41
Das politische Argument fr Freihandel ergibt sich aus der berlegung, dass Handelspolitik in hohem
Mae von dem Einfluss bestimmter Interessengruppen abhngig ist, die versuchen, Gewinne aus
Handelsinterventionen zugunsten politisch einflussreicher Sektoren umzuverteilen. Freihandel hinge-
gen trage durch die Unabhngigkeit des freien Systems viel eher zu einem positiven
gesamtgesellschaftlichen Nutzen bei, indem es Entscheidungstrger vor einflussreichen Interessen-
verbnden schtzt und die Untersttzung ineffizienter nationaler Wirtschaftszweige verhindert.42
Auerdem frdern enge multilaterale Wirtschaftsbeziehungen zwangslufig internationale Abhngig-
keit, zwischenstaatliche Vlkerverstndigung, sowie wirtschaftspolitische Zusammenarbeit und leisten
somit einen wichtigen Beitrag zur Bewahrung internationaler Stabilitt und anhaltendem Frieden, da
sie die Kosten eines Kooperationsbruchs fr die beteiligten Staaten enorm erhhen.
4. Fallbeispiel: Die Agrarpolitik der Europischen Union
Trotz der berzeugenden Argumente gegen Protektionismus spielt der Einsatz handelshemmender
Instrumente auch in der Politik der Europischen Union eine nicht zu verachtende Rolle. Im Rahmen
der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU-Mitgliedslnder wurden ber die letzten drei Jahrzehnte
verschiedene Beschrnkungen fr den internationalen Freihandel aufgebaut.
Ziele der GAP sind unter anderem die Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivitt, die Einkom-
menserhhung der Landwirte, die Stabilisierung des Binnenmarktes, die Sicherstellung der
Versorgung sowie angemessene Verbraucherpreise.43 Eben diese Ziele werden von EU-Politikern als
Argumente angefhrt, um protektionistische Markteingriffe im Agrarsektor zu legitimieren.
Das zentrale Instrument hierfr ist das Preissystem der GAP. Da die ineffizient produzierenden euro-
pischen Landwirte ihre Waren nur unter teureren Konditionen als die internationale Konkurrenz
anbieten knnen, erschwert die EU den Marktzugang. Konkret werden einerseits Einfuhrzlle auf die
billigere Importware des Auslands erhoben, sodass eingefhrte Agrarerzeugnisse auf dem europi-
schen Binnenmarkt nur zu hheren Preisen als die europischen Erzeugnisse vertrieben werden
knnen.44 Diese Abschottung der EU vor billigen Agrarimporten durch Zollabgaben ist fr jedes
landwirtschaftliche Produkt unterschiedlich und hngt im wesentlichen von deren Verfgbarkeit in
hen werden zudem, je nach Verarbeitungsgrad, unterschiedliche
handel41vgl.Krugman&Obstfeld(2009):Kapitel9.1.2ZustzlicheGewinneausFrei
42vgl.ebd.Kapitel9.1.3DaspolitischeArgumentfrFreihandel43vgl.DerVertragzurGrndungderEuropischenGemeinschaft:Artikel3344vgl.Schwarz,Bjrn(2004):DieAuswirkungenderEUAgrarpolitikaufEntwicklungslnder,Seite2328.TectumVerlag,Marburg
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Zollstze erhoben, was auch als Zolleskalation bezeichnet wird. So muss beispielsweise ein sdame-
rikanischer Obstexporteur fr eingefhrte Orangen einen geringeren Zollsatz errichten als fr
Orangensaft.
Andererseits subventioniert die EU den Export berschssiger Agrarprodukte in Hhe der Differenz
zwischen dem durch ineffiziente Herstellungskosten nicht-konkurrenzfhigen Preis der europischen
Landwirte und dem wesentlich billigeren Weltmarktpreis.45 Der Grund hierfr sind die Vermeidung
hoher Lagerkosten und der begrenzte Lagerzeitraum von Nahrungsmitteln.
Man kann nicht bestreiten, dass die GAP einen Teil ihrer Zielsetzung erreicht hat. Ein gewisses Ma
an autarker Versorgung mit Grundnahrungsmitteln ist gewhrleistet, die Lebensmittelpreise und
Einkommen der Landwirte sind zumindest stabilisiert worden. Was ist jedoch der Preis, den die EU
fr diese positiven Entwicklungen zahlen musste? Wie hoch sind die gesamtgesellschaftlichen Kos-
ten der GAP-Schutzmanahmen?
Letztendlich fhren die oben genannten Markteingriffe zu einer Aufhebung des Preismechanismus als
Anreiz fr Produktionseinschrnkung und -ausweitung. Die Folge einer solchen Preis- und Absatzga-
rantie sind zwangslufig bermige Produktionsausweitungen und erhebliche berschsse an
Nahrungsmitteln.46 Nicht nur verhindert die europische Agrarpolitik also die Schaffung und Entwick-
lung innovativer und effizienter Produktions-, beziehungsweise Anbauverfahren, sondern sie
verhindert das selbst gesteckte Ziel einer Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Preisen,
indem sie durch Einfuhrzlle die billigeren auer-europischen Nahrungsmittel knstlich verteuert.
Die Kosten der Exportsubventionen tragen zudem zu einem gesamtgesellschaftlichen Wohlfahrtsver-
lust bei.
5. Fazit
Doch wieso hlt die Europische Union nach wie vor am Konzept der Gemeinsamen Agrarpolitik fest
und nimmt fr dessen Aufrechterhaltung enorme Kosten in Kauf? Wieso entscheiden sich Staaten
zum Einsatz protektionistischer Manahmen, wo doch die wohlfahrtstheoretische Vorteilhaftigkeit des
Freihandelsprinzips erwiesen scheint?
Mit dem berkommenen Denken vom schlichten Gegensatz Freihandel versus Protektionismus wird
man diesen Fragen nicht begegnen knnen, da beide konomischen Lehrstze einer vollstndigen
Projektion auf die realen Wirtschaftsbeziehungen nicht standhalten. Vielmehr ist eine Analyse der
Entstehung von protektionistischen oder freihandelstheoretischen Elemente und Strmungen in
einem weitestgehend liberalisierten Weltwirtschaftssystem wesentlich fr eine objektive Beantwortung
dieser Fragen.
Seite262845vgl.Schwarz(2004):
46vgl.ebd.Seite2831
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Wie so oft ist die Entscheidung fr liberale oder protektionistische Elemente in der Wirtschaftspolitik
eine Abwgungsentscheidung, die sowohl von wirtschaftlichen, politischen, kologischen als auch
sozialen und persnlichen Interessen beeinflusst sein kann.
Im Fall der GAP spielen auen- und umweltpolitische berlegungen, wie die Versorgungssicherheit
mit Grundnahrungsmitteln und der Schutz landwirtschaftlicher Kultivierung, aber auch soziale Intenti-
onen wie die Gewhrleistung einer angemessenen Lebenshaltung der lndlichen Bevlkerung und
die Existenzsicherung des landwirtschaftlichen Sektors eine wesentliche Rolle bei der Entscheidung
zu protektionistischer Politik. Die EU ist bereit, fr diese Ziele durch Handelshemmnisse verursachte
Wohlfahrtsverluste in Kauf zu nehmen, da ihrer Meinung nach bis zu einem gewissen Punkt die
sozialen und politischen Interessen die finanziellen berwiegen. Jedoch fhrten die rasant ansteigen-
den Subventionskosten, die erhhte finanzielle Belastung durch die EU-Osterweiterung und
ernsthafte Liberalisierungsbestrebungen der WTO zu einem Umdenken. Reformen wie die Agenda
2000 zielen auf einen erleichterten Marktzugang von Agrarimporteuren und neue Verteilungskriterien
von Agrarsubventionen ab, womit sich auch die Europische Union gezwungenermaen immer mehr
von ihrer protektionistischen Wirtschaftspolitik verabschiedet.
Auch auerhalb der EU-Agrarpolitik war das Weltwirtschaftssystem in den letzten Jahrzehnte eindeu-
tig von einer weitgehenden Ablehnung protektionistischer Manahmen, bei gleichzeitig
fortschreitenden Freihandelsbestrebungen geprgt.
Fr eine fruchtbare Auseinandersetzung mit den Vor- und Nachteilen protektionistischer Wirtschafts-
politik ist jedoch eine klare Differenzierung zwischen wohlfahrtsschdlicher Abschottungspolitik und
sinnvollen staatlichen Markteingriffen, wie es zum Beispiel Manahmen zum Beschftigungs- und
Umweltschutz und der Stabilisierung nationaler Industrien sein knnen, notwendig. Denn auch wenn
freier Handel in den meisten Fllen die nationale Wohlfahrt steigert und eine Erhhung des allgemei-
nen Lebensstandards bewirkt, knnen bedacht eingesetzte protektionistische Manahmen durchaus
auch den Interessen der Gesamtgesellschaft entsprechen.